Lexikon der Chemie: Harnstoffharze
Harnstoffharze, Carbamidharze, Harnstoff-Formaldehyd-Kunststoffe, Duroplaste aus der Gruppe der Aminoplaste. Die H. werden durch Polykondensation von Harnstoff und Formaldehyd hergestellt. Als Primärreaktion der Gewinnung von H. ist die Bildung von Methylolharnstoffen anzusehen. Je nach Arbeitsbedingungen entstehen: H2N-CO-NH2 + CH2O → H2N-CO-NH-CH2OH (Monomethylolharnstoff) oder H2N-CO-NH2 + 2 CH2O → HOCH2-HN-CO-NH-CH2OH (Dimethylolharnstoff). Bei der weiteren Kondensation von Monomethylolharnstoff, der vorwiegend bei der Anwesenheit von nur wenig Formaldehyd gebildet wird, entstehen kettenförmige Moleküle etwa der Struktur H2N-CO-NH-(CH2-NH-CO-NH)n-CH2-NH-CO-NH2. Die Ketten können durch weitere Formaldehydmoleküle vernetzt werden. Dimethylolharnstoff, der vorwiegend bei einem Überschuß an Formaldehyd entsteht, kondensiert in Gegenwart von Säuren sofort zu hochmolekularen, vernetzten Molekülen.
Die H. werden meist mit Füllstoffen (z. B. Holzmehl, kurzfaseriger α-Cellulose und Textilfasern) zu weißen Preßmassen verarbeitet, die lichtecht, geruch- und geschmacklos sind und von Ether, Alkohol, Benzin, aromatischen Kohlenwasserstoffen, Estern und Chlorkohlenwasserstoffen kaum angegriffen werden. Vor allem verwendet man Harnstoffpreßmassen für hellfarbige Formteile der Elektro-, Rundfunk- und Fernsehtechnik, für Möbelbeschläge, ferner zur Herstellung von Küchengeräten und anderen Gebrauchsartikeln. Allerdings sind solche Produkte nicht so wasser- und temperaturbeständig wie die Erzeugnisse aus Phenoplasten und Melaminharzen; außerdem ist die nachträgliche Formaldehydabspaltung aus den Fertigprodukten problematisch. Die Kondensationsprodukte aus Harnstoff und Formaldehyd haben große Bedeutung als Leimkomponente (HF-Leim) für die Spanplattenindustrie erlangt. Nicht elastische Schaumstoffe aus H. werden in größerem Umfang z. B. für Wärmedämmung hergestellt, indem eine Harnstoff-Formaldehyd-Lösung in einem aus Wasser und Emulgiermitteln durch starkes Rühren erhaltenen Schaum eingebracht und in dieser Form polykondensiert wird. Weiter verwendet man H. auf dem Gebiet der Textilhilfsmittel; so werden knitterarme Gewebe, Versteifungen von Gewebebahnen und Mattierungen von Kunstseide durch Imprägnieren dieser Stoffe mit einer wäßrigen Lösung von H. und anschließende Aushärtung hergestellt. Die Kondensation von Harnstoff mit Formaldehyd in Gegenwart von Alkoholen, z. B. Butanol, führt zu ausgezeichneten Lackharzen von hohem Glanz und guter Kratz- und Wasserfestigkeit, die mit Cellulosenitrat und Alkydharzen gut verträglich sind und besonders für lösungsmittelbeständige, nicht vergilbende Einbrennlacke eingesetzt werden. Kondensationsprodukte aus Harnstoff und Formaldehyd werden auch zur Bodenverbesserung, insbesondere für hochwertige Kulturen in Gewächshäusern, eingesetzt.
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