Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: Gerberei

Gerberei, die Herstellung von Leder aus Tierhäuten oder Fellen. Dazu werden die verschiedensten Arten von Häuten (z. T. als Fell bezeichnet) verwendet: Rind-, Roß-, Schweinshäute, Kalb-, Schaf-, Ziegenfelle, aber auch Schlangen-, Eidechsenhäute u. a. Zur Verarbeitung gelangt im allgemeinen nur die Lederhaut (Corium oder Cutis); die Oberhaut (Epidermis) mit den Haaren und das Unterhautbindegewebe (Subcutis) werden entfernt.

Die rohen, durch Salzen und Trocknen konservierten Häute (Felle) werden zunächst in Wasser geweicht, von Schmutz und Salz gesäubert und zur Lockerung der Haare mit Kalkmilch und/oder
Natriumsulfid behandelt (Äschern, Kälken) oder einer leichten Fäulnis ausgesetzt (Schwitzen).

Die gelockerten Haare entfernt man zusammen mit der Oberhaut mechanisch (Enthaaren), ebenso durch Scheren (Entfleischen) das auf der Fleischseite haftende Unterhautbindegewebe. Die von Ober- und Unterhaut befreiten (entblößten) Häute (Blößen) gelangen zur eigentlichen Gerbung, d. h., sie werden mit Gerbstoffen behandelt, die mit den Eiweißstoffen der Haut eine chem. Bindung eingehen. Das so aus dem rohen Hautblößenmaterial entstehende Leder ist im Unterschied zur ursprünglichen Eiweißsubstanz vor Fäulnis geschützt und nicht mehr verleimbar.

Um dünnes Leder aus dickem Hautmaterial zu erhalten, werden die Blößen oder die Leder in der gesamten Dicke mit der Bandmesserspaltmaschine gespalten. Bei der Herstellung weicher Leder erfolgt vor dem Gerben das Beizen. Die Blößen werden dabei durch Fermentpräparate zusätzlich aufgelockert und die überschüssigen Alkalien mit schwachen organischen Säuren neutralisiert (Entkälken).

Bei der Gerbung gibt es verschiedene Verfahren. 1) Die Lohgerberei bedient sich pflanzlicher Gerbstoffe: Lohe, z. B. gemahlene Eichen- oder Fichtenrinde, wird bei der Grubengerbung (s. u.) als Streumittel verwandt. Gerbextrakte, d. s. verschiedenartige Auszüge, z. B. aus Kastanienholz, verschiedenen Früchten (z. B. Valoneen) oder auch aus Wurzeln und Blättern, dienen zum Bereiten oder Verstärken von Gerbbrühen, wofür auch anteilmäßig Syntane (Gerbstoffe) zur Verwendung kommen. Die Blößen werden zunächst in dünnen Gerbbrühen (wäßrige Auszüge der Gerbmittel) angegerbt, wobei sie die braune Lederfarbe annehmen. Bei der Grubengerbung liegen sie dann einige Monate flach ausgebreitet zu mehreren übereinander, jeweils mit einer Schicht der gemahlenen pflanzlichen Gerbmittel bestreut, in einer Gerbgrube (Versenk oder Versatz). Mit höherkonzentrierten Lösungen und unter dem Einfluß einer mechanischen Bewegung im rotierenden Gerbfaß kann die Herstellungsdauer abgekürzt werden (Brühengerbung, Faßgerbung). 2) In der Chromgerberei dienen als Gerbmittel basische Chrom(III)-Salze, die dem Leder eine graugrüne Farbe geben. 3) Die Weißgerberei (Alaungerberei), bei der das Leder eine weiße Farbe zeigt, arbeitet mit Aluminiumverbindungen (z. B. Alaun). 4) In der Sämischgerberei werden die Blößen mit oxidierbaren (ungesättigten) Ölen, vor allem Tranen, behandelt. Bei vielen Lederarten werden verschiedene Gerbungen miteinander kombiniert.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.