Lexikon der Biologie: Blüte
Blüte, Flos (Plural Flores), ein Kurzsproß mit begrenztem Wachstum, der die Sporophylle trägt. Mit dieser Kurzbeschreibung der vergleichenden Morphologie ist ausgesagt, daß die Blüte einem Kurzsproß gleichgesetzt wird, daß die sporenbildenden Organe Blätter (Sporophylle) sind, die der geschlechtlichen Fortpflanzung (sexuelle Fortpflanzung) dienen und für diese Aufgabe einen teilweise tiefgreifenden Gestaltwandel (Metamorphose) erfahren haben, und daß die Blütenachse eine gestauchte Sproßachse ist, deren Scheitelmeristem (Apikalmeristem) sich bei der Blütenbildung aufbraucht. Die Blüten sind für die Samenpflanzen (Bedecktsamer, Nacktsamer) so charakteristisch, daß man sie früher auch als Blütenpflanzen (Anthophyta) bezeichnet hat. Jedoch besitzen viele Vertreter der Bärlappe und Schachtelhalme Sporophyllstände, die der Definition der Blüte durchaus genügen. Die Bezeichnung Anthophyta wird daher nicht mehr angewendet.
Angiospermen-Blüte: Die Blüte der Bedecktsamer (Angiospermen) kann als die typische Blüte schlechthin angesehen werden ( ü Blüte ). Sie gliedert sich in der vollständigen Ausbildung in die folgenden, stets in dieser Reihenfolge an der Blütenachse angeordneten Teilbereiche: Blütenhülle (Perianth), Staubblätter (Mikrosporophylle;Staubblatt) und Fruchtblätter (Megasporophylle;Fruchtblatt). Im typischen Fall ist die Blütenhülle in einen grünblättrigen, mehr der Schutzfunktion dienenden Blütenkelch (Calyx) und in eine häufig auffällig gefärbte Blütenkrone (Corolle) unterteilt. Dadurch wird zugleich der für die Angiospermen charakteristische Bezug zu einem Bestäuber (Bestäubung) der Blüten angesprochen. Diese Beziehung zu einem tierischen Bestäuber (Zoogamie) legt auch die Annahme nahe, daß schon die ersten Angiospermen eine Zwitterblüte (monokline Blüte;Androgynie) oder besser eine Staubblattfruchtblattblüte(staminokarpellate Blüte) besaßen, obwohl sie primär windblütig (Anemogamie) waren. Sie wurden aber von Insekten besucht (Entomogamie), die als Pollenfresser diese Blüten (Pollenblumen) zum Nahrungserwerb aufsuchten und dabei auch unfreiwillig Pollen auf weitere Blüten übertrugen. Aus dieser räuberischen Beziehung hat sich dann die Insektenbestäubung nur sicher bei Zwitterblüten entwickeln können. Denn reine Fruchtblattblüten ohne Staubblätter und Pollen wären nur wenig anziehend und ihre Bestäubung durch Insekten sehr unsicher gewesen. – Einen Hinweis auf das Aussehen der ersten insektenbestäubten Angiospermen-Blüten geben die Magnoliengewächse(Magnoliaceae) und ihre Verwandten (Magnolienartige, Magnoliales). Obwohl sie als rezente Organismen Endglieder einer Phylogenie sind, besitzen sie noch viele ursprüngliche Merkmale. Nur treten diese Merkmale nicht gehäuft bei bestimmten Arten auf, sondern finden sich verstreut bei den verschiedenen Arten, Gattungen und Familien dieser Pflanzenordnung. Danach