Lexikon der Mathematik: Gesetze der großen Zahlen
betreffen im wesentlichen Aussagen über das Konvergenzverhalten der arithmetischen Mittel
Diese Gesetze beschreiben den bekannten Sachverhalt, daß bei (additiver) Überlagerung stochastischer Einflüsse diese – unter verhältnismäßig schwachen Bedingungen – mit wachsender Anzahl in ihrer Gesamtheit ein zunehmend deterministisches Verhalten zeigen.
1. Man sagt, eine Folge (Xk)k∈ℕ von Zufallsgrößen genügt dem schwachen Gesetz der großen Zahlen, wenn eine Folge (an)n∈ℕ reeller Zahlen existiert, so daß die Folge (Yn − an)n∈ℕ für n → ∞ in Wahrscheinlichkeit gegen Null konvergiert (Konvergenzarten für Folgen zufälliger Größen), d. h.
2. Man sagt, eine Folge (Xk)k∈ℕ von Zufallsgrößen genügt dem starken Gesetz der großen Zahlen, wenn eine Folge (an)n∈ℕ reeller Zahlen existiert, so daß die Folge (Yn − an)n∈ℕ für n → ∞ mit Wahrscheinlichkeit 1 gegen Null konvergiert d. h.
3. Aussagen über die Konvergenzgeschwindigkeit im Gesetz der großen Zahlen betreffen das Verhalten der Wahrscheinlichkeiten P(|Yn − an| >ϵ) bzw. P(supk≥n |Yk − ak| >ϵ)(ϵ > 0) für wachsendes n. So gilt für Folgen (Xk)k∈ℕ unabhängiger identisch verteilter Zufallsgrößen mit EX1 = 0 und E|X1|r< ∞ für r ≥ 1 die Beziehung
Erfüllt eine Folge (Xk)k∈ℕ von Zufallszahlen das starke Gesetz der großen Zahlen, so erfüllt sie auch das schwache Gesetz der großen Zahlen mit derselben Zahlenfolge (an)n∈ℕ. Die Umkehrung dieses Sachverhaltes gilt i. allg. nicht.
Die Gesetze der großen Zahlen lassen sich auch für andere Konvergenzarten (Konvergenz im quadratischen Mittel) herleiten. Sie lassen sich ebenfalls für stochastische Prozesse (Xt)t∈T formulieren, wobei das Mittel
Die Gesetze der großen Zahlen haben neben ihrem allgemeinen erkenntnistheoretischen Inhalt unmittelbare praktische Bedeutung in der Wahrscheinlichkeitstheorie und mathematischen Statistik. Auf ihnen beruht im wesentlichen die Möglichkeit, unbekannte Parameter (Wahrscheinlichkeiten, Erwartungswerte u. a.) auf Grund von Stichproben beliebig genau zu schätzen. Auch die Monte-Carlo-Methode stützt sich auf die Gesetze der großen Zahlen.
Bereits in der 1713 erschienenen „ars conjectandi“ von Jacob Bernoulli findet sich das schwache Gesetz der großen Zahlen für eine Folge stochastisch unabhängiger zweipunktverteilter Zufallsgrößen Xk mit P(Xk = 1) = p und P(Xk = 0) = 1 − p, indem er zeigte, daß die relative Häufigkeit Yn des Auftretens eines Ereignisses A(Xk = 1 gdw. A ist eingetreten) gegen die Wahrscheinlichkeit P(A) konvergiert (es ist an = P(A) für alle n). A.J. Chinčin verallgemeinerte dieses Ergebnis 1925, indem er zeigte, daß das arithmetische Mittel Yn einer mathematischen Stichprobe einer beliebig verteilten Zufallsgröße X mit EX = μ, |μ| < ∞ in Wahrscheinlichkeit gegen μ konvergiert (es ist an = μ für alle n). Schließlich zeigte A.N. Kolmogorow 1933, daß die Konvergenz des arithmetischen Mittels einer Stichprobe gegen den Erwartungswert μ sogar mit Wahrscheinlichkeit 1 gilt, falls E|X| < ∞. Man bezeichnet diese Aussage auch als Kolmogorowschen Konsistenzsatz (zentraler Grenzwertsatz).
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