Bildgebungsstudie: Stadtleben stresst stärker
Die Häufigkeitsstatistik psychischer Erkrankungen hatte es bereits nahegelegt: Städter scheinen besonders anfällig für Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie zu sein – Schizophrenien treten dort beispielsweise doppelt so häufig auf wie auf dem Land. Nun bestätigen Forscher um Andreas Meyer-Lindenberg diese Vermutung mit Hilfe bildgebender Verfahren. Das Gehirn ihrer städtischen Probanden reagierte signifikant stärker auf Stress.
Tatsächlich könnte dem Phänomen sogar ein Kausalzusammenhang zu Grunde liegen: Denn je länger die Versuchsteilnehmer in einer Stadt gelebt hatten, desto ausgeprägter war die Reaktion. Im gleichen Maße dürfte sich auch das Risiko psychischer Erkrankungen erhöht haben.
Die Wissenschaftler vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim suchten in Groß- und Kleinstädten sowie unter Landbewohnern nach gesunden Freiwilligen ohne psychische Auffälligkeiten aller Altersklassen und ließen die drei Gruppen anschließend unter Zeitdruck und im Hirnscanner liegend Rechenaufgaben lösen. Zusätzlich stressten sie die Teilnehmer mit kritischen Kommentaren bei falschen Lösungen. Bei den so Geprüften schnellten daraufhin Blutdruck, Puls und Cortisolwerte in die Höhe und belegten ein erhöhtes Stressniveau.
Die anschließende Auswertung ergab, dass sich ausschließlich zwei Hirnbereiche – die Amygdala und Teile des anterioren cingulären Kortex (ACC) – bei Städtern und Landbewohnern unterschieden. Je größer die Stadt, in der eine Versuchsperson wohnte, desto stärker reagierte die Amygdala auf den sozialen Stress; je länger der Proband in seiner Kindheit in der Stadt lebte, desto größer die Aktivierung des ACC. Überdies fanden sie den Signalaustausch zwischen diesen beiden Arealen – die funktionelle Konnektivität – bei den ehemaligen Stadtkindern reduziert.
Beide Hirnstrukturen und ihre Verknüpfung sind maßgeblich an der Regulation emotionaler Reize und insbesondere negativer Gefühle wie Angst beteiligt. Welche Wirkung die beobachtete höhere Empfindlichkeit hat, ist nicht im Detail geklärt. Eine verminderte Leistungsfähigkeit der Probanden oder höhere Fehlerquote haben die Forscher nicht gemessen.
Um auszuschließen, dass der Effekt auf unberücksichtigte Faktoren zurückgeht, die mit dem Stadtleben nichts zu tun haben, führten Meyer-Lindenberg und Kollegen Nachfolgeexperimente durch. Mit ihnen konnten sie demonstrieren, dass der Effekt auch bei anderen Testaufgaben und bei einem anderen Versuchspersonenkreis deutlich zutage tritt. Er ist überdies ausschließlich auf soziale Stressreize beschränkt; die Probanden allein unter Zeitdruck zu setzen, genügte nicht.
Nun rätseln die Wissenschaftler, welche Aspekte städtischen Lebens genau die beobachteten Veränderungen bewirken. Hier sollen weitere Forschungen helfen, verschiedene Einflussgrößen wie Lebensstil, Berufssituation oder bauliches Umfeld voneinander zu trennen. (jd)
Tatsächlich könnte dem Phänomen sogar ein Kausalzusammenhang zu Grunde liegen: Denn je länger die Versuchsteilnehmer in einer Stadt gelebt hatten, desto ausgeprägter war die Reaktion. Im gleichen Maße dürfte sich auch das Risiko psychischer Erkrankungen erhöht haben.
Die Wissenschaftler vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim suchten in Groß- und Kleinstädten sowie unter Landbewohnern nach gesunden Freiwilligen ohne psychische Auffälligkeiten aller Altersklassen und ließen die drei Gruppen anschließend unter Zeitdruck und im Hirnscanner liegend Rechenaufgaben lösen. Zusätzlich stressten sie die Teilnehmer mit kritischen Kommentaren bei falschen Lösungen. Bei den so Geprüften schnellten daraufhin Blutdruck, Puls und Cortisolwerte in die Höhe und belegten ein erhöhtes Stressniveau.
Die anschließende Auswertung ergab, dass sich ausschließlich zwei Hirnbereiche – die Amygdala und Teile des anterioren cingulären Kortex (ACC) – bei Städtern und Landbewohnern unterschieden. Je größer die Stadt, in der eine Versuchsperson wohnte, desto stärker reagierte die Amygdala auf den sozialen Stress; je länger der Proband in seiner Kindheit in der Stadt lebte, desto größer die Aktivierung des ACC. Überdies fanden sie den Signalaustausch zwischen diesen beiden Arealen – die funktionelle Konnektivität – bei den ehemaligen Stadtkindern reduziert.
Beide Hirnstrukturen und ihre Verknüpfung sind maßgeblich an der Regulation emotionaler Reize und insbesondere negativer Gefühle wie Angst beteiligt. Welche Wirkung die beobachtete höhere Empfindlichkeit hat, ist nicht im Detail geklärt. Eine verminderte Leistungsfähigkeit der Probanden oder höhere Fehlerquote haben die Forscher nicht gemessen.
Um auszuschließen, dass der Effekt auf unberücksichtigte Faktoren zurückgeht, die mit dem Stadtleben nichts zu tun haben, führten Meyer-Lindenberg und Kollegen Nachfolgeexperimente durch. Mit ihnen konnten sie demonstrieren, dass der Effekt auch bei anderen Testaufgaben und bei einem anderen Versuchspersonenkreis deutlich zutage tritt. Er ist überdies ausschließlich auf soziale Stressreize beschränkt; die Probanden allein unter Zeitdruck zu setzen, genügte nicht.
Nun rätseln die Wissenschaftler, welche Aspekte städtischen Lebens genau die beobachteten Veränderungen bewirken. Hier sollen weitere Forschungen helfen, verschiedene Einflussgrößen wie Lebensstil, Berufssituation oder bauliches Umfeld voneinander zu trennen. (jd)
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