Lexikon der Neurowissenschaft: Neurofibromatose
Neurofibromatose w, Neurofibromatose von Recklinghausen, Recklinghausen-Krankheit, Neurofibromatosis generalisata, E neurofibromatosis, nach dem deutschen Pathologen Friedrich D. von Recklinghausen (1833-1910) benannte, autosomal dominant vererbte Erkrankung des Nervensystems und der Haut (neurocutane Syndrome, Phakomatose). Sie ist u.a. charakterisiert durch zahlreiche gutartige Neubildungen aus Schwann-Zellen (Neurofibrome) an peripheren Nerven, Nervenwurzeln und Hirnnerven, durch Hirntumoren sowie durch Haut- und Skelettveränderungen. Ursache der Neurofibromatose vom Typ 1 (die ursprüngliche Recklinghausen-Krankheit) ist ein Defekt eines Tumorsuppressorgens (Genprodukt: Neurofibromin), das auf dem Chromosom 17 in der Position 17q11.2 lokalisiert ist. Typisch für die Erkrankung sind Neurofibrome und dunkle bis hellbraune Hautflecken (Café-au-lait-Flecken). Opticusgliome und Astrocytome der Großhirnhemisphären und des Hirnstamms treten gehäuft auf, manchmal auch Anfälle und eine geistige Entwicklungsverzögerung. Ursache der Neurofibromatose vom Typ 2 ist ein Defekt auf dem Chromosom 22 im Bereich 22q11-q13 (Genprodukt: Merlin). Bei diesen Patienten fehlen die Hautveränderungen, dafür treten gehäuft beidseitige Acusticusneurinome, Neurinome an anderen Hirnnerven, Nervenwurzeln und peripheren Nerven sowie multiple Meningeome auf. Die Neurofibromatose tritt bei mütterlicher Vererbung des Defekts früher in Erscheinung und zeigt einen schwereren Verlauf als bei väterlicher Vererbung, weshalb eine genomische Prägung vermutet wird. Ein Großteil der Patienten mit Neurofibromatose hat lange Zeit keine Beschwerden oder klagt zunächst über kosmetisch störende Hautgeschwülste und -flecken. Die einzige Behandlungsmöglichkeit bei neurologischen Symptomen ist die operative Entfernung der Nerventumoren. Da dies aber nicht immer möglich ist und die Erkrankung fortschreitend verläuft, ist die Prognose auf lange Sicht nicht gut. Erbkrankheiten (Tabelle).
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.