Kognition: Was ist Bewusstsein?
Unser Bewusstsein setzt sich aus dem zusammen, was wir erleben: einer Melodie, die sich im Kopf festgesetzt hat; dem süßen Geschmack von Schokoladenmousse auf der Zunge; einem pochenden Zahnschmerz; der bedingungslosen Liebe für das eigene Kind – sowie der schmerzlichen Gewissheit, dass all diese Gefühle irgendwann einmal enden werden.
Die Herkunft und Art dieser Wahrnehmungen, in der Philosophie Qualia genannt, blieben von der Antike bis zur Gegenwart ein Rätsel. Etliche moderne Philosophen, darunter Daniel Dennett von der Tufts University, empfinden die Existenz eines Bewusstseins in einem bedeutungsleeren Universum als derartige Zumutung, dass sie es schlicht zur Illusion erklären. Sie leugnen also entweder die Existenz von Qualia, oder sie argumentieren, dass diese niemals sinnvoll wissenschaftlich untersucht werden können.
Würde ich dieser Annahme zustimmen, könnte ich mich kurzfassen. Ich bräuchte nur zu erklären, warum Sie und ich, wie die meisten Menschen, überzeugt sind, überhaupt Gefühle zu haben. Wenn mich aber ein Zahnabszess plagt, wird selbst das scharfsinnigste Argument dafür, dass der Schmerz reine Einbildung sei, meine Qualen um keinen Deut lindern. Da ich dieser zweifelhaften Lösung des Leib-Seele-Problems wenig Sympathie entgegenbringe, fahre ich also fort.
Nehmen wir das Bewusstsein als gegeben hin, können wir versuchen, seine Beziehung zur objektiven, naturwissenschaftlich erfassbaren Welt zu verstehen. Mein früherer Kollege, der Nobelpreisträger Francis Crick, und ich entschieden uns vor mehr als einem Vierteljahrhundert, philosophische Diskussionen über das Bewusstsein beizulegen und uns lieber auf dessen materielle Hintergründe zu konzentrieren. Denn erst wenn wir verstehen, wie unser Gehirn Bewusstsein erzeugt, können wir uns der Lösung des grundlegenderen Problems – was ein solches ausmacht – widmen.
Wir suchten insbesondere nach neuronalen Korrelaten des Bewusstseins (neural correlates of consciousness, NCC), also den minimalen Hirnaktivitäten, die notwendig sind, um eine spezifische Bewusstseinserfahrung zu erzeugen. Was muss zum Beispiel in Ihrem Kopf geschehen, damit Sie Zahnschmerzen spüren? Feuern dafür einige Nervenzellen in einer magischen Frequenz? Regen sich spezielle »Bewusstseinsneurone«? Und in welchen Hirnregionen lägen diese Zellen?
Nicht alle Neurone tragen zum Bewusstsein bei
Wichtig bei der Definition der NCC ist das Wörtchen »minimal«. Schließlich könnte das gesamte Gehirn als NCC betrachtet werden, da es Tag für Tag Wahrnehmung erzeugt. Der Sitz des Bewusstseins lässt sich aber weiter eingrenzen. Betrachten wir etwa das Rückenmark, den einen halben Meter langen Nervenfaserstrang in der Wirbelsäule mit ungefähr einer Milliarde Nervenzellen. Wird es durch eine Verletzung in der Nackenregion vollständig durchtrennt, ist der Betroffene gelähmt. Er kann in der Folge weder Arme noch Beine bewegen, Berührungen auf seinem Körper spüren oder Darm und Blase kontrollieren. Er erfährt das Leben allerdings weiterhin in all seiner Vielfalt – er sieht, hört, riecht und fühlt, und sein Gedächtnis funktioniert wie vor dem Ereignis, das sein Leben so radikal verändert hat.
Oder nehmen wir das Kleinhirn. Dieser evolutionsgeschichtlich alte Hirnteil im hinteren Bereich des Kopfs kontrolliert die Motorik, also die Körperhaltung, den Gang sowie den flüssigen Ablauf komplexer Bewegungen. Schreiben, Klavierspielen, Eiskunstlaufen oder Bergsteigen – an solchen Tätigkeiten ist das Kleinhirn beteiligt. Hier findet man die wohl schönsten Neurone des Gehirns, die Purkinjezellen, deren Dendriten sich wie eine Fächerkoralle ausbreiten und komplexe elektrische Dynamiken aufweisen. Und besonders verblüffend: Das Kleinhirn besitzt viermal mehr Nervenzellen als das gesamte restliche Gehirn, etwa 69 Milliarden.