waren die ursprünglichen Angiospermen-Blüten recht groß, wie heute noch bei einigen Magnolien ( ü vgl. Abb. ). Die einzelnen Blütenorgane waren an einer mehr oder weniger langgestreckten Blütenachse spiralig angeordnet, und zwar folgten auf eine noch nicht deutlich in Kelch und Krone differenzierte Blütenhülle die Staubblätter und dann die Fruchtblätter. Ihre Anzahl war zudem noch unbestimmt, d. h., sie wechselte von Blüte zu Blüte innerhalb derselben Art. Von dieser ursprünglichen Zapfenblüte (Strobilus;Zapfen) hat sich die Gestalt der verschiedenen Angiospermen-Blüten außerordentlich vielfältig abgewandelt und weiterentwickelt. Zunächst wurden die Blütenachse verkürzt und die Blütenteile in Wirteln angeordnet. Es entstehen 1 Kelchblattkreis, 1–2 Kronblattkreise, 1–2 (3) Staubblattkreise und 1 Fruchtblattkreis ( ü vgl. Abb. ). Die ersten Ansätze in diese Entwicklungsrichtung zeigen noch heute einige Arten aus der Gattung Magnolia, bei denen das Perianth wirtelig, Staub- und Fruchtblätter aber noch spiralig ansetzen. Mit der Anordnung zur zyklischen Stellung der Blütenteile erfolgt eine Verminderung (Oligomerisation) und Festlegung ihrer Anzahl. Bei der Anwendung von Blütenformeln zur Beschreibung der Blütenverhältnisse bei den einzelnen Angiospermengruppen kommt dieser Sachverhalt sehr schön zum Ausdruck. Die zyklische Blüte ist meist noch nicht auf bestimmte Bestäuber unter den Insekten spezialisiert. In der großen Vielfalt der Blütengestalt bei den Angiospermen spiegelt sich dann aber eine wechselseitige Coevolution von "tierblütigen" Pflanzenarten und den dazu passenden "Blumentieren" wider (Bestäubungsökologie). Die Beziehung zwischen Blüte und Bestäuber wird teilweise sehr speziell ausgebaut. Daneben kommt es häufiger zur Wiederanpassung an den Wind und zur Anpassung an das Wasser (Hydrogamie) als bestäubende Medien. – In der komplexen und mannigfaltigen Entwicklung sind folgende Trends festzustellen: 1) die Ausbildung hoch und höchst spezialisierter Einzelblüten; aus radiärsymmetrischen (aktinomorphen) Blüten (aktinomorph) werden den dorsiventral gebauten Blütenbesuchern angepaßte zygomorphe Blüten ( ü vgl. Abb. ) mit nur einer Symmetrieebene entwickelt; damit einher gehen eine zunehmende Verwachsung der Teile innerhalb der einzelnen Blütenkreise und eine weitere Verminderung der Anzahl von Staub- und Fruchtblättern ( ü vgl. Abb. ); 2) eine Verkleinerung der Einzelblüten mit gleichzeitiger Vermehrung ihrer Zahl an den Sproßenden; es kommt zur Ausbildung dichter Blütenstände mit "Blumenwirkung" (Entstehung von Pseudanthien; Pseudanthium); 3) eine Wiederanpassung an die Windbestäubung; es entstehen kleine, unscheinbare Blüten mit zurückgebildeter Blütenhülle, die meist nur staubblatt- oder fruchtblatttragend sind (dikline Blüten;eingeschlechtig) und meist in kurzen und dichten Blütenständen beisammenstehen (z. B. Kätzchen).
