Kulturanthropologie: Warum wir kämpfen
Neigen Menschen – oder vielleicht auch nur Männer – von Natur aus dazu, andere zu töten? Besitzen sie sogar eine angeborene Neigung zu kollektiver Gewalt? Der Schlüssel liegt in dem Wort »kollektiv«. Menschen kämpfen und morden aus persönlichen Gründen, aber Mord ist nicht gleich Krieg. Kriege sind etwas Gemeinschaftliches: Gruppen organisieren sich, um Mitglieder anderer Gruppen umzubringen.
Die Kontroversen über die Wurzeln der Kriegsführung drehen sich um zwei gegensätzliche Positionen, deren jeweilige Verfechter der Anthropologe Keith Otterbein (1936-2015) als »Falken« und »Tauben« bezeichnete. Den Ersteren zufolge neigen wir instinktiv dazu, zu den Waffen zu greifen, um potenzielle Konkurrenten auszuschalten. Demnach hätten Menschen bis zurück zu unserem letzten gemeinsamen Vorfahren mit den Schimpansen schon immer Kriege geführt. Die friedfertigen »Tauben« hingegen meinen, bewaffnete Konflikte hätten sich erst in den letzten Jahrtausenden entwickelt, als sich die Gesellschaften änderten und die Motivation und Organisation für das gemeinschaftliche Töten lieferten. Die Debatte berührt damit auch die Frage, ob Schimpansen ebenfalls einen Kriegsinstinkt besitzen.
Falls Krieg zu führen dem Menschen tatsächlich angeboren ist, sollten wir dafür archäologische Spuren finden. Die »Falken« behaupten, solche Anhaltspunkte gebe es. »Sobald sich Gesellschaften archäologisch gut fassen lassen, gehören dazu fast immer Hinweise auf Krieg«, schrieben die Archäologen Steven LeBlanc und Katherine Register 2004. »Vorsichtig geschätzt ergibt sich ein Anteil von 25 Prozent kriegsbedingter Todesfälle.« Eine solch hohe Opferrate spräche Evolutionspsychologen zufolge dafür, dass Krieg als eine Art natürlicher Selektionsmechanismus diente, bei dem sich die Besten den Zugang zu wichtigen Ressourcen erkämpften und sich fortpflanzten …
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