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Lexikon der Mathematik: Greensche Funktion

Green-Funktion, eine zu einem GebietG ⊂ ℂ gehörende Funktion der folgenden Art:

Es sei G ein Gebiet und z0G. Die Funktion g heißt Greensche Funktion des Gebietes G, wenn z0 eine Singularität von g ist, und \begin{eqnarray}g\,:\,(G\,\cup \,{\partial }_{\infty }G)\,\text{}\,\{{z}_{0}\}\,\to \,{\mathbb{R}}\end{eqnarray} stetig ist mit folgenden Eigenschaften:

  1. Es ist g eine in G \{z0} harmonische Funktion.
  2. Für alle zG gilt g(z) = 0.
  3. Es existiert eine in einer Umgebung UG von z0 harmonische Funktion h mit \begin{eqnarray}h(z)=g(z)\,+\,\mathrm{log}\,|z\,-\,{z}_{0}|\end{eqnarray}

für zU\{z0}.

Dabei ist G = ∂G, falls G beschränkt ist und G = ∂G ∪ {∞}, falls G unbeschränkt ist.

Falls eine Greensche Funktion von G mit Singularität an z0 existiert, so ist sie eindeutig bestimmt und wird mit gG(·, z0) bezeichnet. Es gilt dann gG(z, z0) > 0 für zG \ {z0} und gG(z, z0) → ∞ (zz0). Die Singularität z0 nennt man auch Pol von gG(·, z0).

Es gibt Gebiete G, die keine Greensche Funktion besitzen. Ist z. B. G = {z ∈ ℂ : 0 < |z| < 1} oder G = ℂ und z0G, so existiert keine Greensche Funktion von G mit Pol an z0. Falls jedoch G beschränkt ist und das Komplement ℂ\G von G keine nur aus einem Punkt bestehende Zusammenhangskomponente besitzt, so existiert zu jedem z0G die Greensche Funktion von G mit Pol an z0.

Die Greensche Funktion erfüllt die Symmetriebedingung \begin{eqnarray}{g}_{G}(z,{z}_{0})={g}_{G}({z}_{0},z)\end{eqnarray} für alle z, z0G mit zz0.

Eine wichtige Eigenschaft der Greenschen Funktion ist ihre konforme Invarianz, d. h. sind G, G′ Gebiete, f eine konforme Abbildung von G auf G′ und gG(·, z0) die Greensche Funktion von G mit Pol an z0G, so gilt für die Greensche Funktion gG′ (·, f(z0) von G′ mit Pol an f(z0)) ∈ G′ die Formel \begin{eqnarray}{g}_{{G}^{^{\prime} }}\,(f(z),\,f({z}_{0}))={g}_{G}(z,{z}_{0})\end{eqnarray}

für alle zG \ {z0}.

Ist G ein einfach zusammenhängendes Gebiet, z0G und fz0 diejenige konforme Abbildung von G auf \({\mathbb{E}}\) = {z ∈ ℂ : |z| < 1} mit fz0 (z0) = 0 und fz0 (z0) > 0, so gilt gG(z, z0) = − log |fz0 (z)| für zG \ {z0}. Speziell erhält man für z0 ∈ \({\mathbb{E}}\)\begin{eqnarray}{g}_{{\mathbb{E}}}(z,{z}_{0})=-\,\mathrm{log}\,\left|\frac{z\,-\,{z}_{0}}{1\,-\,{\bar{z}}_{0}z}\right|,\,\,\,\,\,z\,\in \,{\mathbb{E}}\,\text{}\,\{{z}_{0}\}.\end{eqnarray}.

Ist z0 = 0, so gilt \({g}_{{\mathbb{E}}}(z,0)=-\mathrm{log}|z|\,\,\mathrm f\ddot{\mathrm u}\mathrm r\,{z}_{0}\in {\mathbb{E}}\backslash \{0\}\).

Neben der Greenschen Funktion eines Gebietes gibt es noch den Begriff der Greenschen Funktion einer kompakten Menge. Dazu sei E ⊂ ℂ eine kompakte Menge und G das sog. Außengebiet von E, d. h. \(\begin{eqnarray}G\subset \hat{{\mathbb{C}}}\end{eqnarray}\) ist die Zusammenhangskomponente von \(\begin{eqnarray}\hat{{\mathbb{C}}}\backslash E\end{eqnarray}\) mit ∞∈ G. Eine Greensche Funktion von E mit Pol an ∞ ist eine stetige Funktion g: ℂ → ℝ mit folgenden Eigenschaften:

  1. Es ist g eine in G \ {∞} harmonische Funktion.
  2. Für alle z ∈ ℂ \ G gilt g(z) = 0.
  3. Die Funktion h mit h(z) := g(z) − log |z| ist für |z| → ∞ beschränkt.