Was passiert mit dem Bewusstsein, wenn Teile des Kleinhirns durch einen Schlaganfall oder durch das Messer eines Chirurgen verloren gehen? Sehr wenig! Die Betroffenen beklagen zwar zahlreiche Beeinträchtigungen – sie können etwa nicht mehr flüssig Klavier spielen oder auf der Tastatur tippen –, jedoch nie den Verlust einer Facette ihres Bewusstseins. Sie sehen, hören und fühlen normal, sie behalten eine Ich-Empfindung, sie erinnern sich an Vergangenes und planen die Zukunft. Selbst wer bereits ohne Kleinhirn auf die Welt kommt, leidet kaum unter einem eingeschränkten Bewusstsein.
Die gesamte Struktur des Kleinhirns ist demnach für das Bewusstsein ohne Belang. Warum? Die Antwort liegt möglicherweise in seiner außerordentlich gleichförmigen Verschaltung. Im Kleinhirn finden wir einen fast gänzlich vorwärtsgerichteten Informationsfluss: Eine Neuronengruppe leitet Signale an die nächste, welche sie an eine dritte weitergibt. Komplexe Rückkopplungsschleifen, in denen elektrische Aktivität hin- und herkreist, fehlen. Da das Entstehen bewusster Wahrnehmungen Zeit braucht, gehen die meisten Experten davon aus, dass Rückkopplungen daran beteiligt sein müssen. Außerdem ist das Kleinhirn funktional in hunderte oder mehr eigenständige Rechenmodule aufgeteilt. Jedes arbeitet parallel mit eigenen, sich gegenseitig nicht überlappenden Ein- und Ausgangssignalen, um Bewegungen oder kognitive Prozesse zu steuern. Die einzelnen Module interagieren nur sehr selten miteinander, was für bewusstes Erleben unabdingbar wäre.
Das Bewusstsein erscheint also nicht wie der Geist aus der Flasche, sobald ein beliebiges Nervengewebe gereizt wird. Es braucht einen zusätzlichen Faktor. Den finden wir in der grauen Substanz der Großhirnrinde: dem komplex vernetzten Nervenzellgewebe an der Außenseite des Gehirns. Alle verfügbaren Anhaltspunkte sprechen dafür, dass der sensorische und motorische Teil der Großhirnrinde, der so genannte Neokortex, Gefühle erzeugt.
Der Sitz des Bewusstseins lässt sich weiter eingrenzen, beispielsweise durch Experimente, bei denen den beiden Augen verschiedene Reize präsentiert werden. Stellen Sie sich vor, ein Foto von Donald Trump erscheint vor Ihrem linken Auge und eines von Angela Merkel vor Ihrem rechten. Naheliegend wäre, dass Sie eine eigenartige Überlagerung von Trump und Merkel wahrnehmen. Doch tatsächlich werden Sie für einige Sekunden Trump sehen, der dann verschwindet und von Merkel ersetzt wird, bevor wiederum Trump erscheint. In einem endlosen Tanz wechseln sich die beiden Bilder ab. Neurowissenschaftler nennen dieses Phänomen binokulare Rivalität. Auf Grund des mehrdeutigen Inputs kann sich das Gehirn nicht entscheiden: Ist es Trump oder Merkel?
Was wir wahrnehmen, bestimmt die »hintere heiße Zone«
Wenn Sie während dieses Versuchs in einem Magnetresonanztomografen liegen, der Ihre Hirnaktivität aufzeichnet, werden die Experimentatoren sehen, wie sich Neurone in einem breiten Areal im Kortex regen. Diese so genannte »hintere heiße Zone« (posterior hot zone, PHZ) erstreckt sich über Teile des Scheitel-, des Schläfen- und des Hinterhauptlappens. Sinneseindrücke, wie die Bilder von Merkel und Trump, nehmen wir erst wahr, wenn sie in diesem Areal verarbeitet werden. Eine Information, die über den Sehnerv im primären visuellen Kortex ankommt, entspricht also nicht dem, was wir bewusst sehen; das Bild, das wir wahrnehmen, entsteht erst in der hinteren heißen Zone.
