Lexikon der Chemie: Nebennierenrindenhormone
Nebennierenrindenhormone, Corticosteroide, Corticoide, eine Gruppe von Steroidhormonen, die unter Einwirkung des adrenocorticotropen Hormons in der Nebennierenrinde gebildet werden. Die N. leiten sich vom Pregnan (Formel Steroide) ab. Sie enthalten 21 C-Atome. Sauerstoffunktionen finden sich am C-Atom 3 und C-Atom 20 und im Gegensatz zu den Gestagenen auch am C-Atom 21 und/oder am C-Atom 11 und am C-Atom 17. In der Nebennierenrinde sind über 30 Steroide aufgefunden worden, von denen nur einigen eine Hormonwirkung zukommt. Biogenetische Vorstufe der N. ist Progesteron.
Nach ihrer Hauptwirkung auf den Mineral- oder Kohlenhydratstoffwechsel nimmt man eine Einteilung in Mineralcorticoide und Glucocorticoide vor. Mineralcorticoide steuern die Plasmakonzentration von Natrium- und Kalium-Ionen im Sinne einer erhöhten Kaliumausscheidung und Natriumretention einschließlich der Retention von Wasser. Als erstes natürliches Mineralcorticoid wurde 1937 von Reichstein Cortexolon, 17α,21-Diyhdroxy-4-pregnen-3,20-dion, isoliert. Therapeutisch als Mineralcorticoid zur Behandlung der Addisonschen Krankheit und von Schockzuständen wurde zunächst Desoxycorton, Cortexon, 21-Hydroxy-4-pregnen-3,20-dion in Form seines Acetates, Desoxycortonacetat (DOCA), eingesetzt. Desoxycorton wurde von Reichstein und Steiger zunächst partialsynthetisch dargestellt, ehe es 1938 aus Nebennierenrindenextrakten isoliert werden konnte. Eine etwa 30mal stärkere mineralocorticoide Wirkung zeigt Aldosteron, bei dem das C-Atom 18 zur Formylgruppe oxidiert ist, die mit der β-ständigen OH-Gruppe am C-Atom 11 ein Halbacetal bildet. Da Aldosteron schlecht resorbiert wird und eine Eliminationshalbwertzeit von nur 30 Minuten hat, wird neuerdings zur Substitutionstherapie bei Nebennierenrindeninsuffizienz unter anderem das partialsynthetische Fludrocortison z. T. in Form seines C-21-Acetats verwendet, das im Vergleich zu Desoxycorton bei schwach erhöhter Glucocorticoidwirkung eine wesentlich verstärkte Mineralocorticoidwirkung aufweist. Glucocorticoide bewirken über eine Förderung des Proteinabbaus und der Zurverfügungstellung von Aminosäurebausteinen für die Gluconeogenese eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels und eine vermehrte Glycogenbildung in der Leber.
Auch sie werden zur Substitutionstherapie bei Nebennierenrindeninsuffizienz verwendet. Von größerer Bedeutung ist ihre therapeutische Verwendung wegen ihres antiphlogistischen, antiallergischen, antiexsudativen und immunsuppressiven Effekts. Glucocorticoide werden deshalb systemisch zur Behandlung von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und von Asthma sowie topisch bei verschiedenen Hauterkrankungen angewendet. Während für die Anwendung zur Substitutionstherapie ein mineralcorticoider Effekt erwünscht ist, erforderte der breite Einsatz von Glucocorticoiden als Antiphlogistika eine weitgehende Eliminierung dieser Wirkung. Mit Hilfe partialsynthetischer Veränderungen ist dies weitgehend gelungen. Die wichtigsten natürlich vorkommenden Glucocorticoide sind Cortison und Hydrocortison (Cortisol), die beide noch eine erhebliche Mineralocorticoidaktivität besitzen.
Ein bedeutender Fortschritt bei der Entwicklung von Verbindungen mit spezifischer Glucocorticoidwirkung wurde mit der Einführung der 1-Dehydro-Derivate Prednison und Prednisolon erzielt. Diese besitzen eine 5mal stärkere Glucocorticoidwirkung als Hydrocortison bei gleichzeitig auf ein Drittel reduzierter Mineralocorticoidwirkung. Eine Steigerung der antiphlogistischen unter weitgehender Eliminierung der mineralocorticoiden Wirkung konnte z. B. durch Einführung eines Fluoratoms in 9α-Stellung und Einführung einer Methyl- oder Hydroxygruppe am C-Atom 16 erreicht werden. Beispiele dafür sind Triamcinolon und Dexamethason, die systemisch und topisch angewendet werden. Für eine nur topische Anwendung kommen Verbindungen mit hoher Lipophilie in Betracht, die gut in die Haut eindringen, aber keine systemische Wirkung entfalten. Bewährt haben sich Ester und Ketale, wie z. B. Flumethasonpivalat und Fluocinolonacetonid.
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