Die einzelnen Blütenteile. Blütenachse: Abgesehen von einigen ursprünglichen Blüten mit gestreckter Blütenachse (Receptaculum) sind die Internodien (Internodium) der Blütenachse in der Regel so gestaucht, daß sie einen Blütenboden bilden und die einzelnen Blütenabschnitte auf gleicher Höhe und in Wirteln stehen ( ü Blüte ). Gelegentlich kann der Blütenboden scheibenförmig verbreitert sein, häufiger wird er aber dabei schüssel-, ja becher- bis sogar röhrenförmig vertieft, so daß die freien oder verwachsenen Fruchtblätter im Blütenbecher (Hypanthium) eingesenkt sind. Die Fruchtblätter können dann dabei frei bleiben, aber auch mit dem Blütenbecher verwachsen. Die Kelch-, Kron- und Staubblätter erscheinen dagegen vom Becherrand emporgehoben. Diese Einsenkung der Fruchtblätter und der Grad der Verwachsung mit dem Blütenbecher sind wichtige Merkmale für die Systematik. Man unterscheidet heute entsprechend dem Grad der Verwachsung von Fruchtknoten und Blütenbecher oberständige, mittelständige und unterständigeFruchtknoten oder Gynözeen (Gynözeum). Man findet allerdings in der Literatur auch eine andere Definition für "mittelständig". Danach ist ein Fruchtknoten mittelständig, wenn er nicht mit der becherförmigen Blütenachse verwachsen ist. Die Begriffe epigyn, perigyn und hypogyn beschreiben dagegen die relative Lage der übrigen Blütenteile zur Lage des Fruchtknotens ( ü vgl. Abb. ). Weitere Umbildungen der Blütenachse sind sekundäre Streckungen zwischen Staubblatt- und Fruchtblattkreis (Gynophor;Fruchtträger) oder zwischen Kronblatt- und Staubblattkreis (Androgynophor). Auch werden nektarproduzierende (Nektar) Ausgliederungen der Blütenachse beobachtet, so als Nektarien oder als umfangreiche ringförmige Diskusbildungen (sich vorwölbende flache Wulstbildungen; Diskus) zwischen den verschiedenen Blütenabschnitten (z. B. bei Arten des Ahorns; Ahorngewächse). In einigen Fällen wird die Blütenachse fleischig und beteiligt sich am Aufbau der Frucht (Fruchtbildung).
Blütenhülle: Bei der Angiospermen-Blüte kann man hauptsächlich vier Ausbildungsformen der Blütenhülle (Perianth) unterscheiden ( ü vgl. Infobox ): 1) Die Blütenhülle besteht aus mehr oder weniger gleichartigen Hüllblättern (Perigonblätter oder Tepalen;Perigon), die ursprünglich in mehreren Schraubumgängen, abgeleitet in 2 Kreisen an der Achse angeordnet sind. Diese Blüte wird homoiochlamydeisch genannt. 2) Die Blütenhülle besteht aus 2 ungleichartig gestalteten Hüllblattkreisen, der äußere aus meist grünen Kelchblättern (Sepalen) und der innere aus meist lebhaft gefärbten Kronblättern (Petalen). Dieses doppelte Perianth aus Kelch (Calyx) und Krone (Corolle) heißt heterochlamydeisch. 3) Es gibt nur einen Kreis an Hüllblättern (einfaches Perigon). Dieses Perianth ist durch Reduktion entstanden und wird haplochlamydeisch oder monochlamydeisch genannt. 4) Durch Reduktion aller Hüllblätter fällt die Blütenhülle in Anpassung an eine Windbestäubung aus. Solche Blüten heißen apochlamydeisch (früher achlamydeisch). Die homoiochlamydeische Blütenhülle ist sicherlich aus Hochblättern entstanden, wie es z. B. bei der Nieswurz noch zu beobachten ist. Die doppelte oder heterochlamydeische Blütenhülle ist zum einen durch Differenzierung innerhalb eines mehrfachen Perigons entstanden (einige Magnoliengewächse), zum anderen hat sie sich viel häufiger durch Umwandlung von Staubblättern in Kronblätter (Andropetalen) entwickelt, wie viele Hahnenfußgewächse und Seerosengewächse zeigen. Mono- und apochlamydeische Blütenhüllen sind Reduktionen in Anpassung an die Windbestäubung; denn eine Blütenhülle ist ohne Blütenbesucher nutzlos und zur Pollenausschüttung bzw. zum Polleneinfang sogar hinderlich. Die bei den Angiospermen häufig anzutreffenden Verwachsungen im Perianthbereich sind Spezialisierungen im Dienst der Tierbestäubung und zum Schutz der Fortpflanzungsorgane. Man unterscheidet syntepale Blütenhüllen, wenn Perigonblätter miteinander verwachsen (z. B. Maiglöckchen), synpetale Blütenhüllen, wenn die Blütenkronblätter (z. B. Lippenblütler), und synsepale Blütenhüllen, wenn die Kelchblätter verwachsen sind (z. B. Nelkengewächse).
