Metzler Lexikon Philosophie: Gesetz
In der juristischen Terminologie sind zwei Bedeutungen von G. zu unterscheiden: G. im materiellen Sinne ist jede rechtliche Norm, die für eine unbestimmte Vielzahl von Personen verbindliche Regelungen enthält. G.e im formellen Sinne sind Beschlüsse der für die Gesetzgebung zuständigen Organe, die in dem jeweiligen verfassungsmäßig vorgegebenen förmlichen Gesetzgebungsverfahren ergehen und ordnungsgemäß ausgefertigt und verkündet werden. Als rechtliche Normen sind G.e in materieller und formaler Hinsicht stets Teil eines komplexen Rechtssystems.
In der Rechtsphilosophie werden G.e vor allem im Rahmen der Diskussion des Rechtspositivismus (auch als Gesetzespositivismus bezeichnet) thematisiert. Dabei geht es um das Verhältnis von rechtlichen und moralischen Normen. In der neueren Rechtsphilosophie lassen sich vereinfacht – als Eckpunkte eines argumentativen Spektrums – zwei gegensätzliche Auffassungen unterscheiden: Nach der sog. Trennungsthese, in deren Akzeptanz die positivistischen Rechtstheorien übereinstimmen, besteht kein begrifflich notwendiger, allenfalls ein normativer Zusammenhang zwischen Recht und Moral, d.h. zwischen dem positiven Recht als einem System geltender Normen und darüber hinaus gehenden moralischen Kriterien. Für die Definition von Recht sind demnach die Merkmale der ordnungsgemäßen Gesetztheit und der sozialen Wirksamkeit hinreichend. Explizit moralische, überpositive Kriterien müssen aus der Definition von Recht ausgeschlossen werden. Ein Gesetz ist so verstanden eine ordnungsgemäß gesetzte und während der Dauer ihrer Geltung sozial wirksame Norm. Auf eine inhaltliche Richtigkeit eines G. kommt es dem zufolge für den Rechtscharakter des G. nicht an. Kelsen hat diese Auffassung auf prägnante Weise mit den Worten zum Ausdruck gebracht, dass »jeder beliebige Inhalt Recht sein [kann]« (S. 201). Hingegen besagt die von nichtpositivistischen Rechtstheoretikern verfochtene Verbindungsthese, dass ein begrifflich notwendiger Zusammenhang zwischen Recht und Moral besteht, d.h. dass die Definition des Rechts auch moralische Elemente einschließt. Einige Vertreter dieser Auffassung machen darüber hinaus normative Zusammenhänge zwischen Recht und Moral geltend, welche die argumentative Kraft und Reichtweite des begrifflichen Arguments zugunsten der Verbindungsthese verstärken. So argumentiert Alexy für die Auffassung, »daß es erstens einen begrifflich notwendigen Zusammenhang zwischen Recht und Moral gibt und daß zweitens normative Gründe für einen Einschluß moralischer Elemente in den Rechtsbegriff sprechen« (S. 43 f.). Nach Alexy schließt eine Definition des Rechts auch das Merkmal der inhaltlichen Richtigkeit ein, das notwendigerweise moralische Kriterien impliziere.
Literatur:
- R. Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg u.a.
1992. – A. Kaufmann/W. Hassemer (Hg.): Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart. Heidelberg u.a. 1977. – M. Kaufmann: Rechtsphilosophie. Freiburg/München 1996. – H. Kelsen: Reine Rechtslehre. Wien 1960.
JH
Gesetz, moralisches. Der Begriff des m.n G.es ist zunächst theologisch bestimmt; die dadurch ausgedrückte Verpflichtung zum moralischen Handeln wird auf eine göttliche Gesetzgebung zurückgeführt. Kant sucht den Grund für die Notwendigkeit in der formalen Beschaffenheit des G.es Die Allgemeingültigkeit eines solchen G.es sieht er nur dann gesichert, wenn keine Momente mit eingehen, die den subjektiven Bedürfnissen des Menschen entspringen. Praktische G.e sind für Kant Grundsätze, die als objektiv für den Willen
eines jeden vernünftigen Wesens gültig anerkannt werden. Dies ist nur dann gegeben, wenn der subjektive Wille nicht durch Prinzipien bestimmt wird, die ein materiales Objekt des Begehrungsvermögens voraussetzen. Nur ein von materialen Bestimmungsgründen unabhängiger Wille ist ein freier Wille. Das m. G. muss von der Vernunft gegeben werden und darf nur die bloße Form einer möglichen allgemeinen Gesetzgebung enthalten.
Literatur:
- R. Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg u.a.
PP
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