Lexikon der Geowissenschaften: Humboldt
Humboldt, Friedrich Heinrich Alexander Freiherr von, deutscher Naturforscher, Bruder des preußischen Staatsmanns Wilhelm von Humboldt, * 14.9.1769 Berlin, † 6.5.1859 Berlin; studierte unter anderem an der Bergakademie in Freiberg (Schüler von A.G. Werner); bereiste 1790 mit G. Forster England und Frankreich; 1792-97 Berghauptmann bzw. Oberbergmeister in den Markgrafschaften Ansbach-Bayreuth. Er bereiste 1799-1804 zusammen mit dem französischen Botaniker A. Bonpland nach Zwischenaufenthalten in Spanien und auf Teneriffa Südamerika. Zunächst besuchte er Venezuela, wo er die Verbindung des Orinoco mit dem Entwässerungssystem des Amazonas (Bifurkation des Orinoco) bewies. Weiter führte ihn seine Reise nach Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru und Mexiko. Am 23.6.1802 gelang ihm in Ecuador die Besteigung des Chimborazo bis 5759 m Höhe, zu dieser Zeit die Rekordhöhe einer Bergbesteigung. Des weiteren untersuchte er auf seiner Reise die Meeresströmungen an der Westküste Südamerikas. Humboldt lebte nach seiner Südamerikareise 1807-27 vorwiegend in Paris und arbeitete dort mit J.L. Gay-Lussac zusammen; erforschte mit diesem die Zusammensetzung der Atmosphäre, erkannte 1806 die gesetzmäßige Abnahme der Temperatur mit der Höhe, stellte mit ihm 1808 das Gay-Lussac-Humboldt-Gesetz auf und zeichnete 1817 die erste Isothermenkarte der Erde. Er wertete in seiner Pariser Zeit in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus aller Welt die Ergebnisse seiner Expeditionen in dem monumentalen Werk "Voyage aux régions équinoxiales du nouveau continent" (36 Lieferungen, 1805-34) aus; bereiste 1829 (auf Einladung von Zar Nikolaus I.) mit C.G. Ehrenberg und G. Rose die Dsungarei, das Ural-Altai-Gebiet sowie das Kaspische Meer. Humboldt arbeitete nach seiner Rückkehr nach Berlin an einer Zusammenfassung der gesamten Naturwissenschaften seiner Zeit ("Kosmos, Entwurf einer physischen Weltbeschreibung", 5 Bände, 1845-62) – ein Werk, das als die erste echte wissenschaftliche Enzyklopädie der Geowissenschaften gilt. Humboldt war einer der bedeutendsten und vielseitigsten Naturforscher; er versuchte die Natur als Ganzes zu erfassen, zu erforschen und zu beschreiben. Mit seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten wurde er zum Mitbegründer der Geologie, der Tier- und Pflanzengeographie sowie der Klimatologie und der modernen länderkundlichen Darstellung. Neben mineralogischen Studien ("Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein", 1790) untersuchte er den Vulkanismus und die geothermischen Tiefenstufen, vermutete bereits 1787 die Existenz einer Kontinentalverschiebung (vor A.L. Wegener), erkannte die Abnahme der erdmagnetischen Feldstärke vom Pol zum Äquator, gab die Anregung zur Errichtung eines weltweiten Stationssystems zur Beobachtung des Erdmagnetismus (von C.F. Gauß und W.E. Weber zum "Magnetischen Verein" ausgebaut); führte zahlreiche Höhenmessungen und astronomische Ortsbestimmungen durch, bestimmte die Helligkeit von Sternen und beobachtete 1799 den Sternschnuppenschwarm der Leoniden. Weitere Werke sind u.a. "Ansichten der Natur" (2 Bände, 1808), "Fragments de géologie et de climatologie asiatiques" (2 Bände, 1831), "Geognostische und physikalische Erinnerungen" (1853). Nach Humboldt sind verschiedene geographische, geologische und biologische Begriffe benannt, z.B. Humboldt-Gebirge (westlichster Teil des Nanshan in China), Humboldt-Gletscher (im Nordwesten Grönlands), Humboldt Range (Bergkette im Nordwesten Nevadas), Humboldt River (größter Fluß des Großen Beckens im Norden von Nevada, mündet in einen See, den Humboldt Sink) und der Humboldtstrom (Perustrom, Meeresströmung vor der Westküste Südamerikas). Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung wurde 1860 zur Vergabe von Stipendien an hervorragende ausländische Nachwuchswissenschaftler zur Durchführung von Forschungsvorhaben in Deutschland gegründet. [VJ]
Humboldt , Friedrich Heinrich Alexander Freiherr von
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