Lexikon der Chemie: Schmierstoffe
Schmierstoffe, organische oder anorganische Stoffe, die die unmittelbare Reibung zwischen sich drehenden oder gleitenden Geräte- oder Maschinenteilen verringern. An gute S. werden folgende Forderungen gestellt: a) Sie müssen an gleitenden Flächen gut haften, der Schmierfilm darf auch bei hohen Drücken nicht abreißen. b) Sie müssen um so zäher (viskoser) sein, je höher der Druck ist. Die Viskosität, die sich mit der Geschwindigkeit der gleitenden Teile und der Temperatur ändert (Sommeröl, Winteröl), darf mit steigender Temperatur nicht zu schnell abfallen (gutes Viskositäts-Temperatur-Verhalten). c) Sie müssen eine geringe Verdampfbarkeit und einen hohen Flammpunkt besitzen, der eine Verbrennung bei den auftretenden Temperaturen ausschließt. d) Für Maschinen, die tieferen Temperaturen ausgesetzt sind, müssen sie einen genügend niedrigen Stockpunkt haben. e) Sie müssen eine große Reinheit aufweisen. f) Die Stabilität der S. muß bei den auftretenden Temperaturen ausreichend sein.
1) Organische S. werden in Schmieröle und Schmierfette unterteilt. Als Schmieröle dienen hauptsächlich Mineralöle verschiedener Viskosität. Sie werden aus bestimmten Erdölfraktionen gewonnen, nachdem diese durch Raffination gereinigt wurden und ihr Stockpunkt durch Entparaffinieren, z. B. mit Hilfe von Harnstoff (Harnstofftrennung) genügend erniedrigt wurde. Man verwendet diese Mineralöle unter Zusatz von Additives z. B. als Kompressorenöl, Heißdampfzylinderöl, Motorenöl, Getriebeöl und Hydrauliköl. Für extrem hohe Anforderungen wurden synthetische Schmieröle entwickelt. Polymerisationsprodukte aus höheren Alkenen werden z. T. als Schmieröle gebraucht, besonders solche, die man aus Kogasinfraktionen mit hohem Alkengehalt durch Polymerisation erhält. Allerdings müssen diese Produkte durch Antioxidanzien, z. B. 2,6-Di-tert-butyl-p-cresol, stabilisiert werden, da sie wegen der noch vorhandenen Doppelbindungen gegenüber Sauerstoff nicht stabil sind. Diese Spezialschmieröle zeigen ein ausgezeichnetes Viskositäts-Temperatur-Verhalten und werden in der Flugzeugindustrie eingesetzt.
Polyetheröle werden als Spezialschmieröle, insbesondere aber als Hydrauliköle und Bremsflüssigkeiten eingesetzt.
Esteröle finden vorzugsweise als Flugmotorenöle Verwendung. Dabei haben sich als Grundtypen durchgesetzt: 1) Ester primärer Alkohole mit Dicarbonsäuren, 2) Ester von Di- und Polyolen mit Monocarbonsäuren, 3) Ester von Neopentylpolyolen mit Monocarbonsäuren.
Schmieröle mit dem günstigsten Viskositäts-Temperatur-Verhalten sind die Siliconöle, die nach Füllung mit Lithiumstearat eine Grundlage für Siliconschmierfette sind. Die S. auf Basis von Siliconen können aufgrund ihrer Beständigkeit noch bei sehr hohen Temperaturen und wegen ihres niedrigen Stückpunktes noch bei sehr tiefen Temperaturen verwandt werden. Eine beachtliche thermische Stabilität bis etwa 460 °C zeigen substituierte Ferrocen-Verbindungen.
Als wasserlösliches Schmieröl ist Polyethylenglycol geeignet.
Die Schmierfette sind kolloidale Auflösungen von Seifen in Schmierölen. Die flüssigen Komponenten bestehen aus mineralischen oder synthetischen Schmierölen verschiedener Viskosität. Naphthenbasische Öle sind günstiger als paraffinbasische, da letztere zum "Ausbluten", d. h. zur Phasentrennung, neigen. Zur Ausbildung der festen Phase dienen die Seifen, fett-, harz-, sulfon- oder naphthensaure Salze von Lithium, Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Aluminium oder Blei. Hinzu kommen weitere Stabilisatoren, wie Leim, Casein, Kautschuk und Polyethylenoxid und Alterungsschutzstoffe. Bei Hochdruckschmierfetten wird noch Molybdän(IV)-sulfid zugesetzt. Ferner ist auch Wasser in den Schmierfetten enthalten. Ein bekanntes Schmierfett ist das Stauferfett. Sehr wertvolle Schmierfette kann man auf der Grundlage von Siliconen herstellen, die in einem Bereich von
-60 bis +200 °C einsatzfähig, mechanisch sehr stabil und sehr alterungsbeständig sind.
Schmierfette setzen einer bleibenden Verformung einen Widerstand entgegen und werden vor allem dort eingesetzt, wo eine Ölschmierung nicht möglich ist.
2) Anorganische S. treten in ihrer Bedeutung gegenüber den organischen S. zurück, da ihr Anwendungsbereich weitaus geringer ist. Sie dienen meist zur Schmierung für Spezialzwecke. Anorganische S. sind z. B. Molybdän(IV)-sulfid, Titan(IV)-sulfid und Graphit, die allein oder im Gemisch mit Mineralölen oder Paraffin eingesetzt werden. Sirupöse Phosphorsäure eignet sich besonders gut als gegen aggressive Gase beständiger S. Ein wertvolles Produkt erhält man durch Lösen von 10 g Metaphosphorsäure und 2 g Borsäure in 100 ml Wasser, anschließendes Eindampfen auf 25 ml und Zusetzen von 1 ml 85%iger Phosphorsäure. Als S. für Glasgeräte benutzt man mitunter konz. Schwefelsäure; nachteilig sind ihre hygroskopischen Eigenschaften. Unter Umständen eignen sich auch geschmolzenes Kaliumthiocyanat, Kaliumnitrat oder Kaolin als anorganische S. im Temperaturbereich von -75 bis +360 °C.
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