Lexikon der Neurowissenschaft: Retinopathia pigmentosa
Retinopathia pigmentosa, fälschlicherweise auch als Retinitis pigmentosa bezeichnet, erbliche, langsam fortschreitende, beidseitige degenerative Erkrankung der Netzhaut mit Beteiligung des Pigmentepithels und meist auch der Aderhaut (tapetoretinale Degeneration). Sie kann Teil eines Syndroms darstellen, z.B. des Bassen-Kornzweig-Syndroms (Abetalipoproteinämie), des Laurence-Moon-Bardet-Biel-Syndroms oder des Usher-Syndroms. Nur selten ist sie toxisch bedingt (Phenothiazine, Chloroquin). 10% aller Erblindungen gehen auf eine Retinopathia pigmentosa zurück. Die Krankheit tritt überwiegend im mengenmäßig dominierenden Sehpigment Rhodopsin auf, das für das skotopische Sehen verantwortlich ist, und äußert sich dementsprechend durch Nachtblindheit, weiterhin durch Einschränkung des Sehfelds und ein optisch detektierbares Vordringen pigmentierten Gewebes (Name!) in visuelle Bereiche der Retina. Erbkrankheiten (Tab.).
Bei der Retinopathia pigmentosa sterben die Stäbchen nach und nach ab. Dadurch schränkt sich das Gesichtsfeld schleichend von den Rändern her ein, bis nur noch ein Tunnelblick übrig bleibt. Die Betroffenen können sich immer schlechter bei Dunkelheit orientieren und werden schließlich nachtblind (Nachtblindheit). Die molekularen Ursachen sind in stabil auftretenden (und vererbten) Punktmutationen im Rhodopsin-Gen begründet, die zum Austausch funktionell und strukturell essentieller Aminosäuren führen. Von besonderer Bedeutung ist der häufig auftretende Austausch speziell der Aminosäuren Prolin (Position 23 oder 347) und Glycin (Position 89 bzw. 106), die an diesen Positionen beide für die Ausbildung der 7-Helix-Membranstruktur des Rhodopsins notwendig sind. Im Laufe von mehreren Jahrzehnten fallen jedoch auch die genetisch gesunden Zapfen aus; völlige Erblindung ist die Folge. Neue Untersuchungen zeigten, daß nach dem Absterben der Stäbchen die sich ihnen anschließenden Bipolarzellen intakt bleiben. Sie suchen sich daraufhin neue Kommunikationspartner und verknüpfen sich mit Zapfen. Diese Verknüpfung hält zwar für einen längeren Zeitraum die Sehfähigkeit aufrecht, andererseits führt diese Verbindung nicht aufeinander abgestimmter Zellen zum allmählichen Absterben der Zapfen.
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