Lexikon der Chemie: Racemat
Racemat, Racemform, ein Gemisch aus gleichen Mengen zweier Enantiomerer (Stereoisomerie 1.1.). R. drehen die Ebene des linear polarisierten Lichtes nicht, sie sind also optisch inaktiv. R. können durch das Vorsetzen von (D,L)-, (R,S)-, (±) oder rac vor den Namen der Verbindung gekennzeichnet werden. Sie haben im gasförmigen und flüssigen Aggregatzustand sowie in Lösungen die gleichen chemischen und physikalischen Eigenschaften wie die einzelnen Enantiomeren, ausgenommen optische Aktivität, physiologische Wirkung und Reaktion mit chiralen Reagenzien. Im festen Zustand können racemische Gemische (Konglomerate), d. s. Mischungen von Kristallen der beiden Enantiomeren, oder racemische Mischkristalle, d. s. feste Lösungen, vorliegen. Sie entsprechen in ihren Eigenschaften den gasförmigen, flüssigen und gelösten R. Racemische Verbindungen sind äquimolekulare Molekülverbindungen der Enantiomeren; sie haben andere Eigenschaften als die einzelnen Enantiomeren. Natürlich vorkommende chirale Verbindungen sind sehr selten R., meist existiert nur ein Enantiomeres. Synthesen chiraler Verbindungen aus achiralen Verbindungen oder R. liefern in Abwesenheit von optisch aktiven Substanzen und ohne andere asymmetrische Einflüsse ausschließlich R.
Zur Racemattrennung und somit Gewinnung einzelner Enantiomerer gibt es mehrere Methoden: 1) Trennung der R. über Diastereomere. Man setzt das R. mit einem Enantiomeren einer chiralen Verbindung um und erhält ein Gemisch zweier Diastereomerer, z. B. das R. einer Säure (R)-Säure/(S)-Säure mit der reinen enantiomeren Base (R)-Base. Es entstehen die diastereomeren Salze (R,R)-Salz und (S,R)-Salz, die getrennt werden können. Nach Hydrolyse erhält man die getrennten Säuren (R)-Säure und (S)-Säure. Geeignete Säuren zur Trennung von Basen und Alkoholen sind Weinsäure, Camphersäure, Camphersulfonsäure oder Bromcamphersulfonsäure; geeignete Basen sind Chinin, Cinchonin oder Brucin. Auf diesem Wege werden z. B. jährlich 300 t des (R,S)-Menthols getrennt. 2) Trennung der R. über Molekülkomplexe oder Einschlußverbindungen, z. B. mit Harnstoff. 3) Trennung der R. durch Chromatographie an optisch aktiven Phasen. 4) Auslesen der Enantiomeren aus racemischen Gemischen. Auf diesem Wege gelang Pasteur 1848 erstmals die Trennung eines R., nämlich des Natriumammoniumtartrats aus wäßriger Lösung bei 27 °C. 5) Einsatz von Pilzen, Bakterien oder isolierten Enzymen, wodurch ein Enantiomeres wesentlich schneller abgebaut wird als das andere (kinetische Racemattrennung).
Kriterium der Wirksamkeit der Trennung eines R. ist die optische Reinheit, d. i. das Verhältnis der spezifischen Drehung der getrennten Verbindung und des reinen Enantiomeren in Prozent.
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