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Lexikon der Geowissenschaften: Platinlagerstätten

Platinlagerstätten, natürliche, wirtschaftlich gewinnbare Konzentrationen der Platingruppenelemente (PGE: Pt, Os, Ir, Rh, Ru, Pd) in der Erdkruste. Zusätzlich zu der traditionellen Verwendung von PGE in der chemischen Industrie, bei der Erdölraffinerie, in der Zahnheilkunde und der Schmuck-Industrie ist weltweit die Verwendung von PGE als Katalysatoren zur Abgasreinigung in der Automobilindustrie getreten. Letztere verbrauchte 1997 48% der Weltproduktion an PGE. Dies hat das internationale Interesse an und die Suche nach Platinlagerstätten angeregt. Die überwiegende Zahl wirtschaftlich bedeutender Platinlagerstätten sind an geschichtete magmatische Komplexe (Layered Igneous Complexes, LIC) in präkambrischen Schilden (Präkambrium) gebunden. Dabei sind Vorkommen, in denen PGE das Hauptziel der Abbautätigkeit darstellen (Bushveld-Komplex in Südafrika, Stillwater in den USA) von solchen zu unterscheiden, in denen PGE Nebenprodukte der Gewinnung von Nickel und Kupfer sind (Sudbury in Ontario, Norilsk in Sibirien, Pechenga auf der Kola-Halbinsel in Rußland).

Die größte und wirtschaftlich bedeutendste Platinlagerstätte der Welt ist derzeit das Merensky Reef im südafrikanischen Bushveld-Komplex. Es wird petrographisch als Pyroxen-Plagioklas-Pegmatoid bezeichnet. Das Merensky Reef ist eine bis zu 1 m mächtige Schicht, sie fällt flach gegen das Zentrum des schüsselförmigen Bushveld-Komplexes ein und kann über hunderte von Kilometern verfolgt werden. Es sitzt in einer Folge von ultrabasischen Gesteinen (Pyroxenite, Anorthosite) in der ›Critical Zone‹ des Bushveld-Komplexes auf. Die Platingruppen-Elemente bilden diskrete Minerale, wobei Sulfide, Arsenide, Antimonide und Telluride von Platin und Palladium sowie Pt-Fe-Legierungen überwiegen. Diese treten zusammen mit Pyrrhotin (Fe1-xS), Pentlandit ((NiFe)9S8), Kupferkies (CuFeS2) und Phyllosilicaten (Biotit, Sericit, Talk) an Korngrenzen zwischen grobkörnigem Pyroxen, Plagioklas und Chromit auf. Die Durchschnittsgehalte an PGE im Merensky Reef liegen zwischen 5 und 10 g/t, die Jahresproduktion bei insgesamt 220 t; der Preis für Platin pro Unze (28 g) lag 1999 bei 380 US, von Palladium bei 130 US.

An zweiter Stelle der PGE-Produzenten stehen die Permo-Triassischen Lagerstätten von Norilsk–Talnakh in Sibirien. Hier treten große, linsenförmige Körper von Nickel-Kupfer-Sulfiden (Pyrrhotin, Pentlandit, Kupferkies) in einer Abfolge von Gabbros und Noriten auf; die aufsteigenden, basischen Magmen haben evaporitische Sedimente (Evaporite) der jungpaläozoischen Tungusk-Formation im Liegenden durchsetzt. Die regionale Verteilung der Erzkörper ist durch ein System von Verwerfungen bestimmt, an deren Kreuzungspunkten vorzugsweise Mineralisation auftritt. Die komplexe PGE-Mineralogie wird von Palladium-Telluriden und Sulfiden dominiert; kalium- und chlorführende Sulfide werden der Wechselwirkung zwischen Magma und Evaporiten zugeschrieben. Die Norilsk-Erze sind einer der wichtigsten Devisenbringer der russischen Wirtschaft; aus ihnen stammen 32,7% der Weltproduktion an PGE. Die Verhüttung von 2,8 Mio. t sulfidischer Erze pro Jahr hat zu intensiver Umweltzerstörung und Vernichtung der empfindlichen, subarktischen Vegetation im Gebiet von Norilsk-Talnakh geführt. Erfolgversprechende Gegenmaßnahmen scheitern am Geldmangel.

Die historisch bedeutsamen Platinlagerstätten des Urals spielen heute wirtschaftlich keine Rolle mehr. Im Stillwater-Komplex in Montana (USA) werden seit Ende der 1980er Jahre kleine Mengen von Platinmetallen, vorwiegend Palladium, gewonnen. Vorkommen von PGE im geschichteten Komplex des Great Dyke in Simbabwe stehen vor der Aufnahme der Produktion.

