Lexikon der Ernährung: Leptin
Leptin, Eleptin, (von gr. leptos, dünn) ist das Genprodukt eines ausschließlich in den Zellen des weißen Fettgewebes (Adipocyten) gebildeten Gens (OB-Gen, OB für Eobesity, Fettsucht). Die physiologische Rolle des L. wurde 1994 erkannt, als gezeigt werden konnte, dass die massive Adipositas eines Mäusestammes (ob / ob-Mäuse) darauf beruhte, dass die Tiere infolge eines defekten Ob-Gens kein L. in den Adipocyten ihres Fettgewebes bilden konnten. Durch die Behandlung der ob / ob-Mäusen mit exogenem, gentechnisch hergestelltem L. konnte dieser Mangel ausgeglichen werden, was zu einer Verminderung der übermäßigen Futteraufnahme, einer Erhöhung des Energieumsatzes und insgesamt zu einer drastischen Abnahme der Adipositas dieser Tiere führte. Auch in humanen Adipocyten ist das Ob-Gen (hOB) aktiv, sein Genprodukt L. hat eine Molekularmasse von 16 kDa und besteht aus 167 Aminosäuren.
Unter physiologischen Bedingungen besteht über einen weiten Bereich eine lineare Beziehung zwischen der Größe der Fettdepots (Lipogenese) bzw. dem body mass index (BMI) und dem Plasma-Leptinspiegel. Entsprechend der Größe der Fettdepots (dem Fettgehalt der Adipocyten) wird mehr oder weniger L. gebildet und in die Blutbahn sezerniert. Das Plasma-L. wird von verschiedenen für L. spezifischen Rezeptoren des Hypothalamus gebunden, von denen mehrere Isoformen bekannt sind. Über intrazelluläre Strukturen dieser Rezeptoren erfolgt die Signaltransduktion, indem die mit der L.-Bindung verbundene Aktivierung der Rezeptor-Leptin-Komplexe mit der Transcription von bestimmten Genen verbunden wird. Für Regulation des Hunger-bzw. Sättigungsgefühls sind die hypothalamischen Leptin-Rezeptoren von herausragender Bedeutung. Sie sind hauptsächlich in Neuronen des ventromedialen und ventrolateralen Nucleus arcuatus lokalisiert sowie in Neuronen des lateralen Hypothalamus. Diese Neuronen bilden und sezernieren Neurotransmitter, die entscheidend an der Erhaltung der Energiebilanz beteiligt sind.
Mit zunehmender Größe der Fettdepots steigt die Leptinproduktion in den Adipocyten an, der Leptingehalt des Blutes und die Bindung von L. an hypothalamische Rezeptoren (Ob-R) nimmt zu. Die Signaltransduktion der Leptin-Rezeptoren wird verstärkt, was vermittelt durch Effektoren (Neurotransmitter) zu einer Senkung der Nahrungsaufnahme und erhöhter körperlicher Aktivität führt (Abb.). Umgekehrt wird die Nahrungsaufnahme erhöht und die Energieabgabe vermindert, wenn die Menge der in den Fettdepots (als Fett) gespeicherten Energie abnimmt und der Leptinblutspiegel sinkt (vgl. lipostatische Sättigungstheorie). Auf diese Weise wird ein Regelkreis wirksam, der Informationen vom energetischen Zustand der Peripherie an Hirnzentren leitet, und bei Abweichungen vom physiologischen „Soll“ zu gegenregulatorischen Maßnahmen führt, die langfristig die Konstanz des Körpergewichts, des Körperfettgehaltes und der Energiereserven des Körpers gewährleisten (Gewichts-Setpoint, Lipostat).
Allerdings hat sich gezeigt, dass die menschliche Adipositas – ganz seltene Fälle ausgenommen – nicht auf Gendefekten beruht, die den Ausfall der Leptinproduktion oder der Biosynthese von Leptinrezeptoren zur Folge haben (vgl. Essay: Genetische Ursachen der Adipositas). Vielmehr scheinen die der menschlichen Adipositas zugrunde liegenden Störungen vorwiegend auf Fehlern in der Vermittlung Leptin-abhängiger Signale zu beruhen (Leptin-Resistenz), die entweder die Signaltransduktion des Leptin-Rezeptors zu den entsprechenden Neuronen oder nachfolgende durch Neurotransmitter vermittelte Einflussnahmen auf Energieaufnahme- und Abgabe betreffen. Hierzu liegen Befunde aus Experimenten mit Mäusen, deren Leptin-Rezeptor – wahrscheinlich ein Genprodukt des db-Gens (db für Ediabetes related) defekt ist, vor.
Neben den die Homöostase des Energiestoffwechsels betreffenden Effekten hat Leptin noch weitere (das Immunsystem, die Fertilität (vgl. Amenorrhoe), die Blutbildung u. a.Biologische Funktionen betreffende) direkte oder indirekte Wirkungen. In der Peripherie,wie z. B. in Lunge, Niere, Ovar, Fettgewebe und Leukocyten. Nachgewiesene Leptin-Rezeptoren stehen damit in Verbindung.
Leptin: Regulation von Nahrungsaufnahme über das in den Adipocyten des Fettgewebes gebildete Hormon Leptin. [veränd. n. T. Ellrott u. V. Pudel: Adipositastherapie – Aktuelle Perspektiven, Thieme, 2. Aufl. 1998] Leptin
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