Lexikon der Kartographie und Geomatik: Australische Kartographie
Australische Kartographie Obwohl davon auszugehen ist, dass bereits Portugiesen in der Mitte des 16. Jhs. den mit 7 Mio. km2 kleinsten Kontinent erreichten, wurde erst 1606 ein Küstenabschnitt Australiens nachweisbar kartographisch aufgenommen. Dies gelang Schiffen der Niederländischen Ostindien-Kompanie, die, von der Südküste Neuguineas kommend, in den Golf von Carpentaria im Norden Australiens hineinfuhren. Die Entdeckung blieb jedoch unbeachtet. Mehr zufällig gelangten erneut Niederländer eineinhalb Jahrzehnte später an die Westküste Australiens und begannen ab 1618 Küstenkarten herzustellen, ohne allerdings den Verlauf im Osten des Kontinents zu vervollständigen. Auf der Suche nach der "terra australis incognita", deren äußerste Ausläufer man glaubte gefunden zu haben, wurden weitere Gebiete u. a. durch A. J. Tasman (1644) und W. De Vlamingh (1696) aufgenommen. Aufgrund der Unwirtlichkeit des Gebietes verloren die Niederländer jedoch schon bald das Interesse an weiteren Expeditionen. Eine systematische Aufnahme erfolgte im Zuge der von J. Cook unternommenen Erkundungsfahrten. 1773 erschien die "Chart of part of the South Sea", die die Lage Australiens weitgehend vollständig dargestellte. Ende des 18. Jhs. bzw. in der ersten Hälfte des 19. Jhs. korrigierten und ergänzten der Brite Flinders und einige weitere Seefahrer die Ergebnisse, die bis zum Zweiten Weltkrieg die Basis für das "Australian Hydrographic Office" bildeten. Die Besiedlung Australiens durch die Briten setzte 1788 in der Nähe von J. Cooks erstem Landeplatz an der Ostküste des Kontinents ein.
Es dauerte bis 1813, ehe Siedler etwas weiter in das Landesinnere vordrangen. So erschienen erst in den 1820er vermehrt in den 1830er Jahren erste Darstellungen über das Kontinentinnere, so z. B. in "A Chart of part of the interior of New South Wales" von J. Oxley. In New South Wales wurden ab 1821 erste umfangreichere Triangulationen durchgeführt, um unkontrollierte Inbesitznahmen durch Farmer zu verhindern. Von großer Bedeutung war die "Map of Discoveries in Australia" von J. Arrowsmith, der in den folgenden Jahrzehnten auch zahlreiche Einzelkarten und Routenaufnahmen veröffentlichte und somit maßgeblich dazu beitrug, dass die Kartenherstellung bis zum Ende des 19. Jhs. im englischen Mutterland ihren Schwerpunkt hatte.
Der Goldboom führte in den 1850er Jahren zwar zu einer weiteren kartographischen Erschließung (zumeist Routenkarten zu den Goldfeldern sowie geologische Karten), eine flächendeckendere Aufnahme setzte jedoch erst ab 1860 ein, als die Siedlungskonsolidierung und der Ausbau der Infrastruktur geeignetes Kartenmaterial erforderten. Ende des 19. Jhs. waren auch wesentliche Züge Westaustraliens bekannt und in der "Map of Western Australia" (1897) des "Department of Lands and Surveys" dokumentiert. Erst in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte eine systematische kartographische Aufnahme ein, die die Erstellung großmaßstäbigerer Karten zum Ziel hatte. Die Durchführung lag dabei in der Hand der jeweiligen Einzelstaaten Australiens. Mit Hilfe von Luftbildaufnahmen wurden zunächst in Westaustralien erste Kartenblätter im Maßstab 1 : 63 360 (One Inch Map) hergestellt, anschließend in Victoria (ab 1925), New South Wales (ab 1937) und vom Northern Territory (ab 1943). Bis 1950 entstanden in jedem Staat zu Katasterzwecken jeweils eigene Einrichtungen (Geodetic Surveys). Triangulationsarbeiten konzentrierten sich vor allem auf dichter besiedelte Räume, während sie in den ariden Gebieten praktisch nicht stattfanden. Topographische Informationen wurden dabei nur sporadisch aufgenommen.
Erst im Zuge der Verteidigungsanstrengungen während des Zweiten Weltkrieges wurde die Notwendigkeit einer flächendeckenden topographischen Aufnahme offensichtlich. Die australische Regierung richtete dazu eine "Division of National Mapping (NATMAP)" ein. Neben weiteren für die Kartenherstellung wichtigen Institutionen, wie dem Militär, dem "Australian Survey Office" sowie den verschiedenen Kartenabteilungen der Einzelstaaten ist NATMAP das bedeutendste Mitglied des "National Mapping Council", das 1945 gegründet die Aufgabe hat, die kartographischen Aktivitäten landesweit zu forcieren und zu koordinieren. Wichtige Beschlüsse betrafen u. a. die geodätischen Grundlagen und die Herstellung einer Quarter-Inch-Map. So konnte die flächendeckende Befliegung sowie topographische Aufnahme des gesamten Kontinents in dem auf 1 : 250 000 umgestellten Maßstab abgeschlossen werden, an der neben dem NATMAP und dem Militär, auch private Unternehmen beteiligt waren. Allerdings standen nur sehr eingeschränkte Reliefangaben zur Verfügung. In unmittelbarem Anschluss wurde daher mit der Erstellung eines topographischen Kartenwerkes im Maßstab 1 : 100 000, "National Topographic Map Series" (NTMS), begonnen, das sich zunächst auf die Darstellung der Küstengebiete und Tasmaniens konzentrierte. Mitte der 80er Jahre stand es flächendeckend zur Verfügung (1602 Blätter). Aus diesen Karten sollte später auch eine neue Serie der 1 : 250 000 abgeleitet werden. Die Grundlage der NTMS bildete eine einheitlicher transversaler Mercatorentwurf auf der Grundlage des regionalen Australischen Geodätischen Datums (AGD). Inhaltlich zeichnete sie sich vor allem durch die Darstellung von 20m-Höhenlinien aus. Ergänzend wurde ab 1975 dann mit der Veröffentlichung von Karten im neuen Maßstab 1 : 250 000 begonnen, die nun mit umfangreicheren Höheninformationen (50-m-Höhenlinien) versehen waren. Parallel zu einer zivilen Ausgabe entstand ein militärisches Kartenwerk, das den Spezifikationen der "Joint Operations Graphic" (JOG) (vgl. Luftfahrtkarten) entsprach (541 Blätter). Ende der 1980er Jahre war die Herstellung bzw. Veröffentlichung dieser Maßstabsgruppe abgeschlossen.
