Lexikon der Chemie: Elektronegativität
Elektronegativität, ein relatives Maß für das Bestreben eines Atoms in einem Molekül, Bindungselektronenpaare anzuziehen. Die E. ist ein wichtiges Kriterium für die Abschätzung der Polarität einer Bindung, das von L. Pauling (1932) entwickelt wurde. Es wurde davon ausgegangen, daß die Bindungsenergie EAB für eine heteronucleare Verbindung AB stets größer ist als der arithmetische bzw. geometrische Mittelwert der Bindungsenergien von AA und BB: EAB > 1/2(EAA + EBB) bzw.
EAB >
Dies deutet darauf hin, daß das heteronucleare Molekül gegenüber den homonuclearen Molekülen durch einen zusätzlichen elektrostatischen Beitrag stabilisiert wird. Die zusätzliche Stabilisierungsenergie ΔAB (in kJ mol-1) sollte daher ein Maß für die Polarität der Bindung sein. Unter Verwendung des geometrischen Mittelwertes erhält man:
ΔAB = EAB –
Mittels ΔAB kann die
Differenz der E. der Atome A und B definiert werden:
|χA – χB| = 0,088
Indem für das Element Fluor willkürlich ein Wert χF = 4 festgelegt wurde, läßt sich anhand der Elektronegativitätsdifferenzen eine geschlossene Elektronegativitätsskale für die Elemente angeben (Tab.). Man erkennt, daß die E. eine periodische Eigenschaft der Elemente darstellt. Die E. ist nicht meßbar und wird als dimensionslose Zahl angegeben. Mulliken (1934) konnte zeigen, daß die Summen aus der 1. Ionisierungsenergie EI und der Elektronenaffinität EA (beide Werte in kJ mol-1) den Elektronegativitätswerten nach Pauling in recht guter Näherung proportional sind. Auf diese Weise kann eine zahlenmäßig ähnliche Elektronegativitätsskale angegeben werden: χ = (EA + EI)/523,3 kJ mol-1. Darüber hinaus wurden weitere Elektronegativitätsskalen mit ähnlichen Zahlenwerten unter Benutzung anderer Größen aufgestellt. Die E. ist keine Atomkonstante, sondern hängt in starkem Maße vom Bindungszustand des Atoms und von seinen Nachbaratomen im Molekül ab. Auf dieser Grundlage wurde unter Berücksichtigung der verschiedenen Elektronegativitätsskalen von Bažzanov (1962) ein System von Elektronegativitätswerten vorgestellt. Allen Elektronegativitätsskalen ist gemeinsam, daß die Polarität und damit der Ionencharakter der Bindung mit zunehmender Elektronegativitätsdifferenz der beteiligten Atome stärker wird.
Elektronegativität. Tab.: Elektronegativitätswerte einiger Hauptgruppenelemente (nach Pauling).
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Li 1,0 | Be 1,5 | B 2,0 | C 2,5 | N 3,0 | O 3,5 | F 4,0 | |
Na 0,9 | Mg 1,2 | Al 1,5 | Si 1,8 | P 2,1 | S 2,5 | Cl 3,0 | |
K 0,8 | Ca 1,0 | Ga 1,6 | Ge 1,8 | As 2,0 | Se 2,4 | Br 2,8 | |
Rb 0,8 | Sr 1,0 | In 1,7 | Sn 1,8 | Sb 1,9 | Te 2,1 | I 2,5 |
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