Lexikon der Optik: Gewebeoptik
Gewebeoptik, ein Teilgebiet der Optik, das sich mit der Lichtausbreitung und -absorption in biologischem Gewebe beschäftigt.
Die physikalisch relevante Größe ist hierbei die Intensität des Strahlungsfeldes in einem stochastischen Medium, das aus homogenen Teilvolumina zusammengesetzt gedacht wird. Innerhalb dieser Gebiete sind der Realteil des Brechungsindexes n, der Absorptionskoeffizient μa, der Streukoeffizient μs und die Streuphasenfunktion mit dem Anisotropiekoeffizienten g konstant. Die Fortsetzung an den Grenzflächen erfolgt über die Randbedingungen entsprechend den Fresnelschen Formeln. Zur Modellierung der Lichtausbreitung wird die Strahlungstransportgleichung Boltzmannschen Typs numerisch gelöst (exakte Ergebnisse mit Monte-Carlo-Simulationen oder Näherungen für μa
(1-g) μs mit der Diffusionsgleichung) oder es werden heuristische Betrachtungen (z.B. Kubelka-Munk-Gleichungen) vorgenommen. Das Ergebnis sind die räumliche und zeitliche Verteilung der Intensität sowie der absorbierten Energie und des dadurch induzierten Temperaturfeldes. In Abhängigkeit von der gewählten Methode können dabei die speziellen Laser-Applikatoren und Detektoren teilweise berücksichtigt werden. Die quantitativen Ergebnisse der Gewebeoptik sind Voraussetzung zur Evaluierung diagnostischer und therapeutischer Methoden in der Lasermedizin.
Für die Lasermedizin bedeutsam sind die folgenden Prozesse.
1) Laser-Gewebeabtragung. Hierunter versteht man die definierte Entfernung von Gewebevolumina aus dem Gewebeverband unter der Einwirkung von Laserstrahlung. Hierbei entstehen Wasserdampf, andere gasförmige Produkte, Aerosole und Gewebsfragmente. Die Laserstrahlung dringt entsprechend der effektiven optischen Eindringtiefe bei der benutzten Laserwellenlänge in das Gewebe ein und erhöht die Temperatur. Je nach Temperatur und Geschwindigkeit der Temperaturerhöhung laufen mehrere Prozesse teils gleichzeitig ab: Koagulation, Verdampfung, chemische Veränderung, Änderung der optischen, thermischen und mechanischen Eigenschaften, Auswurf von Material, Aufreißen, Dampfblasenbildung sowie Plasmabildung.
Das Auftreten der einzelnen Prozesse wird bestimmt durch die Strahldichte des Lasers, die Laserbestrahlungszeit (bei gepulsten Lasern die Pulsdauer) und die optische Eindringtiefe.
Das Erscheinungsbild des zurückbleibenden Gewebes nach der Abtragung läßt sich medizinisch relevant beurteilen anhand der thermisch veränderten Randzone. Diese hat eine typische Größe von mindestens der optischen Eindringtiefe und wird entsprechend der Bestrahlungszeit durch die Wärmeleitung noch vergrößert. Bei gepulsten Lasern kann die Pulsdauer so kurz gewählt werden, daß der Effekt der Wärmeleitung vernachlässigbar ist, und die Wellenlänge kann überdies so gewählt werden, daß die optische Eindringtiefe klein ist. Anstelle eines gepulsten Lasers kann auch ein kontinuierlich arbeitender Laser verwendet werden, dessen Strahl räumlich so schnell abgelenkt wird, daß an jedem Orte die Strahlung nur sehr kurze Zeit einwirkt. Man erreicht so, daß die thermisch veränderte Randzone deutlich kleiner ist als die Abtragungszone. In diesen Fällen wird die Abtragung als Laser-Gewebeablation bezeichnet, sonst als Laser-Gewebevaporisation. Letztere resultiert beim Arbeiten mit kontinuierlichen Lasern oder gepulsten Lasern mit langer Pulsdauer.
2) Laserinduzierte Gewebefluoreszenz. Einige körpereigene, humane Biomoleküle besitzen auf Grund ihrer elektronischen Struktur ausgeprägte Fluoreszenzbanden im sichtbaren Spektralbereich (NADH, Flavien, Porphyrine u.a.). Diese lassen sich bevorzugt mittels schmalbandiger Laser optisch anregen. Die Auswertung der Gewebefluoreszenz kann einerseits spektral erfolgen (Fluorimetrie), andererseits ist auch eine Untersuchung des Fluoreszenzabklingverhaltens möglich (Fluorometrie).
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