Jahresrückblick: Botschaften fürs Gehirn
"Man kann nicht nicht kommunizieren", lautet eine bekannte psychologische Weisheit. So verwundert es nicht, dass sich Psychologen und Hirnforscher im Jahr 2004 ausgiebig mit dem Phänomen Sprache beschäftigt haben - nicht nur mit der gesprochenen, sondern auch mit den versteckten Botschaften unseres Körpers.
Was unterscheidet den Mensch vom Tier? Die Sprache. Tiere kommunizieren zwar auch über vielfältige Lautäußerungen, doch das gesprochene Wort – und nicht nur das gesprochene – zeichnet eindeutig die Art Homo sapiens aus. So waren die Leistungen der berühmten Schimpansendame Washoe, die sich in den 1960er Jahren als begabte Gebärdensprachlerin erwies, durchaus beeindruckend, und auch Rico, ein im wahrsten Sinne des Wortes aufs Wort hörender Bordercollie, der im Juni dieses Jahres Furore machte, zeigte sich ebenfalls als verständiges Tier. Doch früher oder später stößt die sprachliche Kommunikation der Tiere an ihre Grenzen. Bereits im Januar konnte ein britisch-amerikanisches Team nachweisen, dass Lisztäffchen – die ebenfalls über eine gewisse Sprachbegabung verfügen – kompliziertere grammatikalische Regeln nicht durchschauen.
Schönheitsmaß
Das Erlernen einer Sprache ist also nicht nur für die Kommunikation, sondern auch für das Denken ganz allgemein von entscheidender Bedeutung. Am besten gleich zwei Sprachen, offenbarten doch Hirnforscher, dass zweisprachig aufgewachsene Menschen über mehr graue Zellen verfügen und noch im Alter länger geistig fit bleiben. Dabei muss es gar nicht die gesprochene Sprache sein; die Gebärdensprache der Gehörlosen hat einen ähnlichen Effekt. In Nicaragua haben gehörlose Kinder mangels Vorbild sogar eine eigene Gebärdensprache entwickelt, wie die Sprachwissenschaftlerin Ann Senghas im September beschrieb.
Kandidatenkür
Ein attraktiver Körper allein garantiert jedoch noch nicht den Erfolg beim anderen Geschlecht. Bei der Kandidatenkür entscheidet nämlich auch – das Äußere der Eltern. Zumindest Frauen scheinen nach Ansicht ungarischer Forscher Lebenspartner zu bevorzugen, deren Gesichtszüge an die ihrer Väter erinnern. Und selbst so etwas Körperloses wie der eigene Vorname kann beim ewigen Liebesreigen ein Wörtchen mitreden: Männer sollten nach den Untersuchungen der Psychologin Amy Perfors Namen mit hell klingenden Vokale wie "e" und "i" tragen, während bei Frauen ein dunkles "a", "o" oder "u" zum Erfolg führen kann. Haben sich die Frischverliebten dann endlich gefunden, synchronisieren sie auch ihren Hormonspiegel, fanden italienische Forscher im Wonnemonat Mai heraus.
Kino im Kopf
Beim Menschen sieht das bekanntermaßen anders auch. Er braucht seinen Schlaf, der nachweislich zur kreativen Problemlösung beiträgt, wie Lübecker Forscher im Januar herausfanden.
Diese Schmerzzentren reagieren übrigens tatsächlich auf Placebos, also Scheinmedikamente ohne Wirkstoff, fanden amerikanische Wissenschaftler im Februar heraus. Und im Mai erfolgte der Nachweis eines Placebo-Effekts sogar bei einzelnen Nervenzellen.
Und wie sieht die Zukunft von Psychologie und Hirnforschung aus? Es bleibt weiter spannend. Uns erwartet das Jahrhundert der Hirnforschung, sind elf Neurowissenschaftler überzeugt. Im Oktober erschien ihr gemeinsam verfasstes Manifest.
Wie die Sprache unser Denken prägt, war in diesem Jahr ein Schwerpunkt psychologischer und neurobiologischer Forschung: Die beiden amerikanischen Psychologinnen Susan Hespos und Elisabeth Spelke konnten mit fünf Monate alten Kleinkindern zeigen, wie das Erlernen unterschiedlicher Muttersprachen – koreanisch oder englisch – zu völlig unterschiedlichen Wahrnehmungen über die Gegenstände unsere Umwelt führt. Und ihr Kollege Peter Gordon hatte die Pirahã im brasilianischen Regenwald besucht. Diesen isoliert lebenden Indianern fehlen Zahlwörter – und sie können sich daher Zahlen größer als drei schlicht nicht vorstellen.
Schönheitsmaß
Das Erlernen einer Sprache ist also nicht nur für die Kommunikation, sondern auch für das Denken ganz allgemein von entscheidender Bedeutung. Am besten gleich zwei Sprachen, offenbarten doch Hirnforscher, dass zweisprachig aufgewachsene Menschen über mehr graue Zellen verfügen und noch im Alter länger geistig fit bleiben. Dabei muss es gar nicht die gesprochene Sprache sein; die Gebärdensprache der Gehörlosen hat einen ähnlichen Effekt. In Nicaragua haben gehörlose Kinder mangels Vorbild sogar eine eigene Gebärdensprache entwickelt, wie die Sprachwissenschaftlerin Ann Senghas im September beschrieb.
