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Schlafforschung: Nachtschicht fürs Gedächtnis

Dient der Schlaf dazu, bedrückende Erlebnisse des Tages zu vergessen? Im Gegenteil, erklären die Psychologen Ullrich Wagner und Susanne Diekelmann: Nach dem Träumen können wir uns sogar besser an beängstigende Details des Erlebten erinnern.
Trügerische Bettruhe
"Schlaf mal eine Nacht drüber, dann sieht die Welt wieder besser aus!" Diesen Rat hört man oft, wenn man etwas Unangenehmes erlebt hat – zum Beispiel einen Streit in der Familie oder eine Rüge vom Vorgesetzten. Offenbar glauben viele Menschen, dass Schlafen uns dabei hilft, emotionale Probleme zu lösen. Diese Idee geht auf Sigmund Freud (1856-1939) zurück, den Begründer der Psychoanalyse. Der Wiener Nervenarzt glaubte, dass wir uns im Traum unbewusste Wünsche erfüllen. Viele psychoanalytisch orientierte Forscher nehmen bis heute an, dass insbesondere das nächtliche Träumen kathartisch (reinigend) im Hinblick auf emotionale Erlebnisse wirkt. Aber verflüchtigen sich Angst, Wut und Sorgen tatsächlich über Nacht? Ergebnisse der experimentellen Schlafforschung sprechen gegen diese Annahme.
In einem 2001 in unserem Labor an der Universität Lübeck durchgeführten Experiment untersuchten wir, wie Schlafen die Erinnerung an gefühlsbetonte Szenen und an neutrale Inhalte beeinflusst. Die Probanden lasen verschiedene Geschichten, darunter sachliche Texte – etwa die Beschreibung technischer Verfahren beim Bronzeguss – und solche mit emotional stark aufwühlendem Inhalt, zum Beispiel die genaue Schilderung eines Kindesmords. Ein Teil der Versuchspersonen durfte sich nach der Lektüre drei Stunden aufs Ohr legen, während andere wach bleiben mussten ...

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Gehirn&Geist – Wer entscheidet? Wie das Gehirn unseren freien Willen beeinflusst

Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben? Haben wir einen freien Willen? Diese Fragen beschäftigen Neurowissenschaft, Philosophie und Theologie gleichermaßen. Der erste Artikel zum Titelthema zeichnet die Entwicklung der neurowissenschaftlichen Forschung nach und zeigt, wie das Gehirn das subjektive Erleben formt. Anschließend geht es im Interview mit dem Neurophilosophen Michael Pauen um die Frage, ob wir frei und selbstbestimmt handeln oder nur Marionetten unseres Gehirns sind. Die Antwort hat Konsequenzen für unser Selbstbild, die Rechtsprechung und unseren Umgang mit KI. Daneben berichten wir, wie virtuelle Szenarien die traditionelle Psychotherapie erfolgreich ergänzen und vor allem Angststörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen lindern können. Ein weiterer Artikel beleuchtet neue Therapieansätze bei Suchterkrankungen, die die Traumata, die viele Suchterkrankte in ihrer Kindheit und Jugend erfahren haben, berücksichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Theorienkrise in der Psychologie: Der Risikoforscher Gerd Gigerenzer erklärt, warum die Psychologie dringend wieder lernen muss, ihre Theorien zu präzisieren.

Spektrum Kompakt – Gute Nacht

Gesunder Schlaf ist lebenswichtig. Dennoch kämpfen viele Menschen jede Nacht darum, ein- oder durchzuschlafen, und die Gründe dafür sind zahllos. Aber egal, ob man besser schlafen oder einfach Frühaufsteher werden will: Dem Schlaf kann man mit verschiedenen Tricks nachhelfen.

Spektrum Kompakt – Gedächtnis

»Es liegt mir auf der Zunge« – dieses Gefühl kennt wohl jeder. Manches bleibt nie im Gedächtnis hängen, anderes über Jahre hinweg. Erinnern und Vergessen sind komplexe Prozesse, die noch nicht vollständig verstanden sind und von digitalen Helfern, aber auch durch Schlaf beeinflusst werden.

  • Quellen
Literaturtipp

Spork, P.: Das Schlafbuch. Warum wir schlafen und wie es uns am besten gelingt. Rowohlt, Reinbek 2007.


Quellen

Benedict, C. et al.:Enhancing Influence of Intranasal Interleukin-6 on Slow-Wave Activity and Memory Consolidation During Sleep. In: The FASEB Journal 23(10), S. 3629-3636, 2009.

Hamann, S. B. et al.:Amygdala Activity Related to Enhanced Memory for Pleasant and Aversive Stimuli. In: Nature Neuroscience 2, S. 289-293, 1999.

Hu, P. et al.:Sleep Facilitates Consolidation of Emotional Declarative Memory. In: Psychological Science 17, S. 891-898, 2006.

Maquet, P. et al.:Functional Neuroanatomy of Human Rapid-Eye-Movement Sleep and Dreaming. In: Nature 383, S. 163-166, 1996.

Payne, J. D. et al.:Sleep Preferentially Enhances Memory for Emotional Components of Scenes. Psychological Science 19, S. 781-788, 2008.

Rasch, B. et al.:Pharmaco­logical REM Sleep Suppression Paradoxically Improves Rather Than Impairs Skill Memory. In: Nature Neuro­science(4) 12, S. 396-397, 2009.

Wagner, U. et al.:Emotional Memory Formation is Enhanced Across Intervals With High Amounts of Rapid Eye Movement Sleep. In: Learning & Memory 8, S. 112-119, 2001.

Wagner, U. et al.:Changes in Emotional Responses to Aversive Pictures Across Periods Rich in Slow Wave Sleep Versus Rapid Eye Movement Sleep. In: Psychosomatic Medicine 64, S. 627-634, 2002.

Wagner, U. et al.:Effects of Cortisol Suppression on Sleep-Associated Consolidation of Neutral and Emotional Memory. In: Biological Psychiatry 58, S. 885-893, 2005.

Wagner, U. et al.:Brief Sleep After Learning Keeps Emotional Memories Alive for Years. In: Biological Psychiatry 60, S. 788-790, 2006.

Walker, M. P.:The Role of Sleep in Cognition and Emotion. In: Annals of the New York Academy of Science 1156, S. 168-197, 2009.

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