Lexikon der Chemie: Reinststoffe
Reinststoffe, Stoffe mit einem äußerst geringen Gehalt an Fremdstoffen und bei kristallinen R. von Baufehlern (z. B. Leerstellen, Versetzungen, Stapelfehler). Wegen der unterschiedlichen Forderungen gibt es keine einheitliche Definition der R.
Bei chemisch einheitlichen Stoffen unterscheidet man isotopenreine Stoffe, radiochemisch reine Stoffe (ohne radioaktive Nuclide), kristallchemisch reine Stoffe (ohne polymorphe oder allotrope Formen) und chemisch reine Stoffe (mit geringem Fremdstoffgehalt). Die Reinheit der Stoffe wird unmittelbar angegeben durch den Prozentgehalt (z. B. Sechs-Neunen-Zinn 99,9999 %), den prozentualen Gehalt der Fremdelemente (z. B. 10-1 bis 10-4 %), die Konzentration einzelner Fremdstoffe, die Anzahl der Fremdatome je 106 oder 109 Atome des Basisstoffes und die Anzahl der Fremdatome je 1 cm3 Stoff. Es werden auch mittelbare Angaben des Reinheitsgrades verwendet, die durch Messung einer physikalischen Größe, z. B. der elektrischen Leitfähigkeit, der Eigenfluoreszenz und des Hall-Effektes, gewonnen werden. Ein Stoff erhält den höchsten Reinheitsgrad zuerkannt, wenn wiederholte Reinigungsoperationen mit dem effektivsten Verfahren keine Änderung seiner Eigenschaften mehr bewirken.
Die Reinheit der verwendeten R. ist abhängig von der Reinigungs- und Lagertechnik der Stoffe sowie von der Empfindlichkeit und Genauigkeit der Analysenverfahren.
Herstellung. R. werden hergestellt 1) mittels Raffinationsverfahren (Rektifikation, Sublimation, fraktionierte Kristallisation, Van-Arkel-de-Boer-Methode, Umschmelzen unter Vakuum, in Edelgasatmosphäre oder in Schlacken, tiegelloses Zonenschmelzen, Elektrolyse); 2) durch Reduktion oder thermische Zersetzung hochgereinigter Ausgangsverbindungen (z. B. Reduktion mit Wasserstoff, Zink oder Calcium, thermische Zersetzung von Hydriden und Carbonylen). Als Reinigungsmethoden für die Ausgangsverbindungen haben sich fraktionierte Kristallisation, Fällung und Oxidation, Gasdiffusion, Rektifikation und Sublimation, Ionenaustauschchromatographie, Extraktion und Elektrolyse bewährt; 3) durch Anwendung von chem. Transportreaktionen, die auch für die Forschung an R. von großer Bedeutung sind.
Herstellung und Verarbeitung von R. müssen unter Bedingungen erfolgen, die eine Verunreinigung ausschließen (z. T. nach Verfahren der Weltraumtechnologien).
Verwendung. Große Bedeutung haben hochreine Metalle, Halbmetalle und anorganische nichtmetallene Stoffe für die Kerntechnik (z. B. Uran, Graphit, Beryllium, Zirconium, Aluminium), die Raketentechnik (z. B. Titan, Beryllium), die Halbleitertechnik und Mikroelektronik (z. B. Germanium, Silicium, Gallium, Aluminium, Indium, Arsen, Antimon, Galliumarsenid GaAs und Zinkoxid ZnO), die Elektrotechnik (z. B. Eisen und Seltenerdmetalle als Magnetwerkstoffe, Supraleiter aus Nioblegierungen), die Nachrichtentechnik (Laser aus Aluminiumoxid, Calciumfluorid und Calciumwolframat, Lichtleiterglasfasern, Luminophore aus Erdalkalimetallphosphaten und -aluminaten).
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