Direkt zum Inhalt

Lexikon der Ernährung: Fasten

Fasten, Nahrungskarenz, Efasting, starvation, alimentary abstinence, zeitlich begrenzter Nahrungsverzicht (Abstinenz, im Gegensatz zum unfreiwilligen Hungern) bzw. extrem eingeschränkte Nahrungsaufnahme aus gesundheitlichen und / oder weltanschaulich-religiösen Gründen, meistens verbunden mit dem Verzicht auf Genussmittel einschließlich Rauchen. Muslime fasten während des Ramadan. Bei Christen hatte früher das F. an bestimmten Wochentagen oder in den Wochen vor Ostern (Fastenzeit) eine große Bedeutung. Man aß sich nur einmal am Tage satt oder übte Abstinenz, z. B. gegenüber Fleisch (Fastenspeisen). Obschon in der Praxis gelegentlich dazu gezählt, ist F. keine alternative Ernährungsform. Man unterscheidet drei Formen:
1) Nulldiät (totales F.), Tee-Fasten mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, ggf. mit Vitaminen und Mineralstoffen, aber ohne energieliefernde Nährstoffe. Kurzzeitiges totales F. (1–3 Tage) wird in der klinischen Medizin angewandt vor operativen Eingriffen. Kuren (3–4 Wochen) werden wegen des hohen Proteinverlustes (Hungerstoffwechsel) kaum noch empfohlen (vgl. Hungerstreik).
2) Heilfasten bzw. Saftfasten, ähnlich der Nulldiät, jedoch mit Zusatz geringer Mengen leicht verwertbarer Kohlenhydrate und ggf. Protein (150–300 kcal / d) zur Minimierung des Proteinabbaus.
3) modifiziertes F. mit Hilfe von Formula-Diäten zur Gewichtsreduktion mit 30–50 g Protein, z. B. Eialbumin, max. 50 g Kohlenhydraten und < 10 g Fett / d (max. 600 kcal / d; extrem niedrig kalorische Kost). Mit biologisch hochwertigem Protein lässt sich eine ausgeglichene Stickstoffbilanz erzielen. Modifiziertes F. kann stationär oder ambulant durchgeführt werden, sollte aber unter ärztlicher Überwachung stehen. Bei extremem Übergewicht kann die Kur bis zu 6 Monaten ausgedehnt werden. Die Maßnahme ist umstritten, da keine Ernährungsumstellung eingeübt wird (Reduktionskost, vgl. Jojo-Effekt).
Das Fastenbrechen muss allmählich erfolgen. Rituelles F. war schon in der Antike bekannt, wurde z. B. von dem griechischen Arzt Galen empfohlen. Es wird in nahezu allen Weltreligionen praktiziert vom zeitweiligen Verzicht auf einzelne Lebensmittel bis zum totalen F. (Fastenmonat Ramadan). F. ist Teil der asketischen Übungen zur Hinwendung auf seelisch-geistige Lebensziele. Auch das Heilfasten geht von einem „seelischen Reinigungsprozess“ aus und betont die psychosomatischen Zusammenhänge. Biologisch erklärt sich der psychische Effekt durch erhöhte Tryptophan-Verfügbarkeit im Gehirn und gesteigerte Serotoninfreisetzung (Gehirnstoffwechsel, Neurotransmitter). Medizinische Risiken beim F. werden unterschiedlich bewertet. Einig ist man sich in der Ablehnung bei krankheitsbedingt kataboler Stoffwechsellage, bei psychischen Störungen, in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie für Kinder unter zehn Jahren.

