Lexikon der Geowissenschaften: Höhensystem
Höhensystem, Bezugssystem zur mathematischen Beschreibung der Lage von Punkten des dreidimensionalen Raumes bezüglich einer zweidimensionalen Höhenbezugsfläche. Hierzu verwendet man krummlinig-rechtwinklige Koordinaten, durch deren Koordinatenflächen und den dazu rechtwinkligen Koordinatenlinien die Äquipotentialflächen und Lotlinien des Schwerefeldes angenähert werden. Punkte, die nicht direkt auf der Bezugsfläche liegen, werden entweder entlang der Orthogonaltrajektorien dieser Fläche gemessen oder durch die Isoskalarwerte der Koordinatenflächen charakterisiert. Damit ist die räumliche Beschreibung von Punkten des Erdraumes in eine zweidimensionale Lagebestimmung und eine eindimensionale Höhenbestimmung aufgespalten (Zwei- + Eindimensionale Geodäsie). Die zweidimensionale Lagebestimmung kann durch die Angabe von Flächenkoordinatenu1 und u2 realisiert werden. Die dritte Koordinate (Höhe h) kann beispielsweise längs der Koordinatenlinie u3 gezählt werden. Die Koordinaten (u1,u2,u3 = h) können in umkehrbar eindeutiger Weise in rechtwinklig kartesische Koordinaten (x1,x2,x3) umgerechnet werden.
Höhensysteme können in geometrische und physikalische Höhensysteme eingeteilt werden: Man spricht von geometrischen Höhen, wenn die Figur der Erde durch eine rein geometrisch definierte Fläche, beispielsweise ein Rotationsellipsoid, angenähert wird. Zur Lagebestimmung können ellipsoidische Koordinaten u1 = B und u2 = L (ellipsoidische Länge L und ellipsoidische Breite B) verwendet werden. Die u3-Linien sind in diesem Fall ebene gekrümmte Linien. Wegen der Krümmung der u3-Koordinatenlinien sind die Maßstäbe i.a. von der Lage des Punktes abhängig. Zwei benachbarte Isoskalarflächen sind damit nicht parallel. Deshalb zieht man eine andere Definition geometrischer Höhen vor: Man mißt die Höhen längs der geradlinigen Lote auf die Bezugsfläche. In diesem Fall wird von Flächennormalenkoordinaten gesprochen. Häufig verwendete Flächennormalenkoordinaten erhält man, wenn als Koordinatenfläche ein Rotationsellipsoid gewählt wird. Die Höhen entlang des Ellipsoidlotes werden als ellipsoidische Höhen bezeichnet. Unabhängig von der Lage des Lotes wird derselbe Maßstab verwendet. Benachbarte (parallele) Flächen gleicher ellipsoidischer Höhen sind in diesem Fall keine Rotationsellipsoide.
Bei einer physikalischen Definition der räumlichen Koordinaten wird von physikalischen Höhen gesprochen. Beispielsweise kann das Geoid (Äquipotentialfläche des Schwerefeldes mit einem Potentialwert W0) als Bezugsfläche verwendet werden. Das Schwerefeld bestimmt die innere und äußere Geometrie der Koordinatenfläche. Zur zweidimensionalen Lagebestimmung dienen die lokalen astronomischen Koordinaten auf dem Geoid, u1 = φ und u2 = λ. Die u3-Linien sind die Orthogonaltrajektorien des Geoides (Lotlinien des Schwerefeldes). Als Höhenkoordinate eines Punktes mit dem Schwerepotential W wird die Potentialdifferenz C = W0-W verwendet (geopotentielle Kote). Die Äquipotentialfläche durch den Bezugspunkt P0 mit dem Potentialwert W0 definiert das Vertikaldatum. Die geopotentielle Kote kann nicht durch ein eindeutiges metrisches Maß charakterisiert werden, da die Äquipotentialflächen des Schwerefeldes i.a. nicht parallel sind.
Ein Zugeständnis an die Anforderungen der Nutzer von Höhen ist die Einführung eines metrischen Maßes für die Höhe, abgeleitet aus den geopotentiellen Koten C. Man spricht in diesem Fall von physikalisch definierten metrischen Höhen. Sie werden aus den geopotentiellen Koten C unter Verwendung eines nach gewissen Gesichtspunkten gewählten Schwerewertes g abgeleitet: H = C/g. Abhängig von der Wahl des definierenden Schwerewertes g unterscheidet man zwischen dynamischen Höhen, orthometrischen Höhen und Normalhöhen. Höhenbezugssystem. [KHI]
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