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Lexikon der Biologie: Stammzellen

Stammzellen, undifferenzierte Zellen, welche die Fähigkeit besitzen, sich selbst zu erneuern und über ein enormes Entwicklungspotential verfügen. Aufgrund dieser Eigenschaften gehören sie zu den vielversprechendsten Forschungsobjekten der biomedizinischen Forschung (Biomedizin) und nähren die Hoffnung, eines Tages Gewebe bzw. ganze Organe regenerieren zu können (Stammzelltherapie). Sie zeichnen sich durch einen inäqualen Teilungsmodus (asymmetrische Teilung, inäquale Teilung) aus, d.h., eine Tochterzelle bleibt eine differenzierte Zelle, die andere Tochterzelle wird wieder zu einer Stammzelle. Je nach Herkunft werden embryonale Stammzellen (ES-Zellen; aus dem Embryo) und adulte Stammzellen (aus Erwachsenen) unterschieden. ES-Zellen werden aus der inneren Zellmasse des Blastocysten-Stadiums eines Säugetier- oder eines menschlichen Embryos (etwa 3 bis 4 Tage nach der Befruchtung; Blastocyste) gewonnen. Sie können sich unbegrenzt teilen und sich theoretisch zu jedem Zelltyp der über 200 Gewebearten des Menschen entwickeln (Pluripotenz). Z.B. können aus ES-Zellen der Maus durch Zugabe bestimmter Wachstumsfaktoren verschiedenste Zelltypen wie Blutzellen, Nervenzellen und Herzmuskelzellen (Herzmuskulatur) differenzieren. Erste Übertragungsversuche in erkrankte Organe von Tieren waren erfolgreich. Adulte Stammzellen wurden in bisher 20 Geweben des Menschen entdeckt. Ihre Aufgabe ist es, für die entsprechenden Gewebe Ersatzzellen zu bilden. Im Vergleich zu embryonalen Stammzellen galten sie bisher als begrenzt teilungs- und entwicklungsfähig: es wurde angenommen, daß adulte Stammzellen eines bestimmten Gewebes keine Zelltypen eines anderen Gewebes bilden können. Es mehren sich aber Ergebnisse, nach denen das Entwicklungspotential adulter Stammzellen unterschätzt wurde. Z.B. differenzieren sich die im roten Knochenmark befindenden pluripotenten Stammzellen im Lauf des Lebens zu neuen Blutzellen (Erythrocyten, Thrombocyten oder Leukocyten; Blutbildung ). Verpflanzt man sie jedoch ins Gehirn, wandern sie dort umher und entwickeln sich schließlich zu funktionsfähigen Nervenzellen ( vgl. Infobox ). Auch in die Blutbahn injizierte Knochenmarkszellen wandern in verschiedene Regionen des Gehirns ein (bisher gefunden u.a. in Bulbus olfactorius [Riechkolben], Corpus striatum, Großhirnrinde, Hippocampus, Hypothalamus und Kleinhirn) und entwickeln sich zu funktionsfähigen Nervenzellen und integrieren sich in das vorhandene Gewebe. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Zellen aus einem ausgewachsenen Organismus stammen, was neue Möglichkeiten der Therapie neurodegenerativer Krankheiten erschließen könnte. – Hämatopoetische Stammzellen werden bereits bei der Behandlung von Krebs eingesetzt. Dem Patienten werden die Stammzellen aus dem Blut oder dem Knochenmark entnommen und konserviert. Nach einer Chemotherapie oder Strahlentherapie werden sie dem Patienten wieder zugeführt und führen zu einer schnellen Regeneration des blutbildenden Systems (blutbildende Organe). Ob Stammzellen aber grundsätzlich zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden können, hängt im wesentlichen davon ab, ob sie gezielt zu gewünschten Geweben differenziert werden können. Bisher läßt sich eine solche Differenzierung nur bedingt steuern. Ethische Konflikte (Bioethik) treten im Zusammenhang mit der Stammzellforschung bei der Gewinnung embryonaler Stammzellen aus den Blastocysten auf, da der Tod des Embryos in Kauf genommen werden muß (therapeutisches Klonen, vgl. Abb. ). In Deutschland ist die Gewinnung embryonaler Stammzellen verboten, deren Einfuhr aber unter bestimmten Bedingungen (Embryonenschutzgesetz) erlaubt. Blutbildung, CFC, Embryonenforschung, Klonierung, Nabelschnurblut, SCF.

J.Ir.



Stammzellen

Embryonale Stammzellen und therapeutisches Klonen.
Das therapeutische Klonen (therapeutische Klonierung) dient der Gewinnung von Ersatzgeweben mit günstigen antigenen Eigenschaften (Gewebezüchtung). Bei diesem Verfahren werden Embryonen eigens dafür hergestellt, um ihnen nach einer kurzen Wachstumsphase embryonale Stammzellen zu entnehmen. Anschließend werden die Embryonen zerstört. Beim therapeutischen Klonen kommt dasselbe Verfahren (Kerntransplantation) zur Anwendung, dem das Klonschaf Dolly (1997–2003) seine Existenz verdankte: der Zellkerntransfer (Schema vgl. Abb.). Dem Patienten wird zunächst eine Körperzelle entnommen und daraus der Zellkern isoliert. Dieser wird anschließend in eine gespendete Eizelle geschleust, deren Zellkern zuvor entfernt wurde. Die neue Umgebung bewirkt, daß der Zellkern des Patienten in den embryonalen Zustand zurückversetzt wird. Die Entwicklung beginnt also von neuem. Aus dem etwa 5 Tage alten Embryo – er befindet sich dann im sog. Blastocysten-Stadium – werden die embryonalen Stammzellen geerntet. – Die Gewinnung von Stammzellen durch das therapeutische Klonen hat gegenüber der Verwendung von Stammzellen aus überzähligen oder aus abgetriebenen Embryonen einen gewichtigen Vorteil: Die aus den Zellen hervorgehenden Gewebe sind mit denen des Patienten genetisch identisch und sollten deshalb nach der Transplantation nicht abgestoßen werden. Ob dies tatsächlich der Fall ist, gilt zur Zeit allerdings als noch nicht gesichert. In den USA ist das therapeutische Klonen erlaubt, sofern es mit privaten Mitteln finanziert wird. Und im Januar 2001 hat das britische Oberhaus das Klonen menschlicher Embryonen für therapeutische Zwecke freigegeben. Bei diesem umstrittenen Verfahren besteht die Gefahr, daß die Transplantate, da sie ursprünglich aus erwachsenen Zellen erzeugt wurden, schneller altern (Altern) als gewöhnlich. Außerdem gilt es abzuklären, ob die transplantierten Zellen sich in kontrollierter Manier teilen.

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