Die Frage der Genese der Platinlagerstätten in geschichteten magmatischen Komplexen hat seit etwa 1970 zu lebhaften Kontroversen in der Lagerstättenforschung geführt. Zwei Konzepte werden diskutiert: a) ›orthomagmatische‹ Entstehung: Die Zufuhr neuen, basischen Magmas führt zu lebhafter Mischung (›turbulent mixing‹) mit bereits intrudierten Magmen und zur Abtrennung von Sulfidmagma in Form mikroskopisch kleiner Fe-Ni-Cu-Sulfid-Tröpfchen (›globules‹). Diese sinken, der Schwerkraft folgend, wegen ihres höheren spezifischen Gewichtes im silicatischen Magma langsam ab, nehmen am Weg PGE aus der Schmelze in Monosulphide Solid Solution (mss) auf (›scavenging‹) und kommen schließlich auf einem bestimmten Horizont, z.B. dem des Merensky Reefs, zur Ruhe. Theoretisch wird dieses Konzept durch Berechnung der Verteilungs-Koeffizienten der PGE zwischen sulfidischem und silicatischem Magma untermauert; dieses quantifiziert die Affinität der PGE für Sulfide (im Gegensatz zu Silicaten). b) fluidgesteuerte (›hydrothermale‹) Entstehung: In einer nach der Intrusion von unten nach oben abkühlenden Folge mafisch-ultramafischer Gesteine entweichen die stets vorhandenen flüchtigen Bestandteile (H2O, CO2, CO, CH4, Cl etc.) mit zunehmender Kristallisation in Bereiche höherer Porosität, d.h. ins Hangende. Dabei werden Bunt- und Edelmetalle als Chloride transportiert und konzentriert. Schließlich kommt es an einer petrologisch-geochemischen Diskontinuität zur Bildung eines stratiformen Pegmatoids (z.B. das Merensky Reef) und zur Bildung von Phyllosilicaten, Buntmetall-Sulfiden und Platingruppen-Mineralen.

Intensive hydrothermale Umwandlung und das verbreitete Auftreten von Graphit (CH4+CO2→2C+2H2O), besonders im Bereich der sogenannten ›potholes‹, begleiten diese Vorgänge. Flüssigkeitseinschlüsse zeigen erhöhte NaCl-Gehalte im mineralisierten Merensky Reef, hohe CH4-Gehalte in erzfreien Schichten. Experimentelle Arbeiten haben in den letzten Jahren die quantitativen Parameter (P,T,X) des Transportes von PGE in wäßrigen Lösungen ermittelt. So ist es z.B. möglich, in einer 1 M NaCl–Lösung bei 325ºC 50 ppb (parts per billion) Platin zu transportieren. Es erscheint somit wahrscheinlich, daß fluide Phasen eine wesentliche Rolle nicht nur bei der Umverteilung (Re-Distribution) magmatisch gebildeter PGE-Gehalte spielen, sondern auch bei der Entstehung von stratiformen PGE-Konzentrationen unerläßlich sind. Hingegen besteht kein Zweifel daran, daß in Lagerstätten von sulfidischen Cu-Ni-PGE wie Sudbury, Pechenga und Norilsk der Transport von PGE in sulfidischen Magmen eine wesentliche Rolle spielt. Dafür sprechen auch die z.T. sehr hohen (bis 0,x%) Pd- und Rh-Gehalte im Pentlandit dieser Vorkommen.

In den an ultramafische Gesteine in Ophioliten und in geschichteten magmatischen Komplexen gebundenen Chromitlagerstätten treten PGE in z.T. wirtschaftlich interessanten Konzentrationen auf. Das ophiolitische Kempirsai-Massiv im südlichen Ural (Kasachstan) führt nach dem Bushveld-Komplex die größten Chromitlagerstätten der Welt mit PGE-Gehalten von bis zu 1 g/t. Die ›Upper Group‹-Chromitite (UG 1-6) im Anorthosit im Liegenden des Merensky-Reefs führen PGM (Platingruppen-Minerale) mit wirtschaftlichen Konzentrationen von bis zu 5 g/t im UG-2-Horizont.

Zusätzlich zu Platinlagerstätten in magmatischen Gesteinen sind in den letzten Jahren auch Vorkommen im sedimentären Bereich bekannt geworden. Besonders Schwarzschiefer verschiedenen geologischen Alters spielen hier eine Rolle. Am besten untersucht ist bisher der Kupferschiefer, dem Polen seine Stellung als größter Kupferproduzent Europas verdankt. Hier wurden in wenigen Millimeter mächtigen Schichten bis zu 200 g/t PGE nachgewiesen, die an eine Vielzahl von PGE-Mineralen und Legierungen gebunden sind. Flüssigkeitseinschlüsse in Gangarten des Kupferschiefers weisen auf Bildungstemperaturen von maximal 185-230ºC hin; auch die PGE sind so in tiefthermalen Lösungen transportiert und abgesetzt worden. Platinseifen. [EFS]

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