Lexikon der Biologie: Abfall
Abfall, umgangssprachlich Müll, früher auch Kehricht genannt, Rückstände, die bei Förderung und Aufbereitung von Rohstoffen, bei Fertigung, Aufbereitung oder Verbrauch von Gütern entstehen, sowie unverwertbare, kontaminierte oder verschmutzte Stoffe und Gegenstände, deren sich der Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muß (vgl. Abb.). Kriterien für die Entledigungspflicht sind der Schutz der Gesundheit und die Bewahrung der Umwelt. Man unterscheidet ( vgl. Tab. ) Haushaltabfall, Sperrabfall, haushaltabfallähnlichen Gewerbeabfall, Industrieabfall, Bauschutt, Baustellenabfall, Erdaushub, Sonderabfall (Problemstoffe). Zum Abfall gehören nicht: radioaktive Stoffe (Radioaktivität), Sprengstoffe, Abwasser, Tierkörper sowie Fäkalien und sonstige in der Landwirtschaft verwertbare Stoffe. Das deutsche Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrWAbfG) von 1994 stellt erstmals auch verwertbare Stoffe (früher: Wertstoffe, Altstoffe, Sekundärrohstoffe) unter den Begriff Abfall, also Papier, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfall (Grüngut, Speisereste). Es unterscheidet diese "Abfälle zur Verwertung" von den (unverwertbaren) "Abfällen zur Beseitigung". Abfallverwertung hat Vorrang vor Abfallbeseitigung – es sei denn, diese sei besser umweltverträglich. Stoffliche wird von energetischer Verwertung unterschieden; Vorrang hat hier die besser umweltverträgliche Verwertungsart. Die juristischen Abgrenzungen von Abfall zur Verwertung und Abfall zur Beseitigung sowie der Verwertungs- und Beseitigungsverfahren sind umstritten. – Die Zusammensetzung des Abfalls aus Haushalten hat im 20. Jahrhundert stark gewechselt. Bis in die 50er Jahre dominierten mineralische Anteile: Asche, Staub, Steine, Scherben; organisches Material fehlte weitgehend, da es kompostiert (Kompost) oder verfüttert wurde. Metall und Textilien wurden von wandernden Händlern ("Schrottsammler", "Lumpensammler") auf Handwagen oder auf Lkw gesammelt. Nahezu alle Glasflaschen waren mit Pfand belegt, Holz und Papier wurden verbrannt, es gab nur wenige Kunststoffprodukte (Kunststoffe). Seit den 60er Jahren lösten Supermärkte die Kleinläden ab, die Warenverteilung wurde zentralisiert, längere Haltbarkeit der Waren und bessere Transporteigenschaften waren erwünscht, die Hygienevorschriften wurden verschärft, weshalb immer mehr Waren verpackt angeboten wurden. Die Palette verpackter Produkte wurde stark erweitert (z. B. Milchprodukte, Körperpflegemittel, Haushaltswaren, Unterhaltungselektronik). Der Konsum insgesamt und dabei die Menge von Einwegverpackungen und Einmalprodukten stiegen; der Mehrfachgebrauch und die Verwertung im Haushalt (Verbrennen, Kompostieren) wurden weitgehend aufgegeben. Ende der 80er Jahre wurde der "Müllberg" zu einem Politikum. Einerseits ging der verfügbare Deponieraum (Deponie) zur Neige, andererseits regte sich an möglichen Standorten für Entsorgungsanlagen (z. B. Deponien, Müllverbrennungsanlagen, Sortieranlagen, Kompostwerke) Widerstand in der Bevölkerung. Um den "Abfall zur Beseitigung" zu verringern, wurden regelmäßige getrennte Sammlungen für den "Abfall zur Verwertung" eingeführt, zunächst Glascontainer und Papiercontainer. 1991 wurden Hersteller und Vertreiber von Verpackungen durch die Verpackungsverordnung zur Rücknahme und Verwertung (Recycling; Abfallverwertung) ihrer Verpackungen verpflichtet. Industrie und Handel reagierten darauf mit der Gründung des "Dualen Systems". Mitte der 90er Jahre wurde in vielen Regionen flächendeckend die Sammlung biologischer Abfälle mit der "Biotonne" eingeführt. Weitere Verordnungen zur getrennten Sammlung bestimmter Stoffe und Produkte sind derzeit (1998) im Gespräch. Abbau, abbaubare Kunststoffe, Abbaubarkeit, abbauresistente Stoffe, Bioenergie, Kläranlage, nachwachsende Rohstoffe, Rotte, Wasserverschmutzung.
A.K.
Lit.: Bank, M.: Basiswissen Umwelttechnik: Wasser, Luft, Abfall, Lärm, Umweltrecht. S. 663–844. Würzburg 31995. Beudt, J., Gessenich, S. (Hrsg.): Biologische Restabfallbehandlung: Methoden, Anlagen und Perspektiven. Berlin; Heidelberg 1998. Hösel, G. (Hrsg.): Müll-Handbuch: Sammlung und Transport, Behandlung und Ablagerung sowie Vermeidung und Verwertung von Abfällen. Berlin (Losebl.-Ausg.). Thomé-Kozmiensky, K.J.: Biologische Abfallbehandlung. Enzyklopädie der Kreislaufwirtschaft. Berlin 1995. Tabasaran, O. (Hrsg.): Abfallwirtschaft, Abfalltechnik: Siedlungsabfälle. Berlin 1994. Tabasaran, O. (Hrsg.): Abfallwirtschaft, Abfalltechnik: Sonderabfälle. Berlin 1997.
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