Stimuliert man dieses Areal mit Stromstößen – zum Beispiel, um es vor der chirurgischen Entfernung eines nahe gelegenen Hirntumors oder Epilepsieherds genauer zu untersuchen –, löst das bei Patienten eine Vielzahl ausgeprägter Wahrnehmungen und Gefühle aus. Manche sehen Lichtblitze, geometrische Formen oder verzerrte Gesichter, andere berichten von akustischen Halluzinationen oder einem Gefühl von Vertrautheit oder Irrealität, einige überkommt das Bedürfnis, einen bestimmten Körperteil zu bewegen, und so fort. Anders, wenn der vordere Teil des Gehirns erregt wird: Dann treten so gut wie keine Wahrnehmungen auf.
Weitere wertvolle Erkenntnisse verdanken wir neurologischen Patienten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Um Tumoren zu entfernen oder um epileptische Anfälle zu lindern, schnitten die Chirurgen damals bisweilen große Teile des präfrontalen Kortex aus dem Gehirn. Auffällig an den Behandelten war vor allem, wie unauffällig sie danach blieben. Zwar litten viele nach der Operation unter Nebenwirkungen wie motorischen Störungen, Tics oder Problemen mit der Impulskontrolle. Die meisten erholten sich aber rasch vom Eingriff und lebten etliche Jahre ohne Anzeichen dafür, dass dieser ihre bewusste Erfahrung deutlich verändert hätte. Dagegen kann das Entfernen bereits kleiner Bereiche der hinteren Großhirnrinde, wo die heiße Zone liegt, das Empfindungsspektrum stark einschränken. Die Patienten verlieren etwa die Fähigkeit, Gesichter zu erkennen oder Bewegungen, Farben oder Räume wahrzunehmen.
Demnach scheint alles, was wir sehen, hören oder sonst empfinden, von Regionen im hinteren Kortex erzeugt zu werden. Doch worin unterscheidet sich dieses Areal vom Rest der Großhirnrinde? Die Wahrheit lautet: Wir wissen es nicht. Allerdings, und das ist das Spannende, kommen Neurowissenschaftler der Antwort jetzt womöglich näher.
Anfang der 2000er Jahre entwickelten Giulio Tononi von der amerikanischen University of Wisconsin-Madison und Marcello Massimini, heute an der Universität Mailand in Italien, eine »Zap-and-Zip« genannte Technik, mit der sie prüfen können, ob jemand bei Bewusstsein ist oder nicht. Das »Zap« der Methode ist ein starker magnetischer Impuls, ausgehend von einer isolierten Drahtspule, die Forscher an den Schädel ihrer Probanden halten. So erzeugen sie einen kurzzeitigen elektrischen Strom im dem Magnetfeld ausgesetzten Hirngewebe. Die zum Feuern angeregten Neurone lösen eine Kettenreaktion aus: Sie erregen oder hemmen weitere Nervenzellen, und deren Aktivität breitet sich wie eine Welle in der Großhirnrinde aus. Mittels am Schädel angebrachter Elektroden lassen sich diese elektrischen Signale im Elektroenzephalogramm (EEG) messen. Zusammen bilden die Aufzeichnungen von unterschiedlichen Stellen am Schädel eine Art Videosequenz der Nervenzellaktivität.
Die Aktivitätsmuster waren weder vorhersehbar noch wirkten sie völlig zufällig. Vielmehr erwies es sich als umso wahrscheinlicher, dass eine Person bewusstlos war, je vorhersagbarer die elektrischen Rhythmen an- und abschwollen. Die Wissenschaftler werteten die Muster aus, indem sie die Daten mit dem aus der Computertechnik bekannten »Zip«-Algorithmus komprimierten. So ließ sich die Komplexität der Hirnreaktion abschätzen: Wache Probanden wiesen einen »Störungskomplexitätsindex« (perturbational complexity index, PCI) zwischen 0,31 und 0,70 auf. Im Tiefschlaf oder in Narkose sank der Wert auf unter 0,31. Massimini und Tononi testeten ihre Zap-and-Zip-Methode an 48 hirngeschädigten, aber ansprechbaren Patienten. Bei allen Probanden bestätigte die Messung das Vorliegen von Bewusstsein.