Staubblätter: Die Staubblätter entsprechen den Mikrosporophyllen. Alle in einer Blüte vorhandenen Staubblätter oder Staubgefäße werden zusammen als Andrözeum bezeichnet. Ursprünglich sind zahlreiche, an der Blütenachse spiralig angeordnete Staubblätter (primäre Polyandrie). Im Zusammenhang mit dem Übergang zur Wirtelstellung und im Zuge einer Oligomerisation bei stärker abgeleiteten Blüten wird ihre Zahl reduziert. In der Regel findet man 2 Wirtel (Diplostemonie), seltener auch nur 1 Wirtel (Haplostemonie) an Staubblättern. Neben diesem allgemein zu beobachtenden Reduktionstrend zeigen einige Pflanzengruppen eine Vermehrung der Staubblattanzahl (sekundäre Polyandrie). Dabei werden aber die Staubblattanlagen nicht wieder zahlreicher am Vegetationspunkt (Vegetationskegel) angelegt, sondern die größere Zahl wird durch meristematische Vergrößerung und anschließende Aufspaltung der Staubblattanlagen erreicht, so daß anstelle von einem Staubblatt nun eine Gruppe von Staubblättern entsteht (Dédoublement; ü vgl. Abb. ). Ein Staubblatt (Stamen) besteht im typischen Fall aus einem Staubfaden (Filament) und dem Staubbeutel (Anthere), der sich wiederum in 2 Theken (Theka) mit je 2 Pollensäcken und das Konnektiv, ein steriles, mit dem Staubfaden verbundenes Mittelstück, gliedert ( ü vgl. Abb. ). Jeder Pollensack besitzt in seinem Innern ein pollenbildendes Gewebe, das Archespor. Es ist von 4 Gewebsschichten umgeben. Um das Archespor liegt das Tapetum, das zur Ernährung der Pollenkörner (Pollen) dient und teilweise an der Ausbildung des Exospors beteiligt ist. Es folgen 1 bis mehrere Zwischenschichten, dann eine Faserschicht, deren Zellen in ihren Zellwänden Verdickungsleisten in spezifischer Anordnung haben. Dadurch können sie über den Kohäsionsmechanismus (Kohäsionsmechanismen) die Pollensäcke an den vorgebildeten Öffnungsstellen aufreißen. Außen schützt eine Epidermis den Gewebskomplex. Die aus dem Archespor gebildeten Pollenmutterzellen (Mikrosporenmutterzellen) teilen sich meiotisch in 4 Pollenkörner (Mikrosporen). Deren Wandung besteht in der Reife aus einer zarten Intine, die auch zur Pollenschlauchwandung auswächst, und der sehr widerstandsfähigen äußeren Exine, die in ihrem komplexen Feinbau für die Systematik sehr bedeutend ist. – Die Staubblätter sind häufiger im Filamentbereich untereinander verwachsen, bei sympetalen Blüten (Sympetalie) gelegentlich sogar mit der Krone. Öfters sind Staubblätter zu sterilen Staminodien (Staminodium) reduziert, die wiederum ganz ausfallen können oder aber durch Funktionswechsel zu Nektarien umgebildet werden oder sogar in kronblattartiger Ausgestaltung der optischen Anlockung dienen.
