Lexikon der Chemie: Phasengesetz von Gibbs
Phasengesetz von Gibbs, Gibbssches Phasengesetz, Gesetz, das die Anzahl der koexistierenden Phasen P in einem Ein- oder Mehrstoffsystem angibt: P + F = K + 2. Hierbei bedeuten F die Anzahl der "Freiheitsgrade", d. h. der Zustandsvariablen, die in einem gewissen Intervall verändert werden können, ohne die koexistierenden Phasen zu beeinflussen, K die Anzahl der unabhängigen chem. Stoffe (Anzahl der Komponenten), aus denen das System aufgebaut ist. Können in einem Mehrstoffsystem chem. Reaktionen stattfinden, so ergibt die Differenz aus der Anzahl der chem. Bestandteile und der Anzahl der Reaktionsgleichungen die Anzahl der unabhängigen Komponenten K. Beispiele: 1) Einstoffsysteme, z. B. Wasser: K = 1: Liegt nur eine Phase (P = 1) vor, so hat das System nach dem P. v. G. zwei Freiheitsgrade (F = 2), d. h., die Temperatur und der Druck können in gewissen Bereichen frei gewählt werden, ohne daß sich der Phasenzustand ändert. Koexistieren zwei Phasen (P = 2), hat das System nur einen Freiheitsgrad. Wird die Temperatur frei gewählt, stellt sich der Dampfdruck zwangsläufig entsprechend dem Verdampfungsgleichgewicht ein (Phasendiagramm). Für drei im Gleichgewicht befindlichen Phasen ist F = 0, und das System ist nur an einem Punkt. dem Tripelpunkt, thermodynamisch stabil.
2) Zweistoffsysteme, z. B. Salz/Wasser, Blei/Silber; K = 2: Diese Systeme haben in den unter 1) gegebenen Fällen stets einen Freiheitsgrad mehr, die Zusammensetzung der Mischphasen. An Punkten ohne Freiheitsgrad, den Quadrupelpunkten, sind vier Phasen im Gleichgewicht. An eutektischen und peritektischen Punkten koexistieren Gasphase, flüssige und zwei feste Phasen, an monotektischen Punkten Gasphase, zwei flüssige und eine feste Phase (Phasendiagramm).
3) Nichtstöchiometrisches System aus CaCO3, CaO und CO2: Zwischen den drei chem. Bestandteilen besteht eine Reaktionsmöglichkeit gemäß CaO + CO2
CaCO3. Die Anzahl der unabhängigen Komponenten K beträgt 2. Es gelten die unter 2) genannten Bedingungen.
Die Anwendbarkeit des P. v. G. setzt voraus, daß das thermodynamische Gleichgewicht eingestelllt ist.
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