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Lexikon der Chemie: Kohlendisulfid

Kohlendisulfid, Kohlenstoffdisulfid, Schwefelkohlenstoff, CS2 farblose, durch Verunreinigung oft hellgelbe, stark lichtbrechende Flüssigkeit von charakteristischem, infolge gelöster schwefelhaltiger Verunreinigungen oftmals widerlichem Geruch; D. 1,261 g cm-3, F. -110,8 °C, Kp. 46,3 °C, krit. Temp. 279 °C, krit. Druck 7,8 MPa. K. mischt sich mit vielen organischen Lösungsmitteln, ist in Wasser aber nur sehr wenig löslich. Sein Dampfdruck ist hoch (bei 20°C etwa 40 kPa). Die Dämpfe entzünden sich bereits an heißen Flächen (Entzündungstemperatur etwa 100 °C) und verbrennen zu Kohlendioxid CO2 und Schwefeldioxid SO2. K.-Luft-Gemische können sehr heftig explodieren. Wasser zersetzt K. oberhalb 150 °C zu Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff: CS2 + 2 H2O → CO2 + 2 H2S. Durch starke Oxidationsmittel, wie Kaliumpermanganat und Natriumhypochlorit, wird es zu Kohlendioxid und Schwefel bzw. Natriumsulfat oxidiert. Mit Chlor reagiert es in Gegenwart von Mangan(II)-chlorid zu Tetrachlorkohlenstoff CCl4 und Dischwefeldichlorid S2Cl2.

Zahlreiche Nucleophile vermögen an die C=S-Bindung des K. zu addieren. Beispielsweise reagiert K. mit Sulfiden zu Trithiocarbonaten: CS2 + SH- + OH- → CS32- + H2O. Durch Addition von OH-- oder O2--Ionen sind auch gemischte O,S-Carbonate zugänglich.

Gefahren beim Umgang mit Kohlendisulfid erwachsen sowohl aus der außerordentlich hohen Toxizität als auch aus der Brand- und Explosionsgefährlichkeit. Es wird sowohl durch die Lunge als auch über die Haut aufgenommen. Inhalation führt zu Erregungszuständen, mitunter zu Krämpfen bei hohen Dosen zu Bewußtlosigkeit mit der Gefahr der Atemlähmung. Chronische Vergiftungen führen zu Kopfschmerz, Mattigkeit, Magenbeschwerden und Sehstörungen, später zu schweren Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems. Der Flammpunkt liegt bei -30 °C, die Zündtemperatur bei etwa 100 °C. Dämpfe des K. sind mit Luft in einem Konzentrationsbereich von 0,8 bis 52,6 % explosionsfähig.

Alkoxide bilden mit K. Xanthogenate, z. B. CS2 + C2H5O- Na+ → C2H5OCSS- Na+. Diesem Reaktionstyp entspricht die Umsetzung von Cellulose mit K. und Natronlauge zu Cellulosexanthogenat bei der Bereitung der Viskose.

Man gewinnt K. technisch durch Einwirkung von Schwefeldampf auf Kohle bei etwa 900 °C. Es dient vor allem zur Herstellung der Viskose und ist Zwischenprodukt bei der Herstellung von Kohlenstofftetrachlorid und Dithiocarbamaten. K. ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für Fette, Öle, Kautschuk, verschiedene Polymere und viele andere organische und anorganische Verbindungen.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
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Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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