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Zahlentheorie: Es gibt eine neue größte Primzahl

Das gemeinschaftliche Projekt GIMPS hat die größte bisher bekannte Primzahl hervorgebracht. Die aus mehr als 41 Millionen Stellen bestehende Zahl läutet eine neue Ära ein.
Viele Zahlen, die vom Himmel fallen
Mit Hilfe von Grafikkarten wurde die bisher größte unteilbare Zahl gefunden.

Nach knapp sechs Jahren intensiver Suche wurde am 21. Oktober 2024 die Zahl 2136279841−1 vorgestellt, die mit 41 024 320 Dezimalstellen bislang größte bekannte Primzahl. Damit umfasst sie etwa 16 Millionen Ziffern mehr als der bisherige Rekordhalter, was zu den mathematischen Vorhersagen passt.

Da Primzahlen nur durch eins und sich selbst teilbar sind, bilden sie gewissermaßen die Grundbausteine der Mathematik, ähnlich wie Atome in der Chemie. Daher wecken sie seit Jahrtausenden das Interesse der Menschen. Dass es unendlich viele Primzahlen gibt, ist seit der Antike bekannt. Doch sowohl Fachleute als auch Zahlenfans jagen immer größeren Primzahlen nach. Das bislang größte bekannte Exemplar war 282589933−1 (was aber nicht bedeutet, dass zwischen diesem und dem neuen Rekordhalter 2136279841−1 keine andere Primzahl lauert). Beide Werte zählen zu einer besonderen Klasse von Primzahlen, den so genannten Mersenne-Primzahlen.

Es gibt unendlich viele Primzahlen

Einen Beweis für die Existenz unendlich vieler Primzahlen brachte der antike Gelehrte Euklid bereits vor mehr als 2000 Jahren mit einem einfachen Gedankenspiel hervor: Angenommen, es gäbe nur eine endliche Anzahl an Primzahlen, wobei die größte p ist. In diesem Fall könnte man alle Primzahlen bis p miteinander multiplizieren und eins addieren: 2·3·5·7·11·...·p + 1. Das Ergebnis lässt sich durch keine der existierenden Primzahlen 2, 3, …, p teilen. Damit ist die Zahl 2·3·5·7·11·...·p + 1 entweder eine neue Primzahl oder sie enthält einen Teiler, der in den ursprünglichen 2, 3, …, p Primzahlen nicht auftaucht. Daher kann keine endliche Liste von Primzahlen jemals vollständig sein; man wird immer zusätzliche konstruieren können. Daraus folgt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt.

Dabei handelt es sich um unteilbare Zahlen, die sich in der Form 2p−1 schreiben lassen. Diese hatte der französische Mönch Marin Mersenne (1588–1648) untersucht und eine Liste von möglichen Primzahlen angefertigt. Wie sich herausstellt, gibt es nur sehr wenige Mersenne-Primzahlen – bis heute sind nur (inklusive des neuen Funds) 52 bekannt. Ob 2136279841−1 wirklich die 52-te Mersenne-Primzahl ist, ist allerdings noch unklar. Es könnte noch unentdeckte, kleinere Mersenne-Primzahlen geben.

Mersenne-Primzahlen haben einen großen Vorteil gegenüber Primzahlen anderer Formen: Im Jahr 1870 formulierte der Mathematiker Édouard Lucas die Grundlagen für den so genannten Lucas-Lehmer-Test, der es ermöglicht zu prüfen, ob eine Zahl der Form 2p−1 eine Primzahl ist. Wegen dieser Eigenschaft sind neue Primzahlen in der Regel stets Mersenne-Primzahlen. Diese sind aber auch Teil eines der größten und ältesten offenen Rätsel der Zahlentheorie: Bis heute ist offen, ob es unendlich viele Mersenne-Primzahlen gibt.

Am 12. Oktober 2024 tauchte die Zahl 2136279841−1 auf dem Computerbildschirm des 36-jährigen Luke Durant im kalifornischen San José auf. Durant war Teil von »GIMPS«, einem gemeinschaftlichen Projekt zur Bestimmung neuer Primzahlen. Personen und Organisationen können daran teilnehmen, indem sie Rechenleistung zur Verfügung stellen, um computergestützt nach neuen Primzahlen zu suchen. Wird man fündig, erhält man 3000 US-Dollar als Belohnung. Das Projekt wurde 1996 ins Leben gerufen und hat inzwischen schon 18 neue Primzahlen hervorgebracht.

Die neueste Primzahl läutet eine neue Ära ein, wie das GIMPS-Team in einer Pressemitteilung bekannt gibt: »Diese Primzahl beendet die 28-jährige Herrschaft der gewöhnlichen Personal Computer, die diese riesigen Primzahlen finden.« Denn als ehemaliger Nvidia-Mitarbeiter hat Durant Grafikkarten genutzt, um die umfangreichen Berechnungen durchzuführen. Damit wollte er beweisen, dass Grafikkarten auch über KI-Anwendungen hinaus nützlich sind. Expertinnen und Experten vermuten, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzen wird und die nächsten großen Primzahlen ebenfalls auf Grafikkarten ermittelt werden.

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