Kritische Rohstoffe: Seltene Erden aus Elektronikschrott gerettet
Europium, Yttrium, Dysprosium und viele mehr: 17 Metalle zählen zu den so genannten seltenen Erden. Die meisten dieser exotisch klingenden Elemente haben ihren festen Platz in Technologien, die für Energiewende und Digitalisierung unabdingbar sind – sie finden sich in Windrädern, Autobatterien, Displays und etlichen weiteren Anwendungen. Es gibt jedoch ein Problem: Die Rohstoffe sind nur in wenigen Lagerstätten zu finden und von dort sehr aufwändig zu gewinnen, weshalb die EU sie als kritische Rohstoffe einstuft. Trotzdem werden derzeit weniger als ein Prozent der Seltenerdmetalle recycelt, denn die Verfahren sind aufwändig und teuer. Mit einer neuen Methode lässt sich zumindest Europium jetzt einfach und effizient aus Energiesparlampen wiedergewinnen, schreibt ein Forschungsteam um Marie Perrin von der ETH Zürich. In alten Leuchtstoffen ist das Element mit 230 Kilogramm pro Tonne rund 17-mal höher konzentriert als in natürlichen Erzen.
Unglücklicherweise ähneln die Seltenerdelemente einander chemisch sehr und sind daher schwer voneinander zu trennen. Kleine Unterschiede gibt es aber doch: So lässt sich Europium (Eu) leichter als die ihm verwandten Elemente chemisch reduzieren. Zwar bevorzugt es wie die Ionen der anderen seltenen Erden einen dreifach positiv geladenen Zustand, nimmt aber leichter als die übrigen ein Elektron auf und geht damit in die zweiwertige Form Eu2+ über.
Diesen Umstand nutzten die Züricher Fachleute aus. Als Quelle für die Rückgewinnung der Seltenerdelemente wählten sie ausgediente Energiesparlampen, die als Leuchtstoff Yttriumoxid (Y2O3:Eu3+) enthielten, das mit Europium dotiert war. Zunächst zermahlten sie die Lampenbirnen, extrahierten den Farbstoff und filterten alle restlichen Bestandteile ab. Nach dem Trocknen erhielten sie ein pulvriges Substrat, das im Wesentlichen den Leuchtstoff enthielt. Dieses Pulver gaben sie anschließend mit einer Tetrathiowolframat-Lösung zusammen. Tetrathiowolframat ist eine Verbindung, in der ein Wolframatom von vier Schwefelatomen umgeben ist ((WS4)2–). Ähnliche Thiometallate kommen in Kofaktoren verschiedener Enzyme vor und wirken dort an der Übertragung von Elektronen mit.
Genau das geschah auch in den Versuchen mit dem Leuchtstoff. Zunächst komplexierten mehrere Tetrathiowolframat-Ionen sowohl das dreiwertige Yttrium als auch das dreiwertige Europium. Während der Yttrium-Wolframat-Komplex allerdings als Y(WS4)33– in Lösung bleibt, werden die Eu3+-Ionen in den Komplexen zu Eu2+-Ionen reduziert. Die Europium-Komplexe bilden dann zusammen mit Lösungsmittelmolekülen schwer lösliche Verbindungen und fallen als Feststoff aus.
Bei dieser Prozedur gewann das Team zirka 99 Prozent des enthaltenen Europiums zurück. Weil die Trennung der Seltenerdmetalle in nur einem Schritt erfolgt, könnte sich die Methode als praktikabler erweisen als herkömmliche mehrstufige Extraktionen. Die Fachleute um Perrin wollen das Verfahren nun auf andere Seltenerdelemente ausweiten.
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