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Lexikon der Mathematik: Potenzreihe

ein Ausdruck der Form \begin{eqnarray}\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }{a}_{n}{(x-{x}_{0})}^{n}\end{eqnarray} für eine gegebene Folge (an) reeller oder komplexer Zahlen und x0 ∈ ℝ oder x0 ∈ ℂ. Die (an) heißen Koeffizienten und x0 ∈ ℝ x0 Entwicklungspunkt der Potenzreihe.

Gesucht ist zunächst der zugehörige Konvergenzbereich, d. i. die Menge derjenigen Zahlen x, für die \(\displaystyle {\sum }_{n=0}^{\infty }{a}_{n}{(x-{x}_{0})}^{n}\) konvergiert. Dazu gilt: Es existiert ein 0 ≤ R ≤ ∞ (Konvergenzradius) mit \begin{eqnarray}\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }{a}_{n}{(x-{x}_{0})}^{n}\left\{\begin{array}{ll}\text{absolut konvergent,} & |x-{x}_{0}|\lt R,\\ \text{divergent,} & |x-{x}_{0}|\gt R.\end{array}\right.\end{eqnarray} Man überschaut also den Konvergenzbereich einer Potenzreihe weitgehend, wenn man den Konvergenzradius kennt.

Die einzigen Punkte, in denen keine allgemeinen Aussagen über das Konvergenzverhalten gemacht werden können, sind – falls 0 < R< ∞ – die Randpunkte, im reellen Fall also x0R und x0 + R. Tatsächlich treten dort alle möglichen Fälle ein, wie etwa die folgenden vier Beispiele (von Potenzreihen um 0) belegen: \begin{eqnarray}\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }{x}^{n}, & \displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{n}{x}^{n}, & \displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }{(-1)}^{n}\frac{1}{n}{x}^{n}, & \displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{n}^{2}}{x}^{n}\end{eqnarray} Sie haben alle 1 als Konvergenzradius und sind – in dieser Reihenfolge – konvergent genau in (−1, 1), [− 1, 1), (−1, 1] und [−1, 1] .

Für 0 < r< R ist die Potenzreihe in \begin{eqnarray}\{x\in {\rm{{\mathbb{C}}}}:|x-{x}_{0}|\ \le r\}\end{eqnarray} gleichmäßig absolut konvergent.

Für die Multiplikation von Potenzreihen ist der Reihenproduktsatz von Cauchy (Cauchy, Reihenproduktsatz von) wichtig.

Potenzreihen können im Inneren ihres Konvergenzbereiches gliedweise differenziert (gliedweise Differentiation einer Potenzreihe) werden, d. h. es gilt dort \begin{eqnarray}{f}^{^{\prime} }(x)=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }n{a}_{n}{(x-{x}_{0})}^{n-1}\end{eqnarray} für die o. a. Potenzreihe und die durch sie (im Konvergenzbereich) erklärte Funktion f. Summation und Differentiation sind also dort vertauschbar. Damit ist f im Inneren des Konvergenzbereiches beliebig oft differenzierbar. Jede Potenzreihe ist daher dort die Taylor-Reihe der durch sie dargestellten Funktion. Um einen festen Entwicklungspunkt gibt es somit höchstens eine Potenzreihendarstellung einer gegebenen Funktion. Dies wird im Identitätssatz für Potenzreihen präzisiert und ist Grundlage für die Methode des Koeffizientenvergleichs bei Potenzreihen.

Entsprechend hat man zu der durch o. a. Potenzreihe dargestellten Funktion f eine Stammfunktion durch \begin{eqnarray}C+\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }{a}_{n}\frac{{(x-{x}_{0})}^{n+1}}{n+1}\end{eqnarray} für ein beliebiges C ∈ ℝ .

Eine Aussage über Stetigkeit einer durch eine Potenzreihe dargestellten Funktion an Randstellen macht der Abelsche Grenzwertsatz.

Manche Überlegungen zu (reellen) Potenzreihen versteht man besser, wenn man die komplexe Situation betrachtet. Potenzreihen können aber in noch wesentlich allgemeinerem Rahmen, etwa mit Matrizen oder Operatoren an, betrachtet werden.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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