Falls eine Greensche Funktion von E mit Pol an ∞ existiert, so ist sie eindeutig bestimmt und wird mit gG(·, ) bezeichnet. Es gilt dann gG(z, ∞) > 0 für zG \ {∞} und gG(z, ∞) → ∞ (z → ∞).

Es gibt kompakte Mengen E, die keine Greensche Funktion mit Pol an ∞ besitzen, z. B. E = {0}. Falls jedoch das Komplement \(\begin{eqnarray}\hat{{\mathbb{C}}}\backslash G\end{eqnarray}\) von G keine nur aus einem Punkt bestehende Zusammenhangskomponente besitzt, so existiert die Greensche Funktion von G mit Pol an ∞. Es gibt dann Konstanten a ∈ ℝ, R > 0 und M > 0 derart, daß für alle z ∈ ℂ mit |z| >R gilt \begin{eqnarray}{g}_{G}(z,\infty )=\mathrm{log}|z|\,+\,a\,+\,\varepsilon (z)\end{eqnarray}

und \begin{eqnarray}|\varepsilon (z)|\,\le \,\frac{M}{|z|}.\end{eqnarray}

Die Zahl a heißt Robin-Konstante von E und wird auch mit rob E bezeichnet. Es gilt ea = cap E, wobei cap E die Kapazität von E ist.

Weiter existiert ein eindeutig bestimmtes Wahrscheinlichkeitsmaß µE auf E derart, daß für z ∈ ℂ gilt \begin{eqnarray}{g}_{G}(z,\infty )=\displaystyle \mathop{\int }\limits_{E}\mathrm{log}\,|z\,-\,\zeta |\,{d}_{\mu E}(\zeta )\,+\,a.\end{eqnarray}

Man nennt µE das Equilibrium-Maß von E. Es stimmt mit dem harmonischen Maß für G an ∞ überein.

Ist G einfach zusammenhängend, d. h. ∂G zusammenhängend, so existiert genau eine konforme Abbildung f von Δ ={ w ∈ Δ : |w| > 1 } ∪ {∞} auf G mit \begin{eqnarray}f(w)=cw\,+\,{c}_{0}\,+\,\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{{c}_{n}}{{w}^{n}},\,\,\,\,\,|w|\,\gt \,1\end{eqnarray} und c > 0. Dann ist c = cap ∂G, und es gilt gG(z, ∞) = log | f−1(z)| für zG \ {∞}.

Ist speziell \(E=\bar{{\mathbb{E}}},\), so gilt gilt gG(z, ∞) = log |z| für |z| > 1.

Auch im Zusammenhang mit der Lösung von (reellen) Randwertproblemen spielen Greensche Funktionen eine große Rolle; dies wird im folgenden ausgeführt.

Eine Greensche Funktion Γ, auch Einflußfunktion genannt, ist eine Funktion, mit deren Hilfe die Lösungen von Randwertproblemen (i. allg. unter Benutzung der Greenschen Integralformeln) in Form einer Integraldarstellung explizit angegeben werden kann. Sie ist eine Grundlösung des auf dem Intervall [a, b] definierten halbhomogenen Randwertproblems, die für jedes feste ξ ∈ (a, b) die Randbedingungen erfüllt.

Die Greensche Funktion Г ist eindeutig, wenn das homogene Randwertproblem nur die triviale Lösung besitzt. Die Greensche Funktion des adjungierten Randwertproblems lautet Г(x, ξ) = Г(ξ, x). Ist die Randwertaufgabe (anti-)selbstadjungiert, dann ist die Greensche Funktion (anti-)symmetrisch. Die Lösung einer halbhomogenen Randwertaufgabe L(y) = f(x), Rµ(y) = 0 (µ ∈ {1,…, n}) ist bei bekannter Greensche Funktion des zugehörigen homogenen Problems gegeben durch \begin{eqnarray}y=\displaystyle \underset{a}{\overset{b}{\int }}\Gamma (x,\,\xi )\,f(\xi )d\xi.\end{eqnarray}

Besitzt das homogene Randwertproblem k linear unabhängige Lösungen, so ist die Lösung des inhomogenen Problems mit der verallgemeinerten Greenschen Funktion \(\tilde{\Gamma }\) wieder in der Form (1) darstellbar. Man stellt an sie die Forderung: \(\tilde{\Gamma }\) erfülle als Funktion von ξ die inhomogene Differentialgleichung \begin{eqnarray}L\tilde{\Gamma }=-\,\displaystyle \sum _{j=1}^{k}{\phi }_{j}(x){u}_{j}(x).\end{eqnarray}

Hierbei sind die uj linear unabhängige Lösungen der adjungierten Aufgabe und φj ein System stetiger Lösungen, die zu uj orthonormal sind (j ∈ {1,…, k}).

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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