Lexikon der Neurowissenschaft: Antrieb
Antriebm,Edrive, Wirkung einer Instanz im Zentralnervensystem, die die Verhaltensweisen eines Funktionskreises in aktuell angepaßter Weise steuert und regelt. Jeder Antrieb und seine Stärke (Antriebsstärke) entstehen durch die Verrechnung der antriebsbezogenen Außenreize (vermittelt durch entsprechende Sinnesorgane) mit der Handlungsbereitschaft, die sich aus den inneren Bedingungen (Zustandsvektor; hierzu zählt z.B. der Versorgungszustand mit bestimmten Substanzen oder der Hormonspiegel) ergibt. Außenreize und innere Bedingungen bestimmen gemeinsam nach dem Prinzip der doppelten Quantifizierung die quantitative Komponente einer Verhaltensweise (Reaktionsstärke). Ein starker äußerer Reiz kann bei geringer innerer Bereitschaft dieselbe Reaktionsstärke veranlassen wie ein geringer äußerer Reiz bei starker innerer Bereitschaft. Die Begriffe Antrieb, Bereitschaft und Motivation können nur schwer gegeneinander abgegrenzt werden; ihr Gebrauch divergiert in verschiedenen Fachdisziplinen, und teilweise werden sie synonym verwendet. – In der Verhaltensbiologie wird heute inhaltlich kaum noch zwischen Bereitschaft, Handlungsbereitschaft und Antrieb unterschieden; man verwendet vielmehr bevorzugt die Begriffe Bereitschaft und Motivation. Die Betrachtungsweise des Antriebs als eine verrechnende Instanz des Gehirns (kybernetische Auffassung) trat geschichtlich an die Stelle von Vorstellungen, in denen der Antrieb als eine Energie oder als eine Substanz aufgefaßt wurde. Die den Antrieb hervorbringende Verrechnungsinstanz wurde nicht nur abstrakt erschlossen, sondern ließ sich bei Wirbeltieren als Zentrum des Zwischenhirns (Hypothalamus) identifizieren. Bei Insekten, Krebstieren und anderen Wirbellosen sind analoge zentralnervöse Instanzen nachgewiesen worden. – Vielfach wird bei einer mehr neurophysiologischen Betrachtung der Begriff der Antriebsspannung verwendet für die innerorganismischen Komponenten, die einen speziellen Antrieb mitbestimmen, z.B. bei Nahrungs-, Trink-, Schlaf- oder sexuellem Antrieb. Deren Antriebsspannung kann endogen ansteigen und durch entsprechende aktive Zustände bestimmter Antriebszentren (Motivationszentren) – primär in hypothalamischen Strukturen lokalisiert – charakterisiert sein. Affekt, Appetenz, Reiz.
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