Lexikon der Biologie: Energiekonservierung
Energiekonservierungw,biologische Energiekonservierung, Fixierung von freier Enthalpie in der Struktur der Lebewesen. Biologische Systeme (Leben) sind strukturell hochorganisiert und haben einen hohen Informationsgehalt (Information). Sie sind daher im Sinne des II. Hauptsatzes der Thermodynamik Systeme mit geringer Entropie. Vergleichbare Systeme mit hohem Ordnungsgrad aus der nichtlebenden Natur sind als Kristalle bekannt. Sie entstehen durch einen Phasenübergang 1. Art einer ursprünglich amorphen Phase durch Wärmeabgabe an eine geeignete Umgebung und entsprechen so dem thermodynamischen Gleichgewicht (Proteinkristallisation). Dabei nimmt die Ordnung mit fallender Temperatur zu und erreicht nach dem III. Hauptsatz ihr Maximum beim absoluten Nullpunkt. Strukturbildung biologischer Systeme erfolgt nach völlig anderen Prinzipien. Die Erkenntnis, daß Nichtgleichgewichtszustände offener Systeme auch zur Bildung von raum-zeitlichen, sog. dissipativen Strukturen, führen können, ist das Verdienst der Brüsseler Schule (unter der Leitung von I. Prigogine; Chaos). In Zusammenhang mit der Organisation lebender Systeme entstehen folgende Fragen: Wie weit sind die Organismen vom thermodynamischen Gleichgewicht entfernt? Was ist ihre Quelle freier Enthalpie? Welche Strukturen wurden von der Natur zur Fixierung der freien Energie entwickelt? Wie erfolgt die Kopplung der energetischen Fundamentalprozesse und der biologischen Einzelaktivitäten (Muskelkontraktion, Generation des Membranpotentials, Biosynthese komplizierter Moleküle usw.)? Eine grobe Abschätzung der Bildungsenthalpien der Biomasse sowie der Einschränkung der Konformationen von Biomakromolekülen (Biopolymere) durch deren native Struktur ergibt, daß der Abstand zur Gleichgewichtsenergie aller wichtigen Zellbestandteile nicht weniger als 20 kJ/Mol beträgt. Die universelle Quelle dieser zur biologischen Strukturbildung notwendigen freien Enthalpie ist die Sonne. Entsprechend dem II. Haupsatz findet eine mit dem Wärmefluß von der Sonne zur Erde gekoppelte Umwandlung elektromagnetischer Strahlung in chemische Nutzarbeit (Photosynthese) in den photoautotrophen Organismen (Photolithotrophie) statt. Diese mit dem Energiefluß (Energieflußdiagramm) gekoppelte Entropieverringerung wird auch als Negentropie bezeichnet. Thermodynamisch kann der grundlegende Elementarprozeß als lichtbetriebene Umwandlung von (anorganischem) Kohlendioxid und Wasser zu organischen Verbindungen (Glucose) angesehen werden. Nur eine sehr geringe Zahl von Mikroorganismen ist chemoautotroph (Chemolithotrophie), d.h., sie beziehen die freie Enthalpie aus der Oxidation von in der nichtlebenden Natur vorkommenden anorganischen Substanzen (H2, S, NH3 usw.). Alle heterotrophen Organismen (Heterotrophie) leben auf der Basis der chemischen Umsetzung organischer Verbindungen anderer Lebewesen. Der entscheidende evolutionäre Schritt wurde vor ca. 3 Milliarden Jahren (Erdgeschichte, Farbtafel) mit der Entwicklung eines komplexen Reaktionssystems durch die Cyanobakterien („Blaualgen“) getan, das es erlaubt, Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht in molekularen Sauerstoff und chemisch an geeignete Trägermoleküle gebundenen Wasserstoff zu zerlegen. Der umgekehrte Schritt, die Vereinigung molekularen Sauerstoffs mit trägergebundenem Wasserstoff, welcher bei der biochemischen Zersetzung energiereicher organischer Verbindungen in heterotrophen Organismen anfällt, wird durch die Atmungskette verwirklicht. Die Kopplung der energetischen Fundamentalprozesse mit den biologischen Einzelaktivitäten erfolgt über energiereiche organische Moleküle (energiereiche Verbindungen). Die weitaus wichtigste Verbindung mit dieser Funktion ist das Adenosintriphosphat (ATP). Es wird bei energieverbrauchenden Prozessen (endotherm) von den entsprechenden Enzymen zum Zeitpunkt und am Ort des Energiebedarfs hydrolysiert. Zur Speicherung der Energie ist ATP nicht geeignet. Dazu gibt es verschiedene Systeme, welche kurzfristige (Akkumulation von Kreatinphosphat) oder längerfristige (Synthese von Glykogen oder Stärke aus Glucose, Anlage von Fettdepots [Fettspeicherung]) Bedeutung für den zellulären Stoffwechsel haben. Biomasse, Biophysik, dynamisches Gleichgewicht, Energieladung.
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