Anschließend wandte das Team Zap-and-Zip bei 81 Personen an, bei denen entweder ein minimales Bewusstsein oder ein Wachkoma diagnostiziert worden war. Körperreaktionen aller 38 Patienten der ersten Gruppe gingen über einfache Reflexe hinaus. 36 von ihnen klassifizierte die Methode korrekt als bei Bewusstsein; zwei wurden als bewusstlos fehldiagnostiziert. Bei den 43 Wachkomapatienten war jeder Kommunikationsversuch am Krankenbett fehlgeschlagen. Die Technik erkannte bei 34 von ihnen eine Bewusstlosigkeit, die restlichen neun zeigten ähnliche Hirnaktivitäten wie Wache. Diese Patienten waren womöglich bei Bewusstsein, aber unfähig, sich mit anderen zu verständigen.
Zwei Theorien über das bewusste Erleben
Aktuell arbeiten die Forscher daran, Zap-and-Zip zu standardisieren und zu optimieren. Sie wollen die Methode auch bei psychiatrischen und pädiatrischen Patienten anwenden können. Doch selbst wenn sie die exakten neuronalen Mechanismen aufspüren, die jeglicher bewussten Erfahrung zu Grunde liegen, wird das zahlreiche fundamentale Fragen zum Bewusstsein nicht beantworten können, darunter: warum diese Neurone und nicht andere? Warum diese Frequenz und nicht eine andere? Und das zentrale Mysterium: Wie erzeugt ein hochvernetzter Klumpen Hirnmasse jegliche Wahrnehmung?
Um uns diesen Fragen zuwenden zu können, braucht es zunächst ein testbares wissenschaftliches Modell, das vorhersagt, unter welchen Voraussetzungen ein physikalisches System – wie ein komplexer Schaltkreis, sei er aus Neuronen oder aus Siliziumtransistoren – etwas wahrnimmt. Nur mit einem solchen Modell können wir erschließen, welche Systeme prinzipiell dazu fähig sind, bewusst zu erleben. Ohne überprüfbare Vorhersagen basiert jede Spekulation über Bewusstsein auf Intuition, die erfahrungsgemäß kaum als Leitfaden taugt.
Nur mit einem Modell können wir erschließen, welche Systeme dazu fähig sind, bewusst zu erleben
Zum Ursprung von Bewusstsein haben sich zwei Haupttheorien herauskristallisiert. Eine ist die des globalen neuronalen Arbeitsraums (global neuronal workspace, GNW) des Psychologen Bernard Baars sowie der Neurowissenschaftler Stanislas Dehaene und Jean-Pierre Changeux. Sie fußt auf der Beobachtung, dass mehrere Hirnbereiche Zugriff auf Informationen haben, die wir bewusst wahrnehmen. Wenn Sie aber zum Beispiel schnell tippen, machen Sie das automatisch. Fragt man Sie, wie Sie das schaffen, können Sie es nicht erklären, denn: Ihnen fehlt der bewusste Zugang zu dieser Information, die nur den zerebralen Schaltkreisen im sensorisch-motorischen System zur Verfügung steht.
Werden Maschinen jemals Bewusstsein erlangen?
Laut der GNW-Theorie entsteht Bewusstsein aus einer bestimmten Art der Informationsverarbeitung. Demnach gibt es im Gehirn so etwas wie eine »Informationstafel«, auf die verschiedene Hirnprozesse zugreifen können. Ein Teil der eingehenden sensorischen Eindrücke schafft es auf diese Plattform und steht so für kurze Zeit anderen kognitiven Prozessen zur Verfügung. Sie können hier abgelegte Daten verarbeiten und darauf reagieren: eine Antwort formulieren, eine Erinnerung abrufen oder speichern, eine Bewegung starten. Weil der Platz auf der Tafel begrenzt ist, wird uns zu jedem Zeitpunkt nur wenig gleichzeitig bewusst. Das neuronale Netzwerk, das diese Informationen bereitstellt, liegt vermutlich im Stirn- und Scheitellappen. Heutige Computer besitzen eine vergleichbare kognitive Raffinesse noch nicht; das dürfte aber lediglich eine Frage der Zeit sein. GNW-Forscher gehen jedenfalls davon aus, dass Maschinen in Zukunft Bewusstsein erlangen werden.
