Lexikon der Chemie: chemische Transportreaktion
chemische Transportreaktion, eine chem. Reaktion, bei der ein fester oder flüssiger Stoff A mit einem Gas B (oder auch mit mehreren Gasen) unter Bildung eines gasförmigen Produktes C (oder auch mehrerer gasförmiger Produkte) umgesetzt wird und an einer anderen Stelle des Systems die Rückreaktion unter Abscheidung von A erfolgt. Das Ergebnis der c. T. entspricht dem einer Sublimation bzw. Destillation des Stoffes A, tatsächlich wird aber der Stoff A, der bei den angewendeten Temperaturen keinen merklichen Dampfdruck besitzt, über die Gasphase chemisch transportiert. Voraussetzungen für das Stattfinden einer c. T. sind die Reversibilität der heterogenen Reaktion und das Vorliegen eines Konzentrationsgefälles zwischen den beiden Reaktionsorten. Jede c. T. läßt sich grundsätzlich in drei Teilschritte zerlegen: 1) Reaktion des zu transportierenden Bodenkörpers mit dem gasförmigen Transportmittel, 2) Stofftransport in der Gasphase, 3) Rückreaktion unter Abscheidung des Bodenkörpers und Freisetzen des Transportmittels. Die für den Ablauf der c. T. erforderliche Gasbewegung kann auf drei verschiedenen Effekten beruhen: Man unterscheidet nach Art der Bewegung Strömungsmethoden (das Gas strömt über den Bodenkörper hinweg und reagiert dabei mit ihm bei der Temperatur T1, die Rückreaktion bei der Temperatur T2 findet an einer darauffolgenden Stelle des Rohres statt), Diffusionsmethoden (das abgeschlossene Transportrohr wird in einem Temperaturgefälle erwärmt) und Konvektionsmethoden (durch Schräglage des Transportrohres in einem Temperaturgefälle überlagert sich der Diffusion eine thermische Konvektion, dadurch kann die Transportleistung beträchtlich gesteigert werden).
Ein bereits sehr lange bekanntes Beispiel einer c. T. ist die Wanderung von Fe2O3 im HCl-Strom nach der Transportgleichung Fe2O3 + 6 HCl
2 FeCl3 + 3 H2O, wobei Fe2O3 bei etwa 1300 K verbraucht und bei etwa 1100 K wieder abgeschieden wird (der Temperaturgradient der c. T. wird in der Form 1300 → 1100 K angegeben).
C. T. werden vor allem eingesetzt 1) zur Reinigung von Feststoffen, z. B. Darstellung von reinem Nickel nach dem Mond-Langer-Verfahren (Ni + 4 CO
Ni(CO)4, 350 → 475 K), Iodidmethode (Aufwachsverfahren) nach van Arkel und de Boer zur Reinigung von Zirconium (Zr + 2 I2
ZrI4, 550 → 1725 K) und vielen anderen Metallen, wie Fe, Cr, Ti, V, Nb, Ta u. a., 2) zur Herstellung von Einkristallen (Kristallzüchtung), 3) als Hilfsmittel in der präparativen Chemie, wobei der Synthese eines Stoffes eine c. T. überlagert ist, z. B. Vermeidung von Deckschichtbildungen bei Festkörperreaktionen durch ständige Entfernung des Reaktionsproduktes mittels einer c. T.
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