Fruchtblätter: Die Fruchtblätter (Karpelle) entsprechen den Megasporophyllen und werden in ihrer Gesamtheit innerhalb einer Blüte als Gynözeum bezeichnet. Eine große Anzahl und eine schraubige Anordnung sind auch bei ihnen ursprüngliche Merkmale. Wie bei den Staubblättern kommt es auch bei ihnen zur Oligomerisation und wirteligen Anordnung. Die Verminderung der Anzahl kann bis zu einem einzigen einsamigen Fruchtblatt pro Blüte gehen. Die Verwachsung der ursprünglich freien Fruchtblätter zu einem einheitlichen Stempel (Pistill) ist eine weitere Entwicklungstendenz. Man unterscheidet daher ein chorikarpes Gynözeum (chorikarp), das aus freien Fruchtblättern besteht, von einem coenokarpen Gynözeum (coenokarp) mit verwachsenen Fruchtblättern ( ü vgl. Abb. ). Darüber hinaus können chori- und coenokarpe Gynözeen mit der becherförmigen Blütenachse verwachsen sein. Die Fruchtblätter bilden bei den Angiospermen immer ein die Samenanlagen einschließendes Gehäuse, indem ihre Ränder ventralwärts eingekrümmt sind und miteinander verwachsen. Bei einigen coenokarpen Fruchtknoten sind die einzelnen Fruchtblätter auch direkt mit ihren Rändern untereinander verwachsen. In der Regel gliedert sich das freie Fruchtblatt ( ü vgl. Abb. ) in 2 Abschnitte, in den Fruchtknoten (Ovar) und in den stielartigen Griffel (Stylus) mit der Narbe (Stigma). Im Innenraum des Fruchtknotens, dem basalen Abschnitt, entstehen an Placenten (Placenta) die Samenanlagen. Der stielartige Griffelabschnitt bleibt steril und trägt als Empfangsstelle für Pollenkörner eine meist papillöse oder drüsig klebrige Narbe. In seinem lockeren Innengewebe ernährt er die wachsenden Pollenschläuche. Der aus mehreren miteinander verwachsenen Fruchtblättern bestehende Stempel (Pistill) gliedert sich ebenfalls in einen fertigen Basalabschnitt, den Fruchtknoten, und je nach Verwachsungsgrad in 1 bis mehrere Griffel mit Narben. Die Art der Verwachsung der Fruchtblätter und die Stellung der Placenten mit den Samenanlagen sind recht verschieden ( ü vgl. Abb. ). Für die Systematik sind diese Merkmale sehr bedeutend. – Die Samenanlagen sitzen mit einem kleinen Stiel, dem Funiculus, auf der Placenta. Über ein Leitbündel im Funiculus werden sie mit Nährstoffen versorgt. Im Längsschnitt ( Bedecktsamer I ) beobachtet man bei ihnen einen festen Gewebekern, den Nucellus, der von 2 (selten 1) Integumenten eingeschlossen ist. Der Grund der Samenanlage, von dem Nucellus und Integumente entspringen, wird Chalaza genannt. Die Integumente sind auf der von der Chalaza abgewandten Seite von einer kleinen Öffnung unterbrochen, der Mikropyle. Durch diese Mikropyle dringt der Pollenschlauch zum Eiapparat (Befruchtung) vor. Je nach Stellung am Funiculus unterscheidet man aufrechte (atrope) Samenanlagen, umgewendete (anatrope) Samenanlagen und querliegend-gekrümmte (campylotrope) Samenanlagen ( ü vgl. Abb. ). – Im Nucellus entwickelt sich aus dem stark reduzierten Archespor die Embryosackmutterzelle (Megasporenmutterzelle;Embryosack). Der Nucellus entspricht also dem Megasporangium. Nach der Meiose entstehen 4 Embryosackzellen (Megasporen oder Makrosporen), von denen 3 zugrunde gehen. Der Kern der 4. Embryosackzelle teilt sich 3mal hintereinander mitotisch (Mitose). Von den so entstandenen 8 Kernen wandern je 3 zu den schmalen Enden des vergrößerten Embryosacks und umgeben sich dort mit Plasma und Membranen. Die 3 Zellen gegenüber der Mikropyle bilden zusätzlich eine feste Zellwand aus. Man bezeichnet sie als Antipoden. Die 3 der Mikropyle genäherten Zellen bilden den Eiapparat. Von ihnen wird die größte und tiefer in den Embryosack hineinreichende zur Eizelle, die beiden anderen zu Synergiden (Hilfszellen). Die beiden restlichen Kerne grenzen sich nicht ab, verschmelzen aber zum sog. sekundären Embryosackkern (Embryosack). Der weibliche Gametophyt, der reife Embryosack, ist also siebenzellig mit einer diploiden Zelle (Bedecktsamer, Generationswechsel). Nach erfolgter Befruchtung geht die Blüte zur Samenreife über; sie wird zur Frucht.
