Lexikon der Biologie: Flug
Flug, 1) aktiver Flug, Fähigkeit, sich mit Hilfe von Muskelkraft frei im Luftraum fortzubewegen (Fortbewegung), wurde nur von Insekten, Vögeln, Säugetieren und den ausgestorbenen Flugsauriern ( vgl. Abb. 1 ) erworben. Die ältesten bekannten Fluginsekten sind die Palaeodictyoptera („Urflügler“), deren fossile Reste in ca. 300 Millionen Jahren alten Gesteinsschichten (Oberkarbon) gefunden wurden (Erdgeschichte, Farbtafel). Seither evolvierte eine ungeheure Formenfülle fliegender Insekten, die heute den zahlenmäßig größten Anteil fliegender Tiere vertreten. Während der Trias bis zur Kreide (vor ca. 230–135 Millionen Jahren) eroberten die Reptilien mit den Flugsauriern den Luftraum. Mit dem berühmten Archaeopteryx (Abb.) sind die ersten Vögel aus dem jüngeren Jura bekannt. Heute beherrschen die Vögel als tagaktive Flieger den Luftraum. Die Fledertiere sind die einzigen aktiv fliegenden Säugetiere. Sie besetzten die ökologische Nische des nächtlichen Luftraums. Flugorgan ist die zwischen Rumpf, dem Arm und den einzelnen Fingern (Extremitäten) ausgespannte Flughaut (Fledertiere [Abb.]). Im Gegensatz zur analogen Konstruktion der Flugsaurier sind alle Finger stark verlängert ( vgl. Abb. 2 ). 2) Passiver Gleitflug und Fallschirmflug läßt sich in allen Wirbeltierklassen beobachten ( vgl. Infobox , vgl. Tab. ). Bei einigen südamerikanischen und malaiischen Fröschen (Rhacophorus,Ruderfrösche) fungieren die Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen als Fallschirme, die den Luftwiderstand beim Sprung erhöhen und einen flacheren Sprungwinkel bewirken. Funktionell vergleichbare Gleitsegel findet man auch bei Reptilien, z.B. dem Falten-Gecko(Ptychozoon), der breite Hautlappen an den Rumpfseiten trägt, die beim Sprung aufklappen. Der Flugdrachen(Draco fimbriatus) besitzt ebenfalls große seitliche Gleitsegel, die zusätzlich durch Rippenfortsätze gestützt werden. Selbst Schlangen(Chrysopelea,Schmuckbaumnattern) können durch Einwölben der Bauchschuppenhaut eine Oberflächenvergrößerung und somit eine Reduktion der Fallgeschwindigkeit sowie durch Schlängelbewegungen sogar einen in der Richtung sich ändernden „Fallflug“ durchführen. Bei fossilen Reptilien ist ein inaktiver Gleitflug bereits bei dem Eosuchier Coelurosauravus (Eosuchia) im oberen Perm nachgewiesen (vgl. auch Eomyidae). Fliegende Fische nutzen ebenso das Prinzip des Gleitflugs. Die Startgeschwindigkeit wird durch Beschleunigungsschwimmen an der Wasseroberfläche erreicht. Als Gleitsegel dienen die vergrößerten Brust- und Bauchflossen. In 4 Gruppen der Säugetiere wurde das Gleitfliegen unabhängig voneinander erworben (Gleitbeutler, Pelzflatterer oder Riesengleiter, Gleithörnchen, Dornschwanzhörnchen). In allen Fällen erstreckt sich eine weite Flughaut zwischen Rumpf und den Extremitäten. Passiver Flug findet sich auch bei den durch Wind (Windfaktor) ausgebreiteten anemochoren Früchten und Samen (Anemochoren, Samenausbreitung). Balzflug, Beckengürtel, Biomechanik, Bionik, Borelli (G.A.), Flugeinrichtungen, Flugmechanik (Abb.), Flugmuskeln, Insektenflügel, Reifung, Schauflug, Vogelflügel; Atmungsorgane III , Homologie und Funktionswechsel bei Tieren.
Flug
Abb. 1: Flugwerkzeuge der Flugsaurier (Pteranodon)
Flug
Abb. 2: Wirbeltiere haben 3 Möglichkeiten entwickelt, sich in die Lüfte zu erheben.
1Vögel wandeln die Schuppen auf den Vorderextremitäten zu Flugfedern um. 3 Finger bleiben erhalten, von denen der 2. am längsten ist, der 4. und 5. sind verschwunden.
2Fledermäuse behalten alle Finger der „Hand“ und spannen mit dem 2., 3., 4. und 5. Finger eine Flughaut auf.
3Flugsaurier stützen ihre Flughaut allein mit dem stark verlängerten 4. Finger, die 1., 2 und 3. sind jedoch noch vorhanden. Der 5. Finger ist reduziert; dafür gibt es einen vorstehenden „Pteroid“-Knochen, der eine weitere, vordere Haut zum Hals hin spannt.
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