Direkt zum Inhalt

Genetik: Die Botschaft der Gene

In den Genen steht's geschrieben, was die Biene zum sozialen Insekt macht - und außerdem, wie sie schläft, Nektar sammelt und Duftstoffe wahrnimmt.
Eine Biene füttert Larven
Seit Urzeiten pflegt der Mensch eine besondere Beziehung zur Biene – schließlich produziert sie den begehrten Honig. Doch nicht nur die süße Leckerei macht das Insekt interessant, sondern auch seine soziale Lebensweise: Denn damit das Zusammenleben im äußerst komplexen Bienenstaat reibungslos funktioniert, braucht die Honigbiene einige besondere Eigenschaften.

So muss sie sich mit den anderen verständigen können – was sie über Tänze und Pheromone tut – und sie muss wissen, welche Aufgabe sie gerade zu übernehmen hat. Denn im Bienenstaat, in dem eine einzige Königin ganz alleine für die Nachkommenschaft sorgt, erledigen die Untertanen entsprechend ihrem Alter unterschiedliche Arbeiten: Die Jungbienen sind zunächst im Reinigungstrupp, bevor sie als Ammen die Fütterung der Larven übernehmen. Im stolzen Alter von drei Wochen schieben sie am Flugloch Wache und sammeln anschließend bis zum Ende ihres etwa sechswöchigen Lebens Pollen und Blütennektar für den Stock. Für diese Aufgabe brauchen sie außerdem ein gutes Orientierungs- und Erinnerungsvermögen.

Für diese für das soziale Leben unabdingbaren Eigenschaften fand nun das aus mehr als Hundert Wissenschaftlern zusammengesetzte Konsortium zur Entschlüsselung des Bienengenoms in den Genen der Honigbiene eine Erklärung. Die Honigbiene ist nach der Taufliege und der Anopheles-Mücke das dritte Insekt, dessen Genom entschlüsselt wurde.

Der Erbgutsatz des kleinen Honiglieferanten ist mit 67 Prozent besonders reich an Adenin und Thymin. In diesen adenin- und thyminreichen Bereichen befinden sich auch die funktionellen Gene.

Eine Biene füttert Larven | Für die Ernährung des Nachwuchses mit Gelee royale verfügen die Honigbienen über besonders zahlreiche Gene.
Diese haben sich teilweise ganz anders aus ihren Vorgängergenen weiterentwickelt als bei der Taufliege oder Mücke. So entstanden entsprechend dem hohen Bedarf für die Ernährung der Königin aus dem ursprünglichen Gen yellow neun Gene für die Produktion von Gelee royale. Auffällig reichlich vorhanden sind mit 170 Stück auch Gene für Duftrezeptoren – diese brauchen die Bienen dringend, um die Duftsignale zu verstehen, die während der Tänze abgegeben werden und um zu erkennen, zu welcher Kaste eine andere Biene gehört und ob sie überhaupt aus dem eigenen Staat stammt. Schließlich hat die Honigbiene für den Gebrauch von Nektar und Pollen extra neue Gene entwickelt.

Biene mit Larven | In der Sicherheit des Stocks können Bienen auf einige Gene verzichten.
Auf der anderen Seite kann die Honigproduzentin, dank ihres Lebens im Staatsverband, auf einige andere Gene verzichten. So hat sie weniger Gene als Fliege und Mücke für die Entgiftung sowie für kutikulabildende Proteine – vielleicht, weil sie im Stock weniger Gefahren ausgesetzt ist als im Freien lebende Insekten und daher mit weniger Verteidigungsmechanismen auskommt. Auch den Gensatz für Geschmacksrezeptoren hat sie reduziert – auf klägliche 10 Gene –, da sie als Larve von den Ammen ernährt wird. Von den im späteren Leben angesteuerten Blüten hat sie auch kaum Gifte zu befürchten, schließlich profitieren die Blumen ja vom Besuch der Biene. Weniger verständlich ist der Verzicht auf Gene für das Immunsystem, da die Bienen dicht beieinander leben und so die Gefahr einer Krankheitsübertragung hoch ist.

DNA ist aber nicht alles, was Genetiker heutzutage interessiert: Die Forscher entdeckten bei der Honigbiene auch neue mircoRNAs, die während der verschiedenen Entwicklungsstadien des Insekts unterschiedlich intensiv aktiv sind – offenbar spielen diese winzigen RNA-Stücke eine wichtige Rolle für den Wechsel zwischen den einzelnen Lebensstadien der Arbeiterinnen.

In mancher Hinsicht ist das soziale Insekt Biene übrigens weniger Sechsbeiner als man denken könnte, erkannten die Wissenschaftler. Ihr Paradebeispiel hierfür ist die innere Uhr: Die Gene, welche die circadiane Rhythmik der Biene regulieren, ähneln mehr denen von Säugetieren als denen der Taufliege.
  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.