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Lexikon der Chemie: Enthärtung

Enthärtung, in der Wasseraufbereitung die Beseitigung der im Rohwasser gelösten härtebildenden Calcium- und Magnesiumbestandteile, z. B. Ca(HCO3)2, Mg(HCO3)2, MgSO4, MgCl2 und CaSO4.

1) E. nach chem. Verfahren. Carbonathärte. Die Beseitigung der Carbonathärte oder vorübergehenden Härte (Härte), auch als Entcarbonisierung bezeichnet, bis auf etwa 0,72 mval (= 2 °dH; = 20 mg CaO/l) erfolgt u. a. nach folgenden Verfahren:

a) (Ätz-)Kalkverfahren und Ätznatronverfahren. Entsprechend der vorliegenden Carbonathärte setzt man die nach Gleichung (1) benötigte Menge Calciumoxid (Ätzkalk) zu, das in Wasser zu Calciumhydroxid (gelöschter Kalk) reagiert, oder aber die nach Gleichung (2) benötigte Menge Natriumhydroxid (Ätznatron), wobei eine Verminderung bis auf 0,72 mval möglich ist:

Ca(HCO3)2 + Ca(OH)2 → 2 CaCO3 + 2 H2O (1)

Ca(HCO3)2 + NaOH → CaCO3 + NaHCO3 + H2O (2)

Entsprechend den Reaktionen (1) und (2) bildet sich Magnesiumcarbonat (MgCO3), das teilweise (bis zu 94,4 mg/l) in Lösung bleibt. Durch einen weiteren Zusatz von Ätzkalk oder Ätznatron bildet sich das schwer lösliche Magnesiumhydroxid (Löslichkeit 9 mg/l):

MgCO3 + Ca(OH)2 → Mg(OH)2 + CaCO3  (3)

b) Impfverfahren. Hierbei wird die Carbonathärte des Wassers in dosierter Menge durch Säure (Salzsäure oder Schwefelsäure) bis zu 0,36 mval zersetzt:

Ca(HCO3)2 + 2 HCl → CaCl2 + 2 CO2 + H2O  (4)

Bei diesem Verfahren ist zu beachten, daß die Nichtcarbonathärte ansteigt und eine hohe Kohlensäurekonzentration entsteht.

c) Kalküberschußverfahren. Dem Rohwasser wird zunächst Ätzkalk im Überschuß zugesetzt, wobei die Reaktion (1) stattfindet. Das nun stark alkalische Wasser fördert die Enteisenung und Entmanganung und begünstigt bis zu einem gewissen Grade die Entfernung weiterer Inhaltsstoffe. Durch anschließende Behandlung mit Säuren wird das Wasser nahezu neutralisiert.

Gesamthärte. Auch bei der chem. Beseitigung der Gesamthärte (Härte) finden u. a. je nach dem angewendeten Verfahren die Reaktionen (1) bis (4) statt. Man unterscheidet folgende Verfahren:

a) Kalk-Soda-Verfahren. Durch den Zusatz von Kalk wird zunächst der Carbonathärteanteil des Calciums und Magnesiums nach den Gleichungen (1) und (3) umgesetzt. Anschließend fällt durch Soda die Nichtcarbonathärte (z. B. CaSO4) aus:

CaSO4 + Na2CO3 → CaCO3 + Na2SO4 (5)

Es ist eine E. des Wassers bis auf 0,36 bis 0,72 mval möglich.

b) Soda-Ätznatron-Verfahren. Die E. wird analog zum Kalk-Soda-Verfahren betrieben. Vorteilhaft in der Praxis ist der gleichzeitige Zusatz von Soda und Ätznatron.

c) Trinatriumphosphat. Mit verhältnismäßig teurem Trinatriumphosphat lassen sich Härtebildner eines Wassers bis auf 0,036 bis 0,108 mval als schwerlösliche Magnesium- und Calciumphosphate in Form eines flockigen Schlammes abscheiden:

3 Ca(HCO3)2 + 2 Na3PO4

Ca3(PO4)2 + 6 NaHCO3 (6)

3 CaSO4 + 2 Na3PO4 → Ca3(PO4)2 + 3 Na2SO4 (7)

d) Barastu-Verfahren (Abk. von Balcke-Rapid-Stufenverfahren). Zunächst wird mit billigeren Stoffen wie Kalk, Soda oder Ätznatron die bereits beschriebene E. auf 0,36 mval durchgeführt; anschließend wird mit Na3PO4 die Resthärte auf 0,036 mval reduziert.

e) Laugen-Umlaufverfahren (Neckarverfahren). Die Beseitigung der Gesamthärte erfolgt mit Soda. Zunächst wird die Nichtcarbonathärte mit Soda nach Gleichung (5) umgesetzt. Die hierbei gebildete Ätznatronmenge fällt die Carbonathärte nach Gleichung (2) aus.

f) Barytverfahren. Hierbei verwendet man bariumhaltige Verbindungen, besonders Bariumcarbonat, BaCO3. Dieses kostspielige Verfahren wird nur sehr selten angewandt. Die bei 20 °C erzielbare Resthärte beträgt 1,44 bis 1,8 mval.

g) Viele Enthärtungsanlagen arbeiten mit Ionenaustauschern und Austauscheradsorbenzien, wobei Wasser erhalten werden kann, das in seiner Qualität destilliertem Wasser entspricht.

2) E. nach chemisch-physikalischen und rein physikalischen Methoden

a) Elektrolytische Verfahren. Durch Gleichspannung von 6 bis 10 V, die gegen die Innenfläche von Dampferzeugerrohren und dgl. gerichtet wird, fallen die Härtebildner des Wassers feinstverteilt als Schlamm aus.

b) Elektroosmotisches Verfahren (Entsalzung).

c) Thermische E. Durch Erhitzen können die gelösten Calcium- und Magnesiumhydrogencarbonatbestandteile des Wassers z. B. nach Gleichung (8) zu Calciumcarbonat, Kohlendioxid und Wasser umgesetzt werden:

Ca(HCO3)2 → CaCO3 + CO2 + H2O (8)

Dieser Vorgang ist zeit- und temperaturabhängig.

d) Destillationsverfahren (Entsalzung).

e) Tonisatior-Verfahren (großtechnisch in der Wasseraufbereitung ohne Bedeutung). Evakuierte, mit einem Quecksilbertropfen und Neon gefüllte Glaskugeln werden in Wasser in Bewegung gehalten. Durch das Sprengen und Wiederzusammenfließen des Quecksilbertropfens entstehen elektrische Ladungen, wodurch die Härtebildner als Schlamm ausfallen.

f) Ausfrierverfahren (zur E. anwendbar, aber großtechnisch in der Wasseraufbereitung ohne Bedeutung) (Entsalzung).

g) Magnetische Verfahren. Das aufzubereitende Wasser bewegt sich durch ein Magnetfeld, wobei Fließrichtung und magnetische Kraftlinien senkrecht zueinander stehen müssen. Dabei kann es zum Ausfällen der Carbonathärtebildner kommen. Die Fällungsprodukte fallen durch die magnetische Behandlung in amorpher abschlämmbarer Form an und können so aus den Anlagen entfernt werden, so daß sich störende Inkrustationen vermeiden lassen. Mitunter gelingt es sogar, alte Inkrustationen wieder abzutragen.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
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Dr. Günter Kraus, Halle
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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