Klima: Angestammter Rhythmus
Früher Frühling, später Herbst und dazwischen angekurbeltes Wachstum - so lautet eine verbreitete Prognose für die Pflanzenwelt angesichts steigender Kohlendioxid-Gehalte in der Atmosphäre. Doch ausgerechnet die Wälder, jene erhofften Puffer der globalen Erwärmung, halten sich nicht an den Trend.
Früher war alles besser: Es gab mehr Schnee und richtige Sommer, Politiker mit Profil und süßere Erdbeeren – jedem fällt etwas dazu ein. Schnell ist aus ein paar Anekdoten ein Langzeittrend zusammengezimmert, der ungeprüft seinen Weg ins Binsenweisheitenheim findet.
Ein Graus für Wissenschaftler, die ihre Prognosen lieber auf eine solide, langfristige Datengrundlage stützen. Doch was lange währt, muss nicht so bleiben – und der Blick in die Zukunft daher ständig überprüft werden. Vor allem, wenn es sich um ein so löchriges Wissen des Geschehens handelt wie im Falle Klima.
Und so starben schon so manche früheren Vermutungen. Zu den umstrittensten dürfte gehören, welche Rolle Wälder im globalen Treibhaus spielen werden: Die großen Hoffnungsträger, die durch ihren vom vermehrten Kohlendioxid-Angebot angekurbelten Hunger der Erwärmung entgegenwirken sollten, werden inzwischen mit Sorge betrachtet, haben sie sich doch in einigen Studien gar als Treibhausquellen entpuppt. So hatten beispielsweise verschiedene Baumarten, die mit zusätzlichem CO2 angepustet wurden, zwar in den ersten Jahren tatsächlich kräftig an Biomasse zugelegt, sich dann aber wieder beruhigt und auf gewohntem Niveau weitergemacht. Zu kurz war hier der erste Blick gewesen, der falsche Hoffnungen genährt hatte.
Auch Scott Goetz vom Woods Hole Research Center und seine Kollegen demontieren das Bild vom rettenden Wald – indem sie demonstrieren, dass ein langfristiger Trend auch mal zu Ende ist. Die Forscher werteten Satellitendaten zur Fotosynthese-Aktivität in den borealen Regionen Nordamerikas aus, wo die unendliche Weite von Wäldern verschiedenster Sorte und baumloser Tundra bestimmt wird. Und siehe da: Kiefer und Co schlagen andere Wege ein als die Moos- und Flechtenverwandtschaft.
Ein seltsames, unerwartetes Bild, das dringend nach einer genaueren Analyse verlangte. Also sortierten Goetz und seine Mitarbeiter die Daten nach Vegetationstyp auseinander und stellten fest, dass nur in der Tundra eifrig immer mehr Biomasse produziert wurde. In den Nadelwäldern dagegen hatte es insgesamt über die ganzen 22 Jahre betrachtet keinen Zuwachs gegeben – die Schwankungen nach oben und unten glichen sich gegenseitig aus. Und das, obwohl doch beide die kletternden Temperaturen erfahren hatten.
Entsprechend zeigten auch nur die baumlosen Gebiete früheren Frühling: Die Pflanzen dort beginnen inzwischen zehn Tage zeitiger zu wachsen als noch Anfang der 1980er. Die Wälder hingegen blieben konsequent bei ihrem angestammten Rhythmus – insgesamt betrachtet. Im einzelnen handelt es sich um ein Mosaik aus Flächen mit überwiegend völlig zufälliger Wachstumsentwicklung sowie Gebieten mit eindeutigem Positiv- oder Negativtrend, die aber jeweils nur etwa sieben Prozent der Gesamtfläche ausmachten.
Macht Bäumen der Klimawandelt also gar nichts aus? Diese Schlussfolgerung wäre nun auch wieder zu kurz gegriffen – wie welche Faktoren im System Baum-Umwelt zusammenwirken, ist ähnlich komplex und unverstanden wie das Klima. Als Fazit bleibt daher nur: Die Ökosysteme des hohen Nordens verändern sich zum Teil dramatisch, aber jedes für sich – wer Tundra misst, darf nicht auf Taiga schließen.
Ein Graus für Wissenschaftler, die ihre Prognosen lieber auf eine solide, langfristige Datengrundlage stützen. Doch was lange währt, muss nicht so bleiben – und der Blick in die Zukunft daher ständig überprüft werden. Vor allem, wenn es sich um ein so löchriges Wissen des Geschehens handelt wie im Falle Klima.
