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Lexikon der Geowissenschaften: Gerinneströmung

Gerinneströmung, Gerinneabfluß, Strömung in einem Gerinne. Je nach Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der lokalen Beschleunigung ∂v/∂t (v = Fließgeschwindigkeit, t = Zeit) wird zwischen instationärer und stationärer Strömung unterschieden. Ferner können bei jedem beliebigen Fließvorgang einerseits konvektiv beschleunigte oder verzögerte Strömungen auftreten (ungleichförmige Strömungen) und andererseits solche, bei denen die konvektive Beschleunigung Null wird (gleichförmige Strömung) ( Abb. 1 ). Die Bewegung einer Flüssigkeit kann als laminare oder turbulente Strömung vor sich gehen ( Abb. 2 ). Bei der laminaren Strömung bewegt sich jedes Wasserteilchen entlang eines speziellen Weges mit einer einheitlichen Geschwindigkeit. Zwischen benachbarten Stromlinien, Schichten oder fließenden Elementen findet kein Austausch (Diffusion) statt, d.h. es ist keine Turbulenz vorhanden. Die Energie, die für die Aufrechterhaltung des viskosen Fließens nötig ist, wird innerhalb der Flüssigkeit durch die innere Reibung in Wärme umgesetzt. Bei laminarer Strömung schwankt die Schubspannung τ gleichmäßig zwischen Null an der Oberfläche und einem Maximalwert an der Grenzfläche. Als Folge hiervon ergibt sich eine parabolische Abhängigkeit der Fließgeschwindigkeitv von der Wassertiefe h. In den Flußläufen sind meist Verwirbelungen größeren Umfangs vorhanden, so daß ein laminares Strömen nur in sehr langsam fließenden Flüssen angetroffen wird. Wenn die Fließgeschwindigkeit oder die Wassertiefe in einem Wasserlauf steigen, kann eine vorhandene laminare Strömung einen kritischen Wert erreichen und in turbulente Strömung übergehen. Der Übergang von der laminaren in die turbulente Strömung wird durch die Reynoldsche Zahl gekennzeichnet. Turbulenz verursacht kleine Geschwindigkeitsfluktuationen, die kohärent (in Wirbeln) und zufällig in alle Richtungen verteilt sind. Das Mittel dieser Geschwindigkeiten über einen längeren Zeitraum ist Null. Die Energieumsätze bei turbulentem Fließen sind hoch. Dies ist durch den ständigen Austausch finiter Massenelemente in der Flüssigkeit zwischen benachbarten Fließzonen bedingt. Der Widerstand gegen das Fließen steigt mit dem Quadrat der Fließgeschwindigkeit. Aus den genannten Gründen besteht bei turbulentem Fließen ein besonderer Zusammenhang zwischen Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit. Zunächst nimmt die Fließgeschwindigkeit mit zunehmender Wassertiefe nur langsam ab. In der Nähe der Gewässersohle erfolgt dann eine plötzlich einsetzende starke Abnahme ( Abb. 3 ). Weiterhin wird bei den Bewegungsarten zwischen Strömen und Schießen unterschieden. Beim Strömen verläuft die Fließbewegung ruhig, beim Schießen schneller und heftiger. Bei kleinen Wassertiefen mit kleiner potentieller Energie ist bei einer bestimmten Wasserführung die kinetische Energie groß, d.h. die Bewegung des Wassers erfolgt bei geringer Wassertiefe mit großer Fließgeschwindigkeit. Diese Bewegungsart wird daher als schießend bezeichnet. Ist dagegen bei gleicher Wasserführung die Wassertiefe groß und die Fließgeschwindigkeit klein, d.h. die potentielle Energie groß gegenüber der kinetischen Energie, erfolgt der Fließvorgang strömend. Ein Kriterium dafür, ob eine Strömung schießend oder strömend erfolgt, bildet die Froude-Zahl. Das Strömen oder Schießen des Wassers im Gerinne ist unabhängig von der laminaren oder turbulenten Strömungsform. Der Übergang vom Strömen zum Schießen (Grenztiefe) im Gerinne vollzieht sich stetig, der Übergang vom Schießen zum Strömen dagegen mit unstetigem Wasserspiegel, d.h. sprungartig (Wechselsprung). [HJL]


Gerinneströmung 1: Formen des Abflusses bei stationärer Gerinneströmung ∂v/∂t = 0 (gleichförmige Strömung) und instationärer Gerinneströmung (beschleunigte ∂v/∂t > 0 und verzögerte Strömung ∂v/∂t 0), mit J = Gefälle, Jw = Wasserspiegelgefälle, Js = Sohlgefälle. Gerinneströmung 1:

Gerinneströmung 2: schematische Darstellung der Fließwege benachbarter Wassermoleküle bei laminarer (a) und turbulenter (b) Strömung.

Gerinneströmung 3: Fließgeschwindigkeit v (vm = mittlere Fließgeschwindigkeit) in Abhängigkeit von der Wassertiefe h für laminare und turbulente Strömung.
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