Überhaupt sagt unser Körper mitunter mehr als tausend Worte. Körpersprache kann unmittelbar Emotionen wie Furcht auslösen, fanden amerikanische Hirnforscher im November heraus. Und wo wir schon beim Körper sind: Kennen Sie Ihren VHI? Nicht? Das sollten Sie aber, wenn Sie beim anderen Geschlecht Eindruck schinden wollen. Der VHI oder "Volumen-Höhen-Index" berechnet, welche Körpermaße wir als attraktiv empfinden. Im Januar stellten Forscher aus Hongkong den ultimativen Schönheitsindex für Frauen vor, im Dezember folgte dann endlich das ersehnte männliche Gegenstück.
Andere Forscher betrachteten nicht den gesamten Körper, sondern konzentrierten sich auf das Wesentliche: Das menschliche Gehirn verfügt mit dem so genannten fusiformen Gesichtsareal über ein regelrechten Gesichtsdetektor und bestimmte Maße im menschlichen Antlitz, sei es die Lage von Kiefer und Kinn, sei es die Position der Nase, prägen ein typisch maskulines oder ein typisch feminines Äußeres – mit ensprechender Wirkung beim anderen Geschlecht. Wobei die Wirkung wiederum bei Männlein und Weiblein durchaus unterschiedlich aussehen kann. Zumindest sprechen Männer – vor allem deren Amygdalae – deutlich stärker auf erotische Filmszenen an als Frauen, wie ein Blick ins Gehirn per funktioneller Magnetresonanztomografie im März offenbarte.
Kandidatenkür
Ein attraktiver Körper allein garantiert jedoch noch nicht den Erfolg beim anderen Geschlecht. Bei der Kandidatenkür entscheidet nämlich auch – das Äußere der Eltern. Zumindest Frauen scheinen nach Ansicht ungarischer Forscher Lebenspartner zu bevorzugen, deren Gesichtszüge an die ihrer Väter erinnern. Und selbst so etwas Körperloses wie der eigene Vorname kann beim ewigen Liebesreigen ein Wörtchen mitreden: Männer sollten nach den Untersuchungen der Psychologin Amy Perfors Namen mit hell klingenden Vokale wie "e" und "i" tragen, während bei Frauen ein dunkles "a", "o" oder "u" zum Erfolg führen kann. Haben sich die Frischverliebten dann endlich gefunden, synchronisieren sie auch ihren Hormonspiegel, fanden italienische Forscher im Wonnemonat Mai heraus.
Apropos Hormone: Ob auch der Mensch über hormonähnliche Substanzen verfügt, die eine Botschaft zum Artgenossen sendet, bleibt nach wie vor umstritten. Dass der Körpergeruch bei der Partnerwahl allerdings auch nicht ganz unwichtig ist, erscheint dagegen unmittelbar einleuchtend. Die Geheimnisse des Riechens konnten die Forscher immer mehr lüften – und bescherten dabei Linda Buck und Richard Axel den diesjährigen Medizin-Nobelpreis. Riechrezeptoren finden sich übrigens nicht nur in der Nase, sondern auch – in menschlichem Sperma, wie Bochumer Forscher im Oktober nachweisen konnten.
Im Vergleich zu Tieren ist unser Riechsinn schon etwas kümmerlich, dem magnetischen Sinn einer Taube oder eines Hais können wir gar nichts entgegensetzen. Überhaupt zeigten sich Verhaltensforscher von den Orientierungsleistungen der Tiere beeindruckt: Neben Tauben und Haien standen Fledermäuse, Ameisen und Eulen im Fokus neugieriger Wissenschaftler. Und dabei offenbarten sie auch, dass wandernde Zugvögel sich nicht von Schlafentzug stören lassen.
Kino im Kopf
Beim Menschen sieht das bekanntermaßen anders auch. Er braucht seinen Schlaf, der nachweislich zur kreativen Problemlösung beiträgt, wie Lübecker Forscher im Januar herausfanden.
Im Kino ist dagegen volle Aufmerksamkeit gefordert. Was so im Kopf eines Kinogängers vor sich geht, haben israelische Wissenschaftler im März offenbart. Mit Hilfe der allseits beliebten funktionellen Magnetresonanztomografie konnten sie zeigen, dass Clint Eastwood bei den Zuschauern erstaunlich deckungsgleiche Hirnaktivitäten auslöst. Überhaupt bescherten bildgebende Verfahren den Hirnforschern tiefe Einblicke: Sie spürten hiermit den Ort der Geistesblitze im rechten Schläfenlappen auf und konnten nachweisen, dass Mitleid die gleichen Hirnareale anspricht wie echter Schmerz.
Diese Schmerzzentren reagieren übrigens tatsächlich auf Placebos, also Scheinmedikamente ohne Wirkstoff, fanden amerikanische Wissenschaftler im Februar heraus. Und im Mai erfolgte der Nachweis eines Placebo-Effekts sogar bei einzelnen Nervenzellen.
Und wie sieht die Zukunft von Psychologie und Hirnforschung aus? Es bleibt weiter spannend. Uns erwartet das Jahrhundert der Hirnforschung, sind elf Neurowissenschaftler überzeugt. Im Oktober erschien ihr gemeinsam verfasstes Manifest.
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