Parallel erschienen seit dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche kleinmaßstäbige Darstellungen insbesondere in den Maßstäben 1 : 2,5 Mio., 1 : 5 Mio., 1 : 20 Mio. hauptsächlich als thematische Karten. So erarbeitete und veröffentlichte NATMAP 1977 bereits die zweite Auflage des "Atlas of Australian Resources", der Karten zu Klima, Böden, Rohstoffvorkommen u. a. enthielt. Auch die Erstellung der 49 Blätter der Internationalen Weltkarte (IWK) 1 : 1 Mio. konnte 1975 abgeschlossen werden.
Die Entwicklung größerer Kartenmaßstäbe, 1 : 50 000 (10-m-Höhenlinien) und 1 : 25 000 (5-m-Höhenlinien), beschränkte sich auf die dichter besiedelten Räume Australiens oder auf Gebiete, die von sonstigem besonderen Interesse sind. Die Herstellung dieser Maßstäbe lag in der Hand der einzelnen Staatsregierungen (bzw. dem Militär) und wurde verstärkt mit Beginn der 1980er Jahre vorangetrieben. Zudem wurden Kartenmaßstäbe von 1 : 10 000 und größer durch die einzelnen Bundestaaten projektiert.
Gleichzeitig begann die erste Implementierungsphase computergestützter Kartographieverfahren. Das "Royal Australian Survey Corps" hatte sich bereits Ende der 1960er Jahre mit den Einsatzmöglichkeiten der Computer-technologie beschäftigt. Der "Hydrographic Service of the Navy" führte das System "Autochart" ein. NATMAP entwickelte topographische Datenbanken für den Einsatz in Kartographie- und Geoinformationssystemen und leitete damit die Umstellung der Kartenherstellung auf die digitale Technik ein.
Heute steht ein breites Spektrum von Geodaten in digitaler Form zur Verfügung. Die dem "Commonwealth Department of Industry, Science and Resources" (DISR) eingegliederte "Australian Surveying and Land Information Group", AUSLIG, bietet entsprechend den gedruckten mittleren und kleinen Maßstäben (NATMAP-Kartenwerke) einen Geodatenkatalog (GEODATA) an, dessen Bestände für die Nutzung in Geoinformationssystemen entwickelt wurden. So wurde aus der konventionellen topographischen Karte 1 : 250 000 (NTMS) die vektorbasierte TOPO-250K abgeleitet. Sie wird heute als "TOPO-250K Series 2" in einer um mehrere Informationsschichten, z. B. Vegetation und Schutzgebiete, erweiterten Form auf CD-ROM angeboten.
Im Unterschied zur analogen Ausgabe basiert die TOPO-250K auf dem "Geocentric Datum of Australia 1994", das u. a. die Übernahme von globalen Koordinaten des Global Positioning System ermöglicht. Darüber hinaus wird von der AUSLIG eine rasterbasierte Version, GEODATA RASTER 250K angeboten. Die georeferenzierten und hochkomprimierten Geodaten decken den gesamten Kontinent ab und werden in zwei CD-ROM herausgegeben.
NATMAP wurde zum Produktnamen der (topographischen) Papierkarten 1 : 100 000, 1 : 250 000 und 1 : 1 Mio., die heute von der AUSLIG publiziert werden, die auch Geländemodelldaten, Rasterdaten, die VMAP Level 0, der "Gazetteer of Australia" u. a. Produkte anbietet. Weitere Aktivitäten des AUSLIG konzentrieren sich auf den Aufbau einer "Australian Spatial Data Infrastructure" (ASDI), wie dies auch in anderen Ländern (USA, Dänemark, Japan) zur Zeit geschieht. Ziel dieser landesweiten Initiative ist es, den Zugang zu hochwertigen Geodaten zu verbessern und trotz unterschiedlicher methodischer Erhebungsformen konsistente Datensätze anzubieten. Dabei findet eine enge Zusammenarbeit mit Neuseeland im sog. "Australia New Zealand Land Information Council" statt.
FDN
Literatur: [1] ASHBOLT, K. M. (1984): Cartography in Australia. In: International Yearbook of Cartography, Vol. XXIV, Bonn, 23-30. [2] BÖHME, R. (1989): Inventory of World Topographic Mapping, Vol.1, Barking, England.
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