Blütentypen: Besonders im Zusammenhang mit der sekundären Windblütigkeit werden die "Zwitterblüten" oder vollständigen (monoklinen) Blüten zu "eingeschlechtigen" oder unvollständigen (diklinen) Blüten abgewandelt. Die Blüten sind dann nur staubblatttragend (staminat) oder nur fruchtblatttragend (karpellat) bzw. stempeltragend (pistillat). Je nach Vorkommen beider Blütentypen auf einem Individuum oder getrennt auf verschiedenen Individuen einer Pflanzenart bezeichnet man die Pflanzenart als monözisch (einhäusig;Monözie) bzw. diözisch (zweihäusig;Diözie) ( ü vgl. Abb. ).
Gymnospermen-Blüte: Bei den Nacktsamern (Gymnospermen) gibt es keinen klar erkennbaren Grundtyp der Blüte wie bei den Angiospermen. Neuere Fossilfunde und ihre vergleichenden Untersuchungen haben gezeigt, daß die Gymnospermen zwei phylogenetisch nicht sehr verwandte Gruppen darstellen, die sich schon seit dem Karbon oder sogar seit dem Oberdevon (Devon) unabhängig voneinander entwickelt haben: die Cycadophytina mit den Palmfarnen (Cycadales) und verwandten Klassen, aus denen sich auch die Angiospermen entwickelt haben, und die Coniferophytina mit den Nadelhölzern und verwandten Gruppen. Aus diesem Grund, und weil sich innerhalb der Stammesgeschichte der Gymnospermen die Blüte entwickelt hat, sollen hier nur die Blüte der Nadelhölzer und hierbei wiederum besonders die Blüten der Kiefer beschrieben werden (Farbtafel Nacktsamer). Für (fast) alle Gymnospermen gilt aber, daß die Blüten "getrenntgeschlechtlich" sind (Getrenntgeschlechtigkeit) und die Samenanlagen vom Megasporophyll nicht eingeschlossen werden, sondern zur Blütezeit offen liegen, so daß der vom Wind übertragene Pollen direkt zu ihnen gelangen kann ("Nacktsamer"). Die "getrenntgeschlechtlichen", monoklinen Blüten können ein- oder zweihäusig verteilt sein. – Die staminaten Blüten der Nadelhölzer sind Zapfenblüten (Zapfen), d. h., die Staubblätter stehen an ihren Blütenachsen in dichten Spiralen zusammen. Das Staubblatt selber ist dorsiventral gebaut, da die beiden Pollensäcke sich auf der Blattunterseite befinden. Die staminaten Blüten besitzen auch sterile Hüll- oder Schuppenblätter. Sie können einzeln oder in lockeren Verbänden zusammenstehen. Die karpellaten Blüten stehen im Zapfen zusammen und sind mit den Samenschuppen der Coniferenzapfen identisch (Farbtafel Nadelhölzer). Diese Tatsache wurde erst durch die vergleichenden Untersuchungen an den nur fossil bekannten Voltziales belegt. Danach ist die Samenschuppe der Nadelhölzer durch Verwachsung sowohl steriler als auch fertiler Schuppenblätter entstanden und entspricht damit einer Blüte. Der Samenzapfen ist demnach ein mehr oder weniger reichblütiger Blütenstand, der in schraubiger Anordnung Tragblätter (Deckschuppe) und in deren Achseln die Samenschuppen als reduzierte Blüten trägt. Zur Blütezeit liegen die Samenanlagen offen an der Basis der Samenschuppen. Die Mikropyle scheidet einen Flüssigkeitstropfen zum Einfangen der Pollenkörner aus. Innerhalb der Samenanlagen entwickelt sich aus der Embryosackzelle ein vielzelliger Embryosack (Megagametophyt) mit mehreren reduzierten, aber noch erkennbaren Archegonien (Archegonium). Im Stadium der Samenreifung wird aus dem Samenzapfen ein "Fruchtzapfen", d. h., die Samenschuppe und der ganze Zapfen erfahren sehr ähnliche Veränderungen, wie sie bei der Fruchtbildung der Angiospermen zu beobachten sind, doch bildet sich keine echte Frucht. Zur Samenreife aber weichen die bis dahin eng aneinanderliegenden und verklebten "Fruchtschuppen" durch Streckung der Zapfenachse auseinander und entlassen den Samen.
