Lexikon der Biologie: Schwermetalle
Schwermetalle, Bezeichnung für Metalle, die in Elementform eine Dichte von über 4,5 g/cm3 aufweisen (darunter: Leichtmetalle). Manchmal wird als Grenzgröße auch der Wert von 5,0 g/cm3 oder sogar 6,0 g/cm3 genannt. Dann fallen Titan mit einer Dichte von 4,51 g/cm3 sowie das graue, metallische Selen mit einer Dichte von 4,8 g/cm3 aus der Kategorie der Schwermetalle heraus. Die höchste Dichte hat Osmium mit 22,57 g/cm3. Die Elemente können unter Normalbedingungen fest oder (im Falle von Quecksilber) flüssig sein. Zu den Schwermetallen (mit einer Dichte von über 4,5 g/cm3) gehören u.a. Antimon, Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Eisen, Gold, Kobalt, Kupfer, Mangan, Molybdän, Nickel, Platin, Quecksilber, Selen, Silber, Tantal, Thallium, Titan, Vanadium, Wismut (Bismut), Zink, Zinn und Zirkon. Die Schwermetalle liegen in Gesteinen, Sedimenten und Böden (Boden) chemisch als feste chemische Verbindungen vor, insbesondere als Oxide, Sulfide, Sulfate oder Carbonate, als Bestandteile von Silicaten (Kieselsäuren) oder zwischen den einzelnen Lagen der Tonminerale. Ein kleiner Teil ist jeweils im Bodenwasser (bzw. im See- oder Meerwasser) gelöst und teilweise anorganisch komplex gebunden. Ein weiterer Teil liegt organisch-komplex gebunden vor. In Böden und Gesteinen herrscht im allgemeinen ein Gemenge vor, das man bei lokal besonders hoher Schwermetallkonzentration als Erzgang oder Lagerstätte bezeichnet. Nur wenige Schwermetalle kommen natürlicherweise in elementarer (gediegener) Form vor oder sind als solche beständig. Hierzu zählen in erster Linie die Edelmetalle (Gold, Silber, Quecksilber, Rhenium und die Platingruppe). Selten können unter bestimmten Bedingungen einige andere Vertreter in der Natur gediegen auftreten (Arsen, Wismut, Kupfer, Nickel, Antimon). – Die Abtrennung bestimmter Metalle als „Schwermetalle“ ist aus der Sicht der Biologie (und der Toxikologie) willkürlich, da die Masse der reinen Elementform bei chemischen Interaktionen (die meist in Ionenform erfolgen) praktisch ohne Bedeutung ist. Ihre biologische Bedeutung als Spurenstoffe (und die toxikologische Bedeutung als potentielle Schadstoffe bei hohen Konzentrationen) entwickeln die Schwermetalle praktisch nur in Form ihrer Ionen und Verbindungen. Als generell essentielle Schwermetalle für wohl alle Organismen (essentielle Nahrungsbestandteile) gelten Eisen, Mangan, Molybdän, Kupfer und Zink. Sie übernehmen als Bestandteile von Proteinen oder prosthetischen Gruppenvon Proteinen eine zentrale Bedeutung (z.B. Eisen im Hämoglobin). Viele Schwermetallionen reagieren mit SH-Gruppen. Hieraus erklären sich zum einen gewisse denaturierende Wirkungen (Denaturierung) auf Proteine, aber auch die Bindungsfähigkeit essentieller Schwermetalle an Proteine (z.B. an Metallothioneine). Bestimmte funktionelle Gruppen mit reaktivem Wasserstoff in den Proteinen, wie –OH, –NH2, –COOH, können durch Schwermetallsalze blockiert werden. Obwohl diese Effekte auf zellulärer und subzellulärer Ebene in vitro leicht demonstrierbar sind, sind sie jedoch nicht geeignet, die große Vielfalt und Heterogenität der am intakten Organismus beobachteten toxikologischen Krankheitsbilder befriedigend zu erklären. Studium und Verständnis der toxischen Schwermetallwirkung werden durch die Tatsache erschwert, daß viele Vertreter einerseits essentielle Biometalle (Bioelemente, Mikronährstoffe) sind, andererseits schon bei relativ leicht überhöhter Zufuhr schädlich wirken. Lebenswichtige Schwermetalle können unter bestimmten Umständen sogar karzinogen (cancerogen) wirken, speziell in Staubform. Ein gewisses Verständnis für die unterschiedliche Wirkung der verschiedenen Schwermetalle kann ihr koordinationschemisches Verhalten bieten, d.h. die Unterscheidung in A-Kationen, B-Kationen und Übergangsmetallkationen (Kation, Metalle). – Natürliche Belastungen durch Schwermetalle treten u.a. in Gebieten ultrabasischer Böden auf, über Erzabraumhalden sowie in anthropogen belasteten Ökosystemen (Schwermetallböden). In vielen Gewässern Europas sind die in der Mitte und im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts beobachteten hohen Schwermetallkonzentrationen zurückgegangen (z.B. in den alten Bundesländern Deutschlands bereits in den 1970er Jahren, in den neuen Bundesländern verstärkt um 1990). Neben direktem Schwermetalleintrag in den Untergrund können pH-Erniedrigungen (pH-Wert) als Folge sauren Regens zu erhöhten Konzentrationen verfügbarer Schwermetalle in Böden und Gewässern führen (vor allem in Urgesteinsregionen; Bodenreaktion, Gewässerversauerung). Abbau, Abgase, Abwasser, Akkumulierung, Anreicherungsfaktor, Bioindikatoren, Chalkophyten, Fischgifte, Giftpilze, Goldschmidt (H.), Metalloproteine, Metallvergiftungen, Nahrungskette, Neurotoxine, Ökotoxikologie, Schwermetallresistenz, Wasserverschmutzung.
B.St.
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