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Lexikon der Chemie: van-der-Waalssche Bindungskräfte

van-der-Waalssche Bindungskräfte, Wechselwirkungskräfte zwischen valenzmäßig abgesättigten Molekülen, die die Aggregation der Stoffe im flüssigen und festen Zustand bewirken. Man unterscheidet drei Arten von anziehenden Wechselwirkungskräften, deren Größe wesentlich vom Dipolmoment und von der Polarisierbarkeit des Moleküls abhängt.

Orientierungskräfte (Keesom-Kräfte). Sie beruhen auf der Coulombschen Wechselwirkung von Molekülen mit einem permanenten Dipolmoment oder zwischen Ionen- und Dipolmolekülen und bewirken eine bevorzugte gegenseitige Orientierung der Dipolmoleküle. Dieser günstigen Orientierung der Moleküle wirkt die Wärmebewegung entgegen. Für die mittlere Orientierungsenergie zwischen zwei gleichen Molekülen mit dem permanenten Dipolmoment μ im Abstand r erhält man nach Keesom EOr = -2μ4/3kBTr6, wobei kB Boltzmann-Konstante und T absolute Temperatur bedeuten.

Induktionskräfte (Debye-Kräfte). Diese resultieren aus der Wirkung eines Dipolmoleküls auf Nachbarmoleküle, indem in letzteren infolge von Ladungsdeformation ein induziertes Dipolmoment erzeugt wird. Die damit verbundene Wechselwirkungsenergie ist für zwei gleiche Moleküle im Abstand r nach Debye Eind = -2αμ2/r6, wobei α richtungsabhängige Polarisierbarkeit, μ Dipolmoment. Eind hängt im Gegensatz zu EOr nicht von der Temperatur ab.

Dispersionskräfte (London-Kräfte). Sie treten zwischen allen Molekülen auf und sind die Ursache für die Anziehung von Atomen und dipollosen Molekülen. Sie können nur mit Hilfe der Quantenmechanik erklärt werden (London). Bei der qualitativen Deutung der Dispersionskräfte geht man davon aus, daß auch in Atomen und dipollosen Molekülen als Folge der inneren Elektronenbewegung oszillierende, also temporäre Dipole entstehen. Diese polarisieren benachbarte Elektronensysteme, und es resultieren schwache anziehende Wechselwirkungen. Für zwei unterschiedliche Moleküle mit den Polarisierbarkeiten α1 und α2 sowie den Ionisierungsenergien I1 und I2 ergibt sich für die Dispersionsenergie EDisp = -(3/4)α1α2-I/r6, wobei -I = 2I1I2/(I1 + I2), r Abstand der Moleküle.

Mit zunehmender Annäherung der Moleküle treten aufgrund der Durchdringung der Elektronenhüllen verstärkt abstoßende Wechselwirkungskräfte (Abstoßungskräfte) auf (Abstoßungsenergie). Die Gesamtwechselwirkungsenergie ergibt sich aus der Überlagerung von Anziehungs- und Abstoßungsbeiträgen und wird meist als Funktion des Abstandes in Form einer Potentialkurve dargestellt. Die bei der Wechselwirkung zwischen Molekülen auftretenden Anziehungs- und Abstoßungskräfte werden auch als zwischenmolekulare Kräfte bezeichnet. Sie sind auch für kolloide und makroskopische Teilchen von Bedeutung (Kolloide).

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
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Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
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Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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