Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Taylor, Satz von

nennt Darstellungen des Restglieds Rk(f, a)(x) = f(x) − Tk(f, a)(x) der Taylor-ReiheT(f, a)(x) an der Entwicklungsstelle aI einer auf einem offenen Intervall I ⊂ ℝ definierten (k + 1)-mal stetig differenzierbaren Funktion f : I → ℝ und ist damit ein wichtiges Hilfsmittel bei der Herleitung von Kriterien für die Darstellbarkeit einer Funktion durch ihre Taylor-Reihe, sowie etwa bei Fehlerabschätzungen und zum Beweisen von Bedingungen für das Vorliegen lokaler Extrema wie z. B. im Satz von Maclaurin (Maclaurin, Satz von).

Eine leicht einprägsame Darstellung erhält man aus der von Joseph Louis de Lagrange (1797) stammenden Formel \begin{eqnarray}f(x)=\displaystyle \sum _{\kappa =0}^{k}\frac{{f}^{(\kappa)}(a)}{\kappa !}{(x-a)}^{\kappa}+\frac{{f}^{(k+1)}(\xi)}{(k+1)!}{(x-a)}^{k+1}\end{eqnarray}

mit einem geeigneten ξ = ξ(f, a, x, k) aus (a, x) bzw. (x, a). Dies ist eine Verallgemeinerung des Mittelwertsatzes der Differentialrechnung, den man mit k = 0 erhält. Die Darstellung \begin{eqnarray}\frac{{f}^{(k+1)}(\xi)}{(k+1)!}{(x-a)}^{k+1}\end{eqnarray}

von Rk(f, a)(x) heißt Lagrange-Restglied. Mit einem geeigneten t = t(f, a, x, k) ∈ (0, 1) hat also das Restglied die Gestalt \begin{eqnarray}\frac{{f}^{(k+1)}(a+t(x-a))}{(k+1)!}{(x-a)}^{k+1}.\end{eqnarray}

Eine sehr allgemeine Restglieddarstellung hat man in dem auf Oskar Schlömilch (1847) zurückgehenden Schlömilch-Restglied\begin{eqnarray}\frac{\psi (x)-\psi (a)}{{\psi}^{\prime}(\xi)}\frac{{f}^{(k+1)}(\xi)}{k!}{(x-\xi)}^{k}\end{eqnarray}

mit einer beliebigen stetigen und im Inneren von I differenzierbaren Funktion ψ : I → ℝ mit ψ′ (z) ≠0 für alle z aus dem Inneren von I und einem dazu geeignet gewähltem ξ = ξ(f, a, x, k, ψ)aus (a, x) bzw. (x, a).

Für ψ(z) = (xz)p mit beliebigem p ∈ ℕ erhält man hieraus das auf Édouard Albert Roche (1858) zurückgehende Schlömilch-Roche-Restglied\begin{eqnarray}\frac{{f}^{(k+1)}(\xi)}{p\cdot k!}{(x-\xi)}^{k+1-p}{(x-a)}^{p},\end{eqnarray}

woraus sich für p = 1 das von Augustin-Louis Cauchy (1823) stammende Cauchy-Restglied\begin{eqnarray}\frac{{f}^{(k+1)}(\xi)}{k!}{(x-\xi)}^{k}(x-a)\end{eqnarray}

ergibt, sowiefür p = k + 1geradewiederdas Lagrange-Restglied.

Schließlich gibt es noch die Integralform des Restglieds \begin{eqnarray}\displaystyle \underset{a}{\overset{x}{\int}}\frac{{f}^{(k+1)}(\xi)}{k!}{(x-\xi)}^{k}d\xi \end{eqnarray}

oder auch \begin{eqnarray}\displaystyle \underset{0}{\overset{1}{\int}}\frac{{f}^{(k+1)}(a+t(x-a))}{k!}{(1-t)}^{k}dt{(x-a)}^{k+1}.\end{eqnarray}

Der Satz von Taylor gibt auch für die mehrdimensionale Situation Restglieddarstellungen an: Ist n ∈ ℕ, U ⊂ ℝn offen, und sind a, xU derart, daß die ganze Strecke [a, x] in U liegt, so lautet etwa das Langrage-Restglied für eine (k + 1)-mal stetig differenzierbare Funktion f : U → ℝ mit einem geeigneten t = t(f, a, x, k) ∈ (0, 1) \begin{eqnarray}\displaystyle \sum _{|\kappa |=k+1}\frac{{\text{D}}^{\kappa}f(a+t(x-a))}{\kappa !}{(x-a)}^{\kappa},\end{eqnarray}

wobei |κ| = κ1 + ··· + κn sei für einen Multiindex \(\kappa =({\kappa}_{1},\ldots, {\kappa}_{n})\in