Lexikon der Geowissenschaften: Schwefelkreislauf
Schwefelkreislauf, Schwefelzyklus, geochemischer Kreislauf des Schwefels, Schwefel gehört zu den Chalkogenen (Hauptgruppe VI A im Periodensystem der Elemente, zusammen mit Sauerstoff, Selen, Tellur und Polonium) und besitzt die Oxidationsstufen –2, +4 und +6, wobei in den wichtigsten Schwefelverbindungen Schwefel entweder als Anion (Oxidationsstufe: –2) mit 1,84 Å Ionenradius (Sulfide) oder als Kation (Oxidationsstufe: +6) mit 0,3 Å (Sulfate) vorliegt ( Tab.). Neben anorganisch/mineralisch gebundenem Schwefel stellt Schwefel in organischen Verbindungen (Aminosäuren) ein für die Vitalität von Organismen essentielles Element dar. Die Flexibilität in der Bindungsart (Metall – Nichtmetall – covalente Bindung – Ionenbindung) und die Vielzahl der Oxidationsstufen machen ihn schon unter Normalbedingungen relativ reaktionsfreudig.
Seine Ordnungszahl ist 16, er hat vier stabile Isotope (32S, 33S, 34S und 36S) mit den durchschnittlichen Häufigkeiten 95,02%, 0,75%, 4,21% und 0,02 %, die aber durch Fraktionierungsprozesse (Isotopenfraktionierung, 34S/32S) verändert werden ( Abb. 1). Im Vergleich zur kosmischen Elementhäufigkeit (zehnthäufigstes Element bezogen auf Wasserstoff) ist Schwefel in Gesteinen der Erdkruste deutlich abgereichert (z.B. chondritische Meteorite haben durchschnittlich 1,93% Schwefel, meistens als Troilit (FeS), Magmatite der Erdkruste ca. 250-300 ppm; C1-Chondrit). Allerdings haben Sedimentgesteine erhöhte Schwefelgehalte, die auf organische Anteile zurückzuführen sind (Carbonate, Tiefseesedimente, Schiefer ca. 1200-2400 ppm). Terrestrische Pflanzen haben durchschnittlich 500 ppm S und Böden reichern etwa 850 ppm S an. Das Schwefeldefizit der Erdkruste kann nicht durch die vermutlich stark erhöhten Schwefelgehalte des äußeren Erdkerns (ca. 9-12%) ausgeglichen werden. Aus isotopengeochemischer Sicht lassen sich drei unterschiedliche Schwefelreservoirs unterscheiden: a) Schwefel aus dem Mantel δ34S 0±30/00, b) Schwefel im Meerwasser δ34S +20 0/00 und c) Schwefel in Sedimenten δ34S negativ (als Folge biologischer Sulfatreduktion). Die δ34S-Werte werden als Abweichung des 34S/32S-Isotopenverhältnisses vom Bezugsmaterial (CDT-Standard aus dem Canyon Diabolo Troilit) angegeben.
Die noch heute aktive Ausgasung des Mantelreservoirs in vulkanisch aktiven Zonen (z.B. Mittelozeanische Rücken) und die Auslaugung/Verwitterung von Magmatiten und Metamorphiten ermöglichten erst die Bildung des Sediment- und Meerwasserreservoirs. Dem Meerwasserreservoir zugeführtes Sulfat kann durch Bakterien zu Pyrit reduziert (biogene Isotopenfraktionierung) und im Sediment fixiert werden. Die Abschnürung von Teilbecken des Meerwasserreservoirs und Eindampfung führt zur Sulfatkristallisation (anorganische Schwefelfixierung – Gipsbildung – Salzlagerstätten; Evaporite). Die durch den Menschen forcierte Freisetzung von Schwefel (aus fossilen Brennstoffen und Erzlagerstätten) in die Atmosphäre und Hydrosphäre stellen ein neues, schwer kalkulierbares Reservoir dar.
Beispiele für eine mikrobiologische/bakterielle Schwefel-Isotopenfraktionierung sind: a) mit starkem Fraktionierungseffekt: Meerwassersulfat wird zu Sulfid reduziert (Sulfidreduktion); b) mit geringem Fraktionierungseffekt: Jarosit wird durch den Thiobacillus ferrooxidans gebildet. Er erzeugt bei der Oxidation von Pyrit ausreichend Schwefelsäure, um silicatische Gesteine zu zersetzen (dieser Prozeß findet Anwendung z.B. zur Goldgewinnung aus Gold/Pyritgemischen, vor deren Cyanid-Laugung oder in Zukunft bei der Entschwefelung stark pyrithaltiger Kohlen). Ein Beispiel für eine hydrothermale Schwefel-Isotopenfraktionierung ist: Abhängig von der Temperatur >400ºC oder 350ºC dominiert entweder Sulfat über Sulfid oder umgekehrt. Das komplizierte Hydrothermalsystem wird zusätzlich von Sauerstoff-Fugazität und pH-Wert kontrolliert.
Praktische Anwendung finden die Schwefelisotopenuntersuchungen bei der Bestimmung a) der Bildungstemperaturen von Lagerstätten, b) der Herkunft der lagerstättenbildenden Lösungen und c) potentieller Alterationsprozesse (z.B. durch Meerwasserreaktionen, biogene Fraktionierung). Musterbeispiel für eine komplexe, mehrstufige Schwefelisotopenentwicklung sind die black smokers an Mittelozeanischen Rücken; sie setzen sich zusammen aus ›primärer Sulfidkomponente‹, leaching/Meerwasserkontamination und ggf. auch biogener Fraktionierung ( Abb. 2). [WL]
Schwefelkreislauf 1: Entwicklung der Schwefelisotope in den vergangenen 1000 Mio. Jahren. Man unterscheidet zwischen Sulfid-/Sulfat-Reservoiren und ›leichten‹ oder ›schweren‹ Reservoiren. Das Meerwasserreservoir zeigt im Paläozoikum (ca. 570 bis 250 Mio. Jahre) eine deutliche Exkursion zu ›leichteren‹ Werten. Schwefelkreislauf 1:
Schwefelkreislauf 2: vereinfachte δ34S-Entwicklung des Meerwassers (basierend auf δ34S-Sulfatanalysen aus Evaporiten). δ34S-Analysen an rezenten marinen Sedimenten zeigen einen großen Schwankungsbereich zwischen +20‰ (Meerwasserisotopie) und –56‰ (bakterielle Sulfatreduktion). Schwefelkreislauf 2:
Schwefelkreislauf (Tab.): häufige schwefelhaltige Minerale. Schwefelkreislauf (Tab.):
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