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Kompaktlexikon der Biologie: Cephalopoda

Cephalopoda, Kopffüßer, Tintenschnecken, Tintenfische, zu den Schalenweichtieren (Conchifera) gehörende Gruppe mit etwa 750 ausschließlich im Meer lebenden Arten. Kopf und Arme bilden einen Komplex, das Cephalopodium, das der Fortbewegung und dem Beutefang dient. Um die Mundöffnung befinden sich ein oder zwei Kränze muskulöser Arme, und aus dem Fuß ist außerdem eine rohrförmige Verbindung zwischen Mantelhöhle und Außenmedium, der Trichter, hervorgegangen. Er steht im Dienste der nach dem Rückstoßprinzip erfolgenden Fortbewegung und erlaubt durch seine Beweglichkeit vielseitiges Manövrieren. Die Arme sind oft stark differenziert mit unterschiedlichen Funktionen. Auf der Mundseite der Arme befinden sich bei den Coleoida Saugnäpfe, bei den Decabrachia sind zwei Arme als Fangarme spezialisiert. Bei den Männchen ist ein Arm (manchmal auch zwei) als Begattungsorgan (Hectocotylus) umgestaltet. Der Eingeweidesack ist im Verhältnis zum Körper groß. Ein äußeres Gehäuse kommt nur bei Nautilus vor, bei den Coleoida ist die Schale entweder weitgehend oder ganz reduziert oder ins Körperinnere verlagert. Der Mantel ist bei Nautilus ein dünner Hautmantel, bei den guten Schwimmern unter den Coleoida ein kräftiger Muskelmantel. In die Cutis sind pigmenthaltige Chromatophoren und das Licht reflektierende, weil Guaninkristalle enthaltende, Iridocyten eingebettet. Ihr Zusammenspiel ermöglicht die außerordentlich vielfältigen und schnellen Farbwechsel der C., die „Stimmungen“ des Tieres ausdrücken. Außerdem enthält die Haut vieler C. Leuchtorgane, deren Anordnung und Farbe arttypisch ist.

Das Nervensystem der C. ist das leistungsfähigste unter den Mollusca. Ihre Hauptganglien sind zu einem „Gehirn“ verschmolzen (bei Octobrachia am höchsten entwickelt) und durch eine knorpelige Kapsel geschützt. Besonders reich nerval versorgt sind die Arme (jeder Saugnapf hat ein eigenes Ganglion) und die Mantelmuskulatur. Decabrachia besitzen ein System aus Riesenfasern zur schnellen Erregungsleitung. An Sinnesorganen sind vor allem die Augen, insbesondere die Linsenaugen (Auge) der Coleoida sowie mechanische Sinnesorgane hoch entwickelt; Nautilus hingegen hat Lochkamera-Augen. Mechano- und Chemorezeptoren liegen besonders konzentriert an den Rändern der Saugnäpfe.

Der Darmtrakt ist U-förmig und besteht aus Ösophagus, Vormagen, Magen mit anhängenden Mitteldarmdrüsen, Caecum, Intestinum, Rektum und Anus. In der Mundhöhle befinden sich papageischnabelähnliche Kiefer und eine gut entwickelte Radula, die die Beute, die ganz verschlungen wird, in den Ösophagus transportiert. Viele C. können große Beute auch extraintestinal verdauen. Bei den Coleoida mündet der Ausführungsgang der Tintendrüse ins Rektum. Ihr Sekret (Tinte, Sepia) enthält Melaningrana in einer farblosen Flüssigkeit, die bei Gefahr ausgestoßen wird und den Angreifer ablenkt, bei einigen Arten sogar vorübergehend lähmt.

Der Kreislauf ist ebenfalls äußerst leistungsfähig und fast oder ganz geschlossen. Entsprechend der Zahl der Kiemen haben die Nautiloida vier Atrien, die Coleoida zwei. Die Herzkammer enthält Klappen, die ein Zurückströmen des Blutes verhindern. Das arterielle Herz wird durch venöse Kiemenherzen sowie kontraktile Gefäße in Armen und Mantel unterstützt. Respiratorischer Farbstoff ist Hämocyanin, das in Hämolymphe gelöst ist. Die Exkretspeicherung und -abgabe geschieht durch mehrere Organe, die darüber gleichzeitig die Osmoregulation bewerkstelligen. Alle C. sind ammonotelisch. Exkretionsorgane sind Nierensäcke, die durch bewimperte Renoperikardialgänge mit dem Herzbeutel verbunden sind. Der Primärharn wird in Anhängen der Kiemenherzen gebildet, aber darüber hinaus sind auch Kiemen, Renoperikardialgänge und weitere Coelomräume an Exkretion und Osmoregulation beteiligt.

C. sind getrenntgeschlechtlich, oft mit deutlichem Sexualdimorphismus. Bei der Paarung überträgt das Männchen mit dem Hectocotylus die Spermatophore in die Mantelhöhle des Weibchens. Die Entwicklung ist bislang nur für die Coleoida bekannt. Aus dotterarmen Eiern entwickelt sich ein planktisches Larvenstadium, aus dotterreichen Eiern entsteht ein benthisches Jugendstadium, das ein Schlüpfkleid und arttypisch angeordnete Chromatophoren besitzt.

Die C. sind fossil seit dem Kambrium bekannt. Bereits die ältesten C. hatten eine gekammerte Schale. Die weitere Entwicklung erfolgte vermutlich über zwei Hauptlinien: Die Palcephalopoda führen zu den Nautiloida und die Neocephalopoda unter Abzweigung der Ammonoidea und Belemnitida zu den Coleoida. Rezent werden zwei Gruppen unterschieden: Die Nautiloida (Tetrabranchiata, Perlbootartige) besitzen vier Kiemen und eine äußere gekammerte Schale. Einzige Gattung ist Nautilus. Bei den zweikiemigen Coleoida (Dibranchiata) ist die Schale ins Körperinnere verlagert. Zu ihnen gehören die Decabrachia und die Octobrachia.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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