Die Theorie der integrierten Information (integrated information theory, IIT), die Tononi und andere, ich eingeschlossen, entwickelten, wählt einen anderen Ausgangspunkt: das Erlebte selbst. Jede erlebte Erfahrung besitzt bestimmte grundlegende Eigenschaften. Sie ist intrinsisch, existiert also nur für ihren »Besitzer«; sie folgt in einer zeitlichen Chronologie (zum Beispiel registrieren wir, wie ein gelbes Taxi bremst, während ein brauner Hund über die Straße läuft), und sie ist spezifisch; sie unterscheidet sich von anderen bewussten Wahrnehmungen wie Szenen in einem Kinofilm. Außerdem bilden alle Eindrücke eine untrennbare Einheit. Wenn Sie etwa an einem warmen Sommertag auf einer Parkbank sitzen und Kindern beim Spielen zusehen, lassen sich Teile des Erlebten – die durch Ihre Haare wehende Brise oder die Freude über Ihr lachendes Kind – nicht in Einzelphänomene zerstückeln, die weiterhin denselben Gesamteindruck vermitteln.
Tononi postulierte, dass jedes komplexe Netzwerk, das in seiner Struktur Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung codiert, diese Eigenschaften besitzt und so ein gewisses Maß an Bewusstsein mitbringt. Wenn es einem System aber, wie etwa dem Kleinhirn, an Verschaltung mangelt, wird es nichts bewusst wahrnehmen. Gemäß der IIT verfügt ein System über umso mehr Bewusstsein, je mehr Information es in sich integrieren und vielfältig verarbeiten kann.
Aus der IIT lässt sich auch der numerische Wert Φ (Phi) ableiten, der das im System inhärente Bewusstsein beziffert. Ist Φ gleich null, fehlt dem System ein Gefühl seiner selbst. Mit dem Wert steigt die in dem System steckende »kausale Fähigkeit« und damit das Bewusstsein. Das menschliche Gehirn, mit seinen Milliarden hochspezifisch vernetzten Nervenzellen, besitzt ein sehr hohes Φ, was auf ein großes Maß an Bewusstsein schließen lässt. Die IIT erklärt eine Reihe von Beobachtungen, etwa warum das Kleinhirn nicht zum Bewusstsein beiträgt und warum das Zap-and-Zip-Meter (das eine sehr grobe Annäherung von Φ misst) funktioniert.
Die IIT sagt voraus, dass keine noch so ausgereifte Computersimulation eines menschlichen Gehirns Bewusstsein erlangen kann – selbst, wenn sich ihre Antworten nicht von denen eines Menschen unterscheiden lassen. So wie die Simulation der Gravitation eines Schwarzen Lochs nicht die Raumzeit um den Computer verformt, kann die Programmierung eines Bewusstseins niemals eine bewusste Maschine hervorbringen. Bewusstsein lässt sich nicht »nachrüsten«; es muss im System integriert sein.
Zwei Herausforderungen liegen nun vor uns. Zum einen müssen wir die neuronalen Spuren des Bewusstseins weiter herausarbeiten. Immer bessere Werkzeuge helfen uns dabei, denn sie erlauben uns, das vielschichtige Zusammenwirken der Neurone unseres Gehirns genauer zu untersuchen. In Anbetracht der immensen Komplexität unseres zentralen Nervensystems wird dieses Unterfangen allerdings noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Zum Zweiten müssen wir die beiden konkurrierenden Theorien des Bewusstseins mit Daten bestätigen oder widerlegen. Vielleicht entsteht auch aus den Trümmern der beiden eine bessere Theorie, die das große Rätsel unserer Existenz befriedigend erklärt: wie aus einem drei Pfund schweren Organ mit der Konsistenz von Tofu ein Gefühl für das Selbst entspringt.
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