Und so starben schon so manche früheren Vermutungen. Zu den umstrittensten dürfte gehören, welche Rolle Wälder im globalen Treibhaus spielen werden: Die großen Hoffnungsträger, die durch ihren vom vermehrten Kohlendioxid-Angebot angekurbelten Hunger der Erwärmung entgegenwirken sollten, werden inzwischen mit Sorge betrachtet, haben sie sich doch in einigen Studien gar als Treibhausquellen entpuppt. So hatten beispielsweise verschiedene Baumarten, die mit zusätzlichem CO2 angepustet wurden, zwar in den ersten Jahren tatsächlich kräftig an Biomasse zugelegt, sich dann aber wieder beruhigt und auf gewohntem Niveau weitergemacht. Zu kurz war hier der erste Blick gewesen, der falsche Hoffnungen genährt hatte.
Auch Scott Goetz vom Woods Hole Research Center und seine Kollegen demontieren das Bild vom rettenden Wald – indem sie demonstrieren, dass ein langfristiger Trend auch mal zu Ende ist. Die Forscher werteten Satellitendaten zur Fotosynthese-Aktivität in den borealen Regionen Nordamerikas aus, wo die unendliche Weite von Wäldern verschiedenster Sorte und baumloser Tundra bestimmt wird. Und siehe da: Kiefer und Co schlagen andere Wege ein als die Moos- und Flechtenverwandtschaft.
Von 1982 bis 1991 war die Fotosynthese-Aktivität für beide Vegetationsformen beständig gestiegen. Der Ausbruch des Pinatubo hatte dann eine kurze Abkühlung weltweit gebracht, die sich als Zäsur in den Daten deutlich abzeichnet. Danach kletterte die Fotosynthese-Aktivität wieder – aber nur bis 1997. Denn seltsamerweise fiel sie dann, trotz der weiter zu beobachtenden Erwärmung (1998 und 1999 gehörten zu den wärmsten Sommern des Jahrtausends in dieser Region), und stagnierte schließlich im Jahr 2003 bei Werten wie Mitte der 1980er Jahre.
Ein seltsames, unerwartetes Bild, das dringend nach einer genaueren Analyse verlangte. Also sortierten Goetz und seine Mitarbeiter die Daten nach Vegetationstyp auseinander und stellten fest, dass nur in der Tundra eifrig immer mehr Biomasse produziert wurde. In den Nadelwäldern dagegen hatte es insgesamt über die ganzen 22 Jahre betrachtet keinen Zuwachs gegeben – die Schwankungen nach oben und unten glichen sich gegenseitig aus. Und das, obwohl doch beide die kletternden Temperaturen erfahren hatten.
Entsprechend zeigten auch nur die baumlosen Gebiete früheren Frühling: Die Pflanzen dort beginnen inzwischen zehn Tage zeitiger zu wachsen als noch Anfang der 1980er. Die Wälder hingegen blieben konsequent bei ihrem angestammten Rhythmus – insgesamt betrachtet. Im einzelnen handelt es sich um ein Mosaik aus Flächen mit überwiegend völlig zufälliger Wachstumsentwicklung sowie Gebieten mit eindeutigem Positiv- oder Negativtrend, die aber jeweils nur etwa sieben Prozent der Gesamtfläche ausmachten.
Die Tundra also richtet sich nach dem Thermometer. Wonach aber richten sich die Wälder? Verschiedene Faktoren sind hier denkbar, von Nährstoffmangel über Trockenheitsstress bis hin zu Schädlingseinfluss, die sich alle schon als gewichtige Taktgeber in der Fotosynthese-Aktivität erwiesen haben. Ein Stellrädchen jedenfalls konnten die Forscher direkt ermitteln: Feuer. Denn sie hatten in ihrer Analyse zunächst nur Gebiete betrachtet, die von Waldbränden verschont geblieben waren. Als sie nun auch in abgebrannten Arealen die Fotosynthese-Aktivität betrachteten, entwickelte sich diese sehr viel häufiger rein zufällig als in den unbeeinflussten Gebieten. Das Feuer, so scheint es also, erstickt Trends schon im Keim. Und das wird mit der ebenfalls wachsenden Zahl der Waldbrände noch zunehmen.
Macht Bäumen der Klimawandelt also gar nichts aus? Diese Schlussfolgerung wäre nun auch wieder zu kurz gegriffen – wie welche Faktoren im System Baum-Umwelt zusammenwirken, ist ähnlich komplex und unverstanden wie das Klima. Als Fazit bleibt daher nur: Die Ökosysteme des hohen Nordens verändern sich zum Teil dramatisch, aber jedes für sich – wer Tundra misst, darf nicht auf Taiga schließen.
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