Blüten der Bärlappe und Schachtelhalme: Schon bei den Bärlappen und Schachtelhalmen beobachtet man primitive Blüten ( ü vgl. Abb. ). Es handelt sich in der Mehrzahl um Sporophyllstände, die zur Blütezeit Isosporen entlassen, welche zu freilebenden, unauffälligen und thallös organisierten Gametophyten auswachsen. Diese Gametophyten bilden in Geschlechtsorganen (Antheridien und Archegonien) die Spermazellen und Eizellen. Nur bei einigen rezenten Vertretern der Bärlappe gibt es "Zwitterblüten", d. h. Mikro- und Megasporophylle stehen in einer Zapfenblüte beisammen. Doch entlassen auch sie die Megasporen zur Blütezeit. Bei fossilen karbonischen Bärlappen hatte sich diese Blütenentwicklung bis zu einer der Samenbildung der Spermatophyten analogen "Samenbildung" fortgesetzt. Mit der Entlassung der Sporen haben die primitiven Blüten der Bärlappe und Schachtelhalme ihre Aufgabe erfüllt. Es gibt kein Analogon zur Fruchtbildung. Blühen (Tab.), Blühgene, Blumenuhr (Tab.), Blütenbewegungen, Blütendiagramm, Blütenduft, Blütenfarbstoffe, Blütenformel, Blütenmale, Blütennahrung, Blütenstand, Blütensyndrom, Musterbildung bei Pflanzen; Ä BESTÄUBUNG I
Ä BESTÄUBUNG II
H.L.
Lit.: Endress, P.K., Friis, E.M. (eds.): Early evolution of flowers. Wien 1994. Hess, D.: Die Blüte. Stuttgart 21991. Weberling, F.: Morphologie der Blüten und Blütenstände. Stuttgart 1981.
Blüte Stellung des Fruchtknotens: Bezugssystem I: Nach der fortschreitenden Verwachsung mit der Blütenachse ist der Fruchtknoten: 1 und 2 oberständig (nicht verwachsen), 3 mittelständig (zum Teil verwachsen), 4 unterständig (voll verwachsen). Bezugssystem II: Nach der relativen Lage der übrigen Blütenorgane zur Lage des Fruchtknotens ist die Blüte: 1 hypogyn, 2 und 3 perigyn, 4 epigyn. |
Blüte Dédoublement: Sekundäre Vermehrung der Staubblätter zu Staubblattbündeln aus wenigen (5) Anlagen durch mehrfache Spaltung (Dédoublement). Beispiel: Johanniskraut (Hypericum). Verlauf der Vermehrung von innen nach außen (zentrifugales Dédoublement). Diese sekundäre Polyandrie (Besitz von zahlreichen Staubblättern) ist von der primären Polyandrie, z. B. der Magnolien, klar zu trennen. |
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Asperula cynanchica (Hügel-Meister) | 2–3 | ||
Muscari botryoides (Kleine Träubelhyazinthe) | 4 | ||
Ribes uva-crispa (Stachelbeere) | 8–10 | ||
Convallaria majalis (Maiglöckchen) | 9 | ||
Syringa vulgaris (Gemeiner Flieder) | 12 | ||
Cyclamen europaeum (Europäisches Alpenveilchen) | 15 | ||
Primula elatior (Hohe Schlüsselblume) | 15–17 20–25 | Länge Kronröhre Durchmesser geöffnete Blüte | |
Digitalis grandiflora (Großblütiger Fingerhut) | 25 | ||
Pyrus communis (Birnbaum) | 25–30 | Kulturpflanze | |
Aquilegia vulgaris (Gewöhnliche Akelei) | 30–40 | ||
Rosa canina (Hecken-Rose) | 40 | ||
Lilium martagon (Türkenbund-Lilie) | 40–50 | ||
Iris pseudacorus (Gelbe Schwertlilie) | 50–70 | ||
Colchicum autumnale (Herbstzeitlose) | 50–80 bis 200 | Durchmesser geöffnete Blüte Länge Kronröhre | |
Papaver rhoeas (Klatsch-Mohn) | 60–70 | ||
Passiflora caerulea (Blaue Passionsblume) | 70–100 | Argentinien, Brasilien, Paraguay | |
