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Lexikon der Chemie: Vanadium

Vanadium, Symbol V, chem. Element aus der V. Nebengruppe des Periodensystems, Schwermetall; Z 23, Massenzahlen der natürlichen Isotope 51 (99,76 %), 50 (0,24 %, schwach radioaktiv, Halbwertszeit 6·1015 Jahre), Atommasse 50,9414, Wertigkeit V, IV, III, II, seltener auch I, 0, -I, D. 6,092 g cm-3, F. 1919 °C, Kp. 3400 °C, elektrische Leitfähigkeit 5,02 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (V/V3+) -0,876 V. V. ist nach dem Beinamen Vanadis der germanischen Göttin Freyja benannt.

Eigenschaften. V. ist in reinem Zustand ein hellweißes, duktiles, hämmer- und walzbares Metall, das durch ein kubisch-raumzentriertes Gitter gekennzeichnet ist. Infolge Passivierung wird kompaktes V. durch nichtoxidierende Säuren außer Flußsäure sowie durch Alkalien bei Raumtemperatur nicht angegriffen. Dagegen löst es sich in oxidierenden Säuren, z. B. Salpetersäure und konz. Schwefelsäure. Durch Sauerstoff wird V. oberhalb 660 °C zu Vanadium(V)-oxid oxidiert, während Chlor bei erhöhter Temperatur Vanadium(IV)-chlorid liefert. Mit Nichtmetallen, z. B. Kohlenstoff und Stickstoff, reagiert V. bei Weißglut unter Bildung von Vanadiumcarbid VC bzw. Vanadiumnitrid VII. Mit Metallen, z. B. mit Eisen, Nickel, Kupfer, Cobalt, Aluminium oder Zinn, bildet V. leicht Legierungen.

V. ist ein biologisch bedeutsames Spurenelement, das im Säugetierorganismus besondere Beziehungen zum Fettstoffwechsel aufweist, im Blutfarbstoff einiger Meeresbewohner als Hämovanadium auftritt und die Stickstoffbindung durch Bakterien begünstigt.

In höherer Konzentration sind Vanadiumverbindungen für den Menschen stark toxisch. Dauereinwirkung führt zu chronischen Vergiftungen, hohe Dosen wirken lähmend auf das Atemzentrum.

Analytisches. Charakteristisch für V. ist die mit Ammoniumsulfid in wäßriger Lösung erfolgende Bildung von braun- bis rotgefärbtem Tetrathiovanadat(V) [VS4]3-, das durch Säurezusatz in Vanadium(V)-sulfid V2S5 übergeführt werden kann. Mit Wasserstoffperoxid reagiert Vanadiumsäure zu rotbraunem Peroxovanadat(V) [V(O2)4]3-. Zum Nachweis der V. werden auch organische Reagenzien, z. B. Oxime, Kupferron, 1,10-Phenanthrolin oder N-Benzoyl-N-phenylhydroxylamin, eingesetzt. Zur quantitativen Bestimmung wird V. nach Reduktion mit schwefliger Säure manganometrisch titriert.

Vorkommen. V. ist am Aufbau der Erdkruste mit 9,0·10-3 %. beteiligt. Es ist damit ein relativ häufiges Element, tritt jedoch ähnlich Titan diffus auf, während typische Vanadiumerze selten sind. Von technischer Bedeutung sind vor allem die Vorkommen in Eisenerzen, Bauxit und Phosphaten. Wichtige Vanadiumminerale sind: Vanadinit Pb5(VO4)Cl3, Patronit V2S5, Roscoelith (Vanadiumglimmer) K(Al,V)2[AlSi3O10] · (OH,F)2 und Carnotit KUO2VO4 * 11/2 H2O. Auch Granite, Tone und Kohlen sowie Erdöl können V. enthalten. In einigen Erdölsorten finden sich mengenmäßig nicht unbedeutende V.-Vorkommen in tetrapyrrolligandkomplexierter Form. Der Vanadiumgehalt der Böden beträgt etwa 200 ppm, während Pflanzen etwa 1 ppm V. in der Trockensubstanz aufweisen.

Gewinnung. Neben Vanadiumerzen werden auch andere vanadiumhaltige Rohstoffe, z. B. Eisen- und Chromerze, Phosphate und Erdölaschen, genutzt. Vanadiumerze, wie Patronit, Carnotit oder Roscoelith, werden unter Kochsalzzusatz geröstet, wobei V. in wasserlösliches Natriummetavanadat übergeführt wird. Bei der Aufarbeitung vanadiumhaltiger Eisenerze geht V. in das Roheisen über und kann hieraus durch abgestufte Frischprozesse in die Schlacke übergeführt werden. Eine oxidierende Röstung dieser Schlacken unter Zusatz von Kochsalz, Glaubersalz, Soda oder Ätznatron führt dann ebenfalls zur Bildung von Natriummetavanadat. Dieses wird aus den nach o. a. Verfahren gewonnenen Zwischenprodukten ausgelaugt und durch Schwefelsäurezusatz als Vanadiumsäure gefällt oder durch Ammonsalzzugabe in Ammoniummetavanadat übergeführt. Die Umwandlung dieser Vanadium(V)-Verbindungen in Vanadium(V)-oxid V2O5 erfolgt dann auf thermischem Wege. V2O5 wird alumothermisch reduziert. Man erhält dabei intermediär eine Vanadium-Aluminium-Legierung, aus der man Aluminium im Vakuum bei 1700 °C abdestilliert. Ein stark genutzter Alternativweg setzt als Reduktionsmittel Calcium bei 950 °C ein: V2O5 + 5 Ca → 2 V + 5 CaO. Zur Hochreinigung von V. kann das Aufwachsverfahren angewandt werden. Die Hauptmenge des gegenwärtig erzeugten V. wird als Ferrovanadium gewonnen.

Verwendung. Vor allem wird V. in Form von Ferrovanadium als Legierungszusatz für Stähle eingesetzt. V. ist ferner Bestandteil von Hochtemperaturlegierungen. Aufgrund seines geringen Neutroneneinfangsquerschnitts ist reines V. als Hüllwerkstoff für Kernbrennstäbe geeignet. Vanadiumverbindungen werden in der heterogenen Katalyse als Sauerstoffüberträger z. B. bei der SO2-Oxidation oder der Naphthalenoxidation und in der homogenen Katalyse als Katalysatorkomponenten bei der Niederdruckethenpolymerisation verwendet.

  • Die Autoren
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Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
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Fachkoordination:
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Redaktion:
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