Lexikon der Mathematik: Greensche Funktion
Green-Funktion, eine zu einem GebietG ⊂ ℂ gehörende Funktion der folgenden Art:
Es sei G ein Gebiet und z0 ∈ G. Die Funktion g heißt Greensche Funktion des Gebietes G, wenn z0 eine Singularität von g ist, und
- Es ist g eine in G \{z0} harmonische Funktion.
- Für alle z ∈ ∂∞G gilt g(z) = 0.
- Es existiert eine in einer Umgebung U ⊂ G von z0 harmonische Funktion h mit
\begin{eqnarray}h(z)=g(z)\,+\,\mathrm{log}\,|z\,-\,{z}_{0}|\end{eqnarray}
für z ∈ U\{z0}.
Dabei ist ∂∞G = ∂G, falls G beschränkt ist und ∂∞G = ∂G ∪ {∞}, falls G unbeschränkt ist.
Falls eine Greensche Funktion von G mit Singularität an z0 existiert, so ist sie eindeutig bestimmt und wird mit gG(·, z0) bezeichnet. Es gilt dann gG(z, z0) > 0 für z ∈ G \ {z0} und gG(z, z0) → ∞ (z → z0). Die Singularität z0 nennt man auch Pol von gG(·, z0).
Es gibt Gebiete G, die keine Greensche Funktion besitzen. Ist z. B. G = {z ∈ ℂ : 0 < |z| < 1} oder G = ℂ und z0 ∈ G, so existiert keine Greensche Funktion von G mit Pol an z0. Falls jedoch G beschränkt ist und das Komplement ℂ\G von G keine nur aus einem Punkt bestehende Zusammenhangskomponente besitzt, so existiert zu jedem z0 ∈ G die Greensche Funktion von G mit Pol an z0.
Die Greensche Funktion erfüllt die Symmetriebedingung
Eine wichtige Eigenschaft der Greenschen Funktion ist ihre konforme Invarianz, d. h. sind G, G′ Gebiete, f eine konforme Abbildung von G auf G′ und gG(·, z0) die Greensche Funktion von G mit Pol an z0 ∈ G, so gilt für die Greensche Funktion gG′ (·, f(z0) von G′ mit Pol an f(z0)) ∈ G′ die Formel
für alle z ∈ G \ {z0}.
Ist G ein einfach zusammenhängendes Gebiet, z0 ∈ G und fz0 diejenige konforme Abbildung von G auf \({\mathbb{E}}\) = {z ∈ ℂ : |z| < 1} mit fz0 (z0) = 0 und f′z0 (z0) > 0, so gilt gG(z, z0) = − log |fz0 (z)| für z ∈ G \ {z0}. Speziell erhält man für z0 ∈ \({\mathbb{E}}\)
Ist z0 = 0, so gilt \({g}_{{\mathbb{E}}}(z,0)=-\mathrm{log}|z|\,\,\mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,{z}_{0}\in {\mathbb{E}}\backslash \{0\}\).
Neben der Greenschen Funktion eines Gebietes gibt es noch den Begriff der Greenschen Funktion einer kompakten Menge. Dazu sei E ⊂ ℂ eine kompakte Menge und G das sog. Außengebiet von E, d. h. \(\begin{eqnarray}G\subset \hat{{\mathbb{C}}}\end{eqnarray}\) ist die Zusammenhangskomponente von \(\begin{eqnarray}\hat{{\mathbb{C}}}\backslash E\end{eqnarray}\) mit ∞∈ G. Eine Greensche Funktion von E mit Pol an ∞ ist eine stetige Funktion g: ℂ → ℝ mit folgenden Eigenschaften:
- Es ist g eine in G \ {∞} harmonische Funktion.
- Für alle z ∈ ℂ \ G gilt g(z) = 0.
- Die Funktion h mit h(z) := g(z) − log |z| ist für |z| → ∞ beschränkt.
Falls eine Greensche Funktion von E mit Pol an ∞ existiert, so ist sie eindeutig bestimmt und wird mit gG(·, ∞) bezeichnet. Es gilt dann gG(z, ∞) > 0 für z ∈ G \ {∞} und gG(z, ∞) → ∞ (z → ∞).
Es gibt kompakte Mengen E, die keine Greensche Funktion mit Pol an ∞ besitzen, z. B. E = {0}. Falls jedoch das Komplement \(\begin{eqnarray}\hat{{\mathbb{C}}}\backslash G\end{eqnarray}\) von G keine nur aus einem Punkt bestehende Zusammenhangskomponente besitzt, so existiert die Greensche Funktion von G mit Pol an ∞. Es gibt dann Konstanten a ∈ ℝ, R > 0 und M > 0 derart, daß für alle z ∈ ℂ mit |z| >R gilt
und
Die Zahl a heißt Robin-Konstante von E und wird auch mit rob E bezeichnet. Es gilt e−a = cap E, wobei cap E die Kapazität von E ist.
Weiter existiert ein eindeutig bestimmtes Wahrscheinlichkeitsmaß µE auf E derart, daß für z ∈ ℂ gilt
Man nennt µE das Equilibrium-Maß von E. Es stimmt mit dem harmonischen Maß für G an ∞ überein.
Ist G einfach zusammenhängend, d. h. ∂G zusammenhängend, so existiert genau eine konforme Abbildung f von Δ ={ w ∈ Δ : |w| > 1 } ∪ {∞} auf G mit
Ist speziell \(E=\bar{{\mathbb{E}}},\), so gilt gilt gG(z, ∞) = log |z| für |z| > 1.
Auch im Zusammenhang mit der Lösung von (reellen) Randwertproblemen spielen Greensche Funktionen eine große Rolle; dies wird im folgenden ausgeführt.
Eine Greensche Funktion Γ, auch Einflußfunktion genannt, ist eine Funktion, mit deren Hilfe die Lösungen von Randwertproblemen (i. allg. unter Benutzung der Greenschen Integralformeln) in Form einer Integraldarstellung explizit angegeben werden kann. Sie ist eine Grundlösung des auf dem Intervall [a, b] definierten halbhomogenen Randwertproblems, die für jedes feste ξ ∈ (a, b) die Randbedingungen erfüllt.
Die Greensche Funktion Г ist eindeutig, wenn das homogene Randwertproblem nur die triviale Lösung besitzt. Die Greensche Funktion des adjungierten Randwertproblems lautet Г∗(x, ξ) = Г(ξ, x). Ist die Randwertaufgabe (anti-)selbstadjungiert, dann ist die Greensche Funktion (anti-)symmetrisch. Die Lösung einer halbhomogenen Randwertaufgabe L(y) = f(x), Rµ(y) = 0 (µ ∈ {1,…, n}) ist bei bekannter Greensche Funktion des zugehörigen homogenen Problems gegeben durch
Besitzt das homogene Randwertproblem k linear unabhängige Lösungen, so ist die Lösung des inhomogenen Problems mit der verallgemeinerten Greenschen Funktion \(\tilde{\Gamma }\) wieder in der Form (1) darstellbar. Man stellt an sie die Forderung: \(\tilde{\Gamma }\) erfülle als Funktion von ξ die inhomogene Differentialgleichung
Hierbei sind die uj linear unabhängige Lösungen der adjungierten Aufgabe und φj ein System stetiger Lösungen, die zu uj orthonormal sind (j ∈ {1,…, k}).
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