Direkt zum Inhalt

Lexikon der Neurowissenschaft: Hemmung

Hemmung w, Inhibition, E inhibition, in der Neurophysiologie die Verminderung oder Unterbindung der Aktivität einer Zellgruppe oder Bahn durch andere Zentren, vermittelt durch besondere "inhibitorische" Synapsen (hemmende Synapsen; synaptische Hemmung; siehe Abb. ). Hemmung in diesem Sinne ist grundlegend für die Koordination der Tätigkeit des Nervensystems ( siehe Zusatzinfo ) und wirkt bei nahezu jeder seiner Leistung mit, z.B. bei der lateralen Hemmung in Sinnesorganen. Schon bei einfachen Reflexen ist Hemmung wesentlich, z.B. geht beim Kniesehnenreflex die Streckung des Unterschenkels mit einer Hemmung der antagonistischen Beugemuskeln einher. – In der Ethologie bezeichnet Hemmung die Unterdrückung eines Verhaltens durch äußere Reize bzw. innere Vorgänge. Diese Hemmung gehört zu den Grundfunktionen der Verhaltenssteuerung, da jede Verhaltenstendenz, die das Handeln bestimmt, andere Tendenzen hemmen muß, wenn eine sinnvolle Handlungsfolge entstehen soll. So hemmt einmal aktiviertes Fluchtverhalten in der Regel alle Ernährungs- und Ruheverhaltensweisen usw. Wenn hemmende Reize vom Sozialpartner ausgehen, spricht man von sozialer Hemmung. Im Gegensatz zur Psychologie bzw. Psychiatrie wird in der Ethologie Hemmung nicht von vornherein als pathologisches Reaktionsmuster verstanden, obwohl es schädliche (pathologische) Hemmungen auch bei Tieren gibt. Die Psychologie versteht unter Hemmung eine Störung des Antriebs durch psychischen Widerstand. S. Freud verwendet den Begriff Hemmung für die Folge psychischer Konflikte. – In der Regulation des Stoffwechsel spielt die Hemmung von Enzymen eine wichtige Rolle. absteigende Hemmung, Aggressionshemmung, bedingte Hemmung, Hemmungsnerven.



Hemmung

1 postsynaptische Hemmung
a afferente kollaterale Hemmung
b rückläufige (rekurrente) Hemmung
Postsynaptische Hemmung tritt als Folge einer Erhöhung des Membranpotentials (Hyperpolarisation) und der Membranleitfähigkeit infolge Öffnung von Ionenkanälen unter der Wirkung eines inhibitorischen Neurotransmitters auf.

2 präsynaptische Hemmung
PräsynaptischeHemmung führt zu reduzierter Neurotransmitterfreisetzung aus der synaptischen Nervenendigung.

Hemmende Interneurone sind grau dargestellt, ihre Synapsen schwarz.

Hemmung

Hemmungsprozeß:
I.P. Pawlow führte die Bezeichnung Hemmung bzw. Hemmungsprozeß für einen der beiden Nervengrundprozesse zur Erklärung des Mechanismus der bedingten Reflexe ein. Er verstand darunter alle Formen der Nerventätigkeit, die auf bestimmte Funktionen abschwächend oder unterdrückend wirken. Nach dem Wirkungsmechanismus unterscheidet er eine äußere und eine innere Hemmung. Zur äußeren Hemmung zählen die negative Induktion und die Überbelastungshemmung. Als negative Induktion bezeichnet man das Auftreten oder die Verstärkung einer Hemmung in der Nähe eines Erregungszentrums. Sie bewirkt z.B., daß die Reaktion auf einen bestimmten Reiz ausbleibt, wenn gleichzeitig ein zweiter Reiz einwirkt. Die Überbelastungshemmung tritt bei sehr starken Reizen oder bei Reizsummation auf. In diesem Falle ist die von Pawlow nach dem Gesetz der Stärke postulierte Proportionalität von Reiz- und Reaktionsstärke nicht mehr gegeben. Die Reaktion auf sehr starke Reize ist dann geringer als die auf mittelstarke Reize. Zur inneren Hemmung gehören die erlöschende Hemmung und die Differenzierungshemmung. Die erlöschende Hemmung ist für das Erlöschen eines bedingten Reflexes bei Nichtbekräftigung verantwortlich. Die Differenzierungshemmung wird bei der Ausarbeitung einer Differenzierung zwischen ähnlichen Reizen wirksam, wenn der eine Reiz bekräftigt wird, der andere nicht.

