Lexikon der Biologie: Wolf
Wolf, Canis lupus, in mehreren Unterarten ( vgl. Tab. ) ursprünglich über fast ganz Eurasien (einschließlich Arabien) und Nordamerika verbreiteter Wildhund (mit einer isolierten Population in Mexiko); heute allgemein als Stammform aller Haushunderassen (Hunde) anerkannt. Aussehen ( vgl. Abb. ) ähnlich einem Deutschen Schäferhund (Deutscher Schäferhund; Hunderassen II ); Kopfrumpflänge 100–140 cm; Schwanz 30–50 cm lang, buschig, gerade herabhängend; Färbung variabel von hellgraubraun bis dunkel ockerfarben. In Deutschland und in weiten Teilen Westeuropas wurde der Wolf vor 150 Jahren ausgerottet (Ausrottung). Größere Bestände leben heute noch im asiatischen Teil der ehemaligen Sowjetunion, in Alaska und in Kanada (ca. 60.000 Tiere). Aber auch in Osteuropa (Sibirien), in den rumänischen Karpaten (ca. 2500 Tiere) sowie in kleinen isolierten Restbeständen in Spanien, Portugal, Italien und Skandinavien konnte sich der Wolf bis heute behaupten. Als Lebensraum bevorzugt der Wolf natürlicherweise Tundren, Waldsteppen und offene Landschaften. Bei starker Verfolgung (z.B. Bejagung) zieht er sich auch in geschlossene Waldgebiete oder (wie in Südeuropa) ins Gebirge zurück. Wölfe leben in Familien-Rudeln (Eltern mit den noch nicht geschlechtsreifen Jungen) zusammen. Rangordnung, ausgeprägte soziale Verhaltensweisen (z.B. Drohverhalten und Demutsgebärden), Abgrenzen des Jagdreviers (durch Markieren mit Harn und Kot; Duftmarke, Harnen, Markierverhalten) und Verteidigen desselben prägen die Sozialstruktur des Wolfes. Das „Wolfsgeheul“ dient der Verständigung im Rudel (Stimmfühlung; Stimmfühlungslaut) und zwischen Nachbarrudeln. Durch Körpersprache (Mimik) verständigen sich die Tiere in der Nähe. Die Nahrung des Wolfes besteht sowohl aus kleinen bis mittelgroßen Wirbeltieren (z.B. Hasen, Nagetiere, Vögel) wie auch aus großen Huftieren (z.B. Hirsch, Elch, Rentier), die aber nur durch gemeinsame Hetzjagd erbeutet werden können. In Viehherden richteten Wölfe früher beträchtlichen Schaden an. Die bei vielen Menschen noch immer vorhandene „Wolfsfurcht“ ist dennoch völlig unbegründet: Wölfe meiden die Nähe des Menschen. Der Wolf gilt als Kulturflüchter; Angriffe gegen Menschen sind nicht bekannt. – Seit etwa 20 Jahren gewinnt man den Eindruck, daß der Wolf allmählich wieder in sein altes Verbreitungsgebiet zurückkehrt, zum Teil auch mit Hilfe des Menschen. So hat man in den USA in den 1990er Jahren Wölfe aus Kanada im Yellowstone-Nationalpark wieder eingebürgert (Einbürgerung). Die Populationen in Südeuropa haben mittlerweile wieder beachtlich an Größe zugenommen: Nach Schätzungen des WWF (Worldwide Fund for Nature) leben auf der Iberischen Halbinsel wieder 1500–2000 Wölfe, in Italien zwischen 500 und 1000, im ehemaligen Jugoslawien 1000 und in Griechenland 200–300. Von den italienischen Abruzzen gelangten einzelne Tiere durch die Poebene, über die französischen Alpen bereits bis in die Schweiz. Vorwiegend aus Polen, wo Wölfe seit einigen Jahren Schutz genießen, und auch aus Tschechien wandern immer wieder einzelne Tiere auf der Suche nach neuen Revieren auch nach Ostdeutschland ein. Wurden diese noch bis vor kurzem meist sehr rasch erlegt, so scheint sich derzeit ein Gesinnungswandel abzuzeichnen. Wolfsbeobachtungen der letzten Jahre stammen u.a. aus Brandenburg, Sachsen, Hessen und Bayern. Eine Sensation war es, als 2001 in Deutschland erstmals wieder Wolfsjunge geboren wurden: am Rande eines Truppenübungsplatzes in der Oberlausitz. Ob sich der über Jahrhunderte als „Inkarnation des Bösen“ verfolgte Wolf, immerhin Stammvater unseres Haushundes, trotz strengem gesetzlichem Schutz als Bestandteil unserer Fauna wieder halten kann, hängt allein von seiner Akzeptanz in der Bevölkerung, vor allem in der Jägerschaft, ab. Rangordnung (Abb.); Europa V , Polarregion II .
H.Kör.
Lit.:Zimen, E.: Der Wolf. Verhalten, Ökologie und Mythos. Stuttgart 2003.
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