  • Die Autoren

Albus, Christian, Dr., Köln
Alexy, Ute, Dr., Witten
Anastassiades, Alkistis, Ravensburg
Biesalski, Hans Konrad, Prof. Dr., Stuttgart-Hohenheim
Brombach, Christine, Dr., Gießen
Bub, Achim, Dr., Karlsruhe
Daniel, Hannelore, Prof. Dr., Weihenstephan
Dorn, Prof. Dr., Jena
Empen, Klaus, Dr., München
Falkenburg, Patricia, Dr., Pulheim
Finkewirth-Zoller, Uta, Kerpen-Buir
Fresemann, Anne Georga, Dr., Biebertal-Frankenbach
Frenz, Renate, Ratingen
Gehrmann-Gödde, Susanne, Bonn
Geiss, Christian, Dr., München
Glei, Michael, Dr., Jena (auch BA)
Greiner, Ralf, Dr., Karlsruhe
Heine, Willi, Prof. Dr., Rostock
Hiller, Karl, Prof. Dr., Berlin (BA)
Jäger, Lothar, Prof. Dr., Jena
Just, Margit, Wolfenbüttel
Kersting, Mathilde, Dr., Dortmund
Kirchner, Vanessa, Reiskirchen
Kluthe, Bertil, Dr., Bad Rippoldsau
Kohlenberg-Müller, Kathrin, Prof. Dr., Fulda
Kohnhorst, Marie-Luise, Bonn
Köpp, Werner, Dr., Berlin
Krück, Elke, Gießen
Kulzer, Bernd, Bad Mergentheim
Küpper, Claudia, Dr., Köln
Laubach, Ester, Dr., München
Lehmkühler, Stephanie, Gießen
Leitzmann, Claus, Prof. Dr., Gießen
Leonhäuser, Ingrid-Ute, Prof. Dr., Gießen
Lück, Erich, Dr., Bad Soden am Taunus
Lutz, Thomas A., Dr., Zürich
Maid-Kohnert, Udo, Dr., Pohlheim
Maier, Hans Gerhard, Prof. Dr., Braunschweig
Matheis, Günter, Dr., Holzminden (auch BA)
Moch, Klaus-Jürgen, Dr., Gießen
Neuß, Britta, Erftstadt
Niedenthal, Renate, Hannover
Noack, Rudolf, Prof. Dr., Potsdam-Rehbrücke
Oberritter, Helmut, Dr., Bonn
Öhrig, Edith, Dr., München
Otto, Carsten, Dr., München
Parhofer, K., Dr., München
Petutschnig, Karl, Oberhaching
Pfau, Cornelie, Dr., Karlsruhe
Pfitzner, Inka, Stuttgart-Hohenheim
Pool-Zobel, Beatrice, Prof. Dr., Jena
Raatz, Ulrich, Prof. Dr., Düsseldorf
Rauh, Michael, Bad Rippoldsau
Rebscher, Kerstin, Karlsruhe
Roser, Silvia, Karlsruhe
Schek, Alexandra, Dr., Gießen
Schemann, Michael, Prof. Dr., Hannover (auch BA)
Schiele, Karin, Dr., Heilbronn
Schmid, Almut, Dr., Paderborn
Schmidt, Sabine, Dr., Gießen
Scholz, Vera, Dr., Langenfeld
Schorr-Neufing, Ulrike, Dr., Berlin
Schwandt, Peter, Prof. Dr., München
Sendtko, Andreas, Dr., Gundelfingen
Stangl, Gabriele, Dr. Dr., Weihenstephan
Stehle, Peter, Prof. Dr., Bonn
Stein, Jürgen, Prof. Dr. Dr., Frankfurt
Steinmüller, Rolf, Dr., Biebertal
Stremmel, Helga, Bad Rippoldsau
Ulbricht, Gottfried, Dr., Potsdam-Rehbrücke
Vieths, Stephan, Dr., Langen
Wächtershäuser, Astrid, Frankfurt
Wahrburg, Ursel, Prof. Dr., Münster
Weiß, Claudia, Karlsruhe
Wienken, Elisabeth, Neuss
Wisker, Elisabeth, Dr., Kiel
Wolter, Freya, Frankfurt
Zunft, Hans-Joachim F., Prof. Dr., Potsdam-Rehbrücke

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.