Cucurbita pepo (Garten-Kürbis) | 100–120 | karpellate Blüte | |
Nymphaea alba (Weiße Seerose) | 120–140 | ||
Papaver somniferum (Schlaf-Mohn) | 160–180 | Kulturpflanze | |
Magnolia grandiflora (Großblütige Magnolie) | 200–250 | Süden der USA | |
Aristolochia grandiflora (Pfeifenblume) | 300 | Antillen | |
Victoria amazonica | 300–400 | Amazonasgebiet | |
Rafflesia arnoldii (Riesen-Rafflesie) | 1000 | größte Blüte, Sumatra | |
Amorphophallus titanum (Titanenwurz) | 2000 | größter Blütenstand, Sumatra |
Blüte Formen des Gynözeums und Stellung der Samenanlagen bei den Angiospermen (Querschnitte durch den Fruchtknotenbereich): 1. Bezugssystem: Gynözeum nach dem Verwachsungstyp der Fruchtblätter a. Gynözeum chorikarp (apokarp), mit freien Fruchtblättern (1) b. Gynözeum coenokarp (synkarp i. w. S.), mit verwachsenen Fruchtblättern (2, 3, 4, 5) aa. Gynözeum synkarp i. e. S. (eusynkarp), Fruchtknoten durch echte Scheidewände gegliedert (2) bb. Gynözeum parakarp, Fruchtknoten nicht oder allenfalls durch nachträgliche ("falsche") Scheidewände gegliedert (3, 4, 5) 2. Bezugssystem: Lage der Samenanlage am einzelnen Fruchtblatt a. Samenanlagen randständig (marginal) (1, 2, 3) b. Samenanlagen flächenständig (laminal) (4) 3. Bezugssystem: Lage der Samenanlage im gesamten coenokarpen Fruchtknoten a. Samenanlagen mittelständig (zentral), entweder zentralwinkelständig (mit Scheidewänden) (2) oder zentral (ohne Scheidewände) (5) b. Samenanlagen wandständig (parietal) (3, 4) |
Blüte Fruchtblatt, Fruchtknoten und Stempel: 1 Fruchtblatt (Karpell): mit fertilem Hauptabschnitt im unteren Bereich (Fruchtknoten, Ovar), mit stielartigem Endabschnitt (Griffel, Stylus) und Narbe (Stigma). Beispiel: Blasenstrauch (Colutea). 2 Stempel (Pistill): aus verwachsenen Fruchtblättern bestehendes Gynözeum mit dem die Samenanlagen enthaltenden basalen Teil (Fruchtknoten, Ovar), dem Griffel und der (den) Narbe(n). Beispiel: Tabak (Nicotiana) |
Blüte Samenanlage der Angiospermen: 1 atrop, 2 anatrop, 3 campylotrop 1. diploide Teile Samenanlage (Ovulum) = Megasporangium (Makrosporangium), mit Stiel (Funiculus), Basalregion (Chalaza), Gewebekern (Nucellus) und 1–2 Hüllen (Integumente), zwischen ihnen die Mikropyle 2. haploide Teile Embryosack, aus der Embryosackmutterzelle (diploid) hervorgegangen, = Megaspore (Makrospore); der Embryosack "keimt" und wird zum weiblichen Prothallium (Mega- oder Makroprothallium) |
Blüte Blütentypen: 1 "Zwitterblüten", vollständige (monokline) Blüten (Staubblatt-Fruchtblatt-Blüten, staminokarpellate Blüten, Staubblatt-Stempel-Blüten, staminopistillate Blüten): Blüten mit Staubblättern (Andrözeum) und Fruchtblättern (Gynözeum) 2 "eingeschlechtige" Blüten, unvollständige (dikline) Blüten, entweder nur mit Staubblättern (Andrözeum): staminate Blüten, oder nur mit Fruchtblättern bzw. Stempel: karpellate oder pistillate Blüten; dabei beide Blütentypen auf einer Pflanze: einhäusig oder monözisch (2a), oder getrennt auf verschiedenen Pflanzen: zweihäusig oder diözisch (2b) |
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