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Lexikon der Chemie: Platin

Platin, Symbol Pt, chem. Element aus der VIII. Nebengruppe des Periodensystems, Hauptverteter der Gruppe der Platinmetalle, Edelmetall; Z 78, Isotope 190Pt und 192Pt mit Halbwertszeiten von 6·10-11 bzw. 1·10-15 a schwach radioaktiv; Atommasse 195,09, Wertigkeit meist II, IV, seltener 0, I, III, V, VI, D. 21,45 g cm-3, F. 1769,3 °C, Kp. 3830 °C, elektrische Leitfähigkeit 10,15 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (Pt/Pt2+) + 1,2 V.

Eigenschaften. P. ist ein grauweißes, glänzendes, sehr duktiles, in der Hitze schmied- und schweißbares, kubisch-flächenzentriert kristallisierendes Metall. Es absorbiert leicht Wasserstoff und Sauerstoff; dabei werden diese Elemente aktiviert, so daß P. vielfach als Katalysator für Hydrierungs- und Oxidationsprozesse eingesetzt werden kann. Besonders die Wasserstoffaufnahme wird durch den Platinverteilungsgrad sehr stark beeinflußt (Platinschwarz, Platinschwamm). P. ist gegen Säuren widerstandsfähiger als Palladium, es wird durch reine Mineralsäuren, auch durch Kaliumhydrogensulfatschmelzen nicht angegriffen. Leicht gelöst wird P. durch Königswasser, in Gegenwart von Luftsauerstoff wirkt selbst Salzsäure langsam lösend, ebenso stellt Chlorwasser ein Oxidationsmittel für P. dar. Fluor und Chlor greifen P. erst bei etwa 500 °C an. Bei der Verwendung von Laboratoriumsgeräten aus P. ist zu beachten, daß Alkaliperoxide, wie sie sich auch beim Schmelzen von Alkalihydroxiden in Gegenwart von P. leicht bilden können, P. rasch angreifen, daß P. sich ferner in der Hitze mit Phosphor, Silicium, Blei, Arsen, Antimon, Schwefel und Selen verbindet. Verbindungen dieser Elemente dürfen daher nicht unter reduzierenden Bedingungen in Platingefäßen erhitzt werden. Auch reduzierende Flammengase lassen P. durch Einlagerung von Kohlenstoff oder Absorption von Wasserstoff brüchig werden.

Analytisches. Dem Nachweis von P. dient die Bildung des gelben, in Wasser schwer löslichen Ammonium-hexachloroplatinats (NH4)2[PtCl6]. Zur quantitativen Bestimmung kann man P. als Platinsulfid oder (NH4)2[PtCl6] fällen und zum Element verglühen oder direkt aus der Lösung reduktiv abscheiden. Die Platinbestimmung wird auch mit Hilfe der Atomspektroskopie durchgeführt.

Vorkommen. P. ist am Aufbau der Erdkruste mit etwa 5·10-7 % beteiligt. Es kommt ebenso wie Gold gediegen vor, auch in Seifen und Flußsanden, meist vergesellschaftet mit anderen Platinmetallen sowie Eisen, Blei, Kupfer, Silber und Gold. P. ist in diesen Seifen in Form kleiner Körner und Blättchen enthalten. Sehr seltene reine Platinminerale sind Sperrylith PtAs2 und Cooperit PtS. Eine wichtige Platinquelle stellen platinhaltige Erze anderer Metalle dar, zu deren wichtigsten kupfer- und nickelhaltige Magnetkiese des kanadischen Sudburydistriktes zählen.

Gewinnung. Durch naßmechanische oder flotative Anreicherung erhaltene Erzkonzentrate werden nach verschiedenen Verfahren weiterverarbeitet. Aus den platinhaltigen Nickel- und Kupfererzen von Sudbury (Kanada) entfernt man zunächst Ni und Cu. Die platinhaltigen Rückstände werden nach dem Acton-Verfahren weiterverarbeitet, indem zunächst die Edelmetalle durch verbleiendes Schmelzen und anschließendes Abtreiben weiter angereichert werden. Die zurückbleibende Legierung wird mit Schwefelsäure behandelt, dabei gehen Silber und ein Teil des Palladiums in Lösung. Der aus dem größten Teil des Palladiums, den übrigen Platinmetallen und Gold bestehende Rückstand wird mit Königswasser behandelt, wobei Gold, Platin und Palladium in Lösung gehen. Aus der Lösung wird Gold durch ein P. nicht reduzierendes Reduktionsmittel, z. B. Eisen(II)-sulfat, abgeschieden, P. als (NH4)2[PtCl6] ausgefällt und thermisch in das Metall übergeführt. Die Verarbeitung der aus den Seifen gewonnenen Platinkonzentrate geschieht nach dem nassen Verfahren (Königswasserverfahren). Die Platinkonzentrate werden in Königswasser erhitzt, wobei neben P. Palladium, Indium, Rhodium und Gold in Lösung gehen und der Rückstand Osmiridium, geringe Mengen Rhodium und P. neben der Gangart enthält. Auch hier erfolgt die Fällung von P. als (NH4)2[PtCl2]. Wiederholungen der Fällungs- und Löseprozesse führen zu einem gereinigten P., das noch geringe Anteile von Iridium, Rhodium, Ruthenium und Eisen aufweist. Zur weiteren Raffination wird mit Blei verschmolzen und die entstandene Legierung mit Salpetersäure behandelt. P. verbleibt im Rückstand, wird mit Königswasser herausgelöst und erneut mit Ammoniumchlorid gefällt. Weitere Raffination führt schließlich zu P. mit einer Reinheit von 99,999 %.

Verwendung. P. wird zur Herstellung von Laborgeräten, Anodenmaterial für elektrochem. Prozesse, galvanischen Elementen, elektrischen Kontakten, Spinndüsen sowie Schmuckwaren verwendet. Da es den gleichen Ausdehnungskoeffizienten wie Glas hat, läßt es sich darin einschmelzen und dient als Elektrode in Glasapparaturen. Als Katalysator ist P. vor allem für Hydrierungs-, Dehydrierungs-, Reforming-, Oxidations- und Crackprozesse von Bedeutung. P. wird vielfach auch legiert eingesetzt (Platinlegierungen, Titanlegierungen, Dentallegierungen).

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
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Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
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Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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