Lexikon der Biologie: Protolepidodendrales
Protolepidodendrales [von *proto- , griech. lepides = Schuppen, dendron = Baum], in ihrer Umgrenzung uneinheitlich gebrauchte Ordnung fossiler Bärlappe des Devons und Unter-Karbons. Diese ältesten Bärlappe umfassen isospore krautige Pflanzen oder kleine Bäume mit überwiegend exarchen Aktinostelen (Stele); die Blätter sind bei ursprünglichen Formen gegabelt, bei abgeleiteten einfache Mikrophylle; die Achsen zeigen noch keine typische Ausbildung der Blattpolster, Parichnos-Male fehlen. Die Protolepidodendrales sind keine homogene Gruppe, sondern repräsentieren mehrere Entwicklungslinien. Von besonderem phylogenetischem Interesse ist die auf das oberste Unterdevon und Mitteldevon beschränkte Gattung Protolepidodendron. Hierzu gehören krautige, etwa 50 cm hohe Pflanzen mit exarcher Aktinostele und schraubig angeordneten, mehrfach gegabelten Blättchen. Die zerstreut angeordneten Sporophylle sind den sterilen Blättchen gleichgestaltet und tragen ziemlich weit distal auf der adaxialen Seite 1 oder 2 Sporangien. Wahrscheinlich besaßen die Blätter auch eine Ligula; diese ist zumindest für eine Art (oft als Gattung Leclercqia ausgegliedert) nachgewiesen. Die fertilen und sterilen Blätter zeigen in dem Formenkreis um Protolepidodendron eine Tendenz zur Reduktion. So sind bei der Gattung Estinnophyton ( vgl. Abb. ) die Blätter 4zipflig und tragen 4 Sporangien, bei Protolepidodendron wahnbachense ( vgl. Abb. ) ist die Zahl der Sporangien auf 2 reduziert, und bei Protolepidodendron scharianum ( vgl. Abb. ) tragen die Blätter nur noch 1 Sporangium. Die Verhältnisse entsprechen somit ganz denen, wie sie nach der Telomtheorie für die Ableitung der Bärlappe und des typischen Bärlapp-Mikrophylls und -Sporophylls aus Psilophyten-Vorfahren (Urfarne) zu fordern sind. Die Emergenztheorie nimmt dagegen an, daß die Bärlapp-Mikrophylle über die Reihe Sawdonia (Zosterophyllales, Urfarne; Emergenzen ohne jede Leitbündelversorgung), Asteroxylon undDrepanophycus durch zunehmende Vaskularisierung von Emergenzen entstanden sind. Für die Ausbildung der Bärlapp-Sporophylle muß dabei eine zusätzliche Wanderung der Sporangien auf die Blattoberseite angenommen werden, da bei Sawdonia die Sporangien noch zwischen den Emergenzen stehen. Befürworter dieser Emergenztheorie betrachten entsprechend Asteroxylon und Drepanophycus (aber auch Baragwanathia) als eigene Gruppe der Protolepidodendrales oder zumindest der Bärlappe. Verfechter einer Ableitung des Bärlapp-Mikrophylls und -Sporophylls nach der Telomtheorie (über Protolepidodendron-ähnliche Vorfahren) sehen dagegen in Asteroxylon und Drepanophycus eine eigene Ordnung Drepanophycales, die als Abkömmling der Zosterophyllales (Urfarne), ohne Nachfahren zu hinterlassen, ausgestorben ist. Schließlich wird aber auch eine biphyletische Entstehung der Bärlappe für möglich gehalten: danach sollen sich die Bärlappartigen, der Emergenztheorie folgend, aus Drepanophycus entwickelt haben, während für die übrigen Bärlappe entsprechend der Telomtheorie eine Ableitung von Protolepidodendron-ähnlichen Ahnen angenommen wird. Unabhängig von diesen verschiedenen Vorstellungen bilden die Protolepidodendrales die wesentliche Basisgruppe der Bärlappe, von der sich alle anderen Bärlapp-Gruppen ableiten. So führt eine (sicher nicht geradlinige) Entwicklungsreihe von Protolepidodendron (keine Blattpolster) über die Gattungen Protolepidodendropsis, Lepidodendropsis, Sublepidodendron (kleine Bäume mit noch unvollständig ausgebildeten Blattpolstern) zu Cyclostigma und den eigentlichen Schuppenbäumen (Schuppenbaumgewächse). Aus Archaeosigillaria ähnlichen Formen haben sich vielleicht die Siegelbäume (Siegelbaumgewächse) entwickelt. Meist wird angenommen, daß auch die Moosfarnartigen unmittelbar auf Protolepidodendrales zurückgehen.
V.M.
Protolepidodendrales
1Protolepidodendron scharianum. 2 Im Formenkreis um Protolepidodendron ist eine zunehmende Reduktion der Sporangienzahl pro Sporophyll erkennbar: aEstinnophyton, bProtolepidodendron wahnbachense, cProtolepidodendron scharianum
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