  • Die Autoren
Redaktion

Dr. Hartwig Hanser, Waldkirch (Projektleitung)
Christine Scholtyssek (Assistenz)

Fachberater

Prof. Albert Ludolph, Ulm
Prof. Lothar Pickenhain, Leipzig
Prof. Heinrich Reichert, Basel
Prof. Manfred Spitzer, Ulm

Autoren

Aertsen, Prof., Ad, Freiburg
Aguzzi, Prof., Adriano, Zürich
Baier, Dr., Harmut, Ulm
Bartels, Prof., Mathias, Tübingen
Becker, Dr., Andreas, Marburg
Born, Prof., Jan, Lübeck
Brecht, Dr., Stephan, Kiel
Breer, Prof., Heinz, Stuttgart
Carenini, Dr., Stefano, Würzburg
Cruse, Prof., Holk, Bielefeld
Culmsee, Dr., Carsten, Marburg
Denzer, Dr., Alain, Waldenburg
Egert, Dr., Ulrich, Freiburg
Ehrenstein, Dr., Walter, Dortmund
Eurich, Dr., Christian , Bremen
Eysel, Prof., Ulf, Bochum
Fischbach, Prof., Karl-Friedrich, Freiburg
Frey, Dunja, Basel
Fuhr, Dr., Peter, Basel
Greenlee, Prof., Marc, Oldenburg
Hartmann, Beate, Basel
Heck, Dr., Detlef, Freiburg
Heller, Prof., Kurt, München
Henkel , Dr., Rolf , Bremen
Herdegen, Prof., Thomas, Kiel
Herrmann, Dr., Gudrun, Bern
Hilbig, Dr., Heidegard, Leipzig
Hirth, Dr., Frank, Basel
Huber, Dr., Gerhard, Zürich
Hund, Martin, Basel
Illing, Dr., Robert Benjamin, Freiburg
Käch, Dr., Stefanie, Basel
Kästler, Dr., Hans, Ulm
Kaiser, Dr., Reinhard, Freiburg
Kaluza, Jan, Stuttgart
Kapfhammer, Dr., Josef P., Freiburg
Kestler, Dr., Hans, Ulm
Kittmann, Dr., Rolf, Freiburg
Klix, Prof., Friedhart , Berlin
Klonk, Dr., Sabine, Stuttgart
Klumpp, Prof., Susanne, Marburg
Kössl, Dr., Manfred, München
Köster, Dr., Bernd, Freiburg
Kraetschmar, Dr., Gerhard, Ulm
Krieglstein, Prof., Josef, Marburg
Krieglstein, Prof., Kerstin, Homburg
Kuschinsky, Prof., Wolfgang, Heidelberg
Lahrtz, Stephanie, Hamburg
Landgraf, Dr., Uta, Stegen
Laux, Thorsten, Basel
Lindemann, Prof., Bernd, Homburg
Löffler, Dr., Sabine, Leipzig
Ludolph, Prof., Albert, Ulm
Malessa, Dr., Rolf, Weimar
Marksitzer, Dr., Rene, Luzern
Martin, Dr., Peter, Kehl-Kork
Martini, Prof., Rudolf, Würzburg
Medicus, Dr., Gerhard, Thaur
Mehraein, Dr., Susan, Freiburg
Meier, Dr., Kirstin, Freiburg
Mendelowitsch, Dr., Aminadav, Basel
Mergner, Prof., Thomas, Freiburg
Metzinger, Dr., Thomas, Frankfurt am Main
Mielke, Dr., Kirsten, Kiel
Misgeld, Prof., Ulrich, Heidelberg
Moll, Joachim, Basel
Münte, Prof., Thomas, Magdeburg
Neumann, Dr., Harald, Planegg-Martinsried
Nitsch, Prof., Cordula, Basel
Oehler, Prof., Jochen, Dresden
Otten, Prof., Uwe, Basel
Palm, Prof., Günther, Ulm
Pawelzik, Prof., Klaus, Bremen
Pickenhain, Prof., Lothar, Leipzig
Ravati, Alexander, Marburg
Reichel, Dr., Dirk, Lübeck
Reichert, Prof., Heinrich, Basel
Reinhard, Dr., Eva, Bern
Rieckmann, Dr., Peter, Würzburg
Riemann, Prof., Dieter, Freiburg
Ritter, Prof., Helge, Bielefeld
Roth, Prof., Gerhard , Bremen
Roth, Lukas W.A., Bern
Rotter, Dr., Stefan, Freiburg
Rubin, Dr., Beatrix, Basel
Ruth, Dr., Peter, Giessen
Schaller, Dr., Bernhard, Basel
Schedlowski, Prof., Manfred, Essen
Schneider, Dr., Werner X., München
Scholtyssek, Christine, Umkirch
Schwegler, Prof., Helmut , Bremen
Schwenker, Dr., Friedhelm, Ulm
Singer, Prof., Wolf, Frankfurt am Main
Spiegel, Dr., Roland, Zürich
Spitzer, Prof., Manfred, Ulm
Steck, Prof., Andreas, Basel
Steinlechner, Prof., Stephan, Hannover
Stephan, Dr., Achim, Rüsselsheim
Stoeckli, Dr., Esther, Basel
Stürzel, Frank, Freiburg
Swandulla, Prof., Dieter, Erlangen
Tolnay, Dr., Markus, Basel
Unsicker, Prof., Klaus, Heidelberg
Vaas, Rüdiger, Bietigheim-Bissingen
van Velthoven-Wurster, Dr., Vera, Freiburg
Walter, Dr., Henrik, Ulm
Wicht, Dr., Helmut, Frankfurt
Wolf, Prof., Gerald, Magdeburg
Wullimann, Prof., Mario, Bremen
Zeilhofer, Dr., Hans-Ulrich, Erlangen
Zimmermann, Prof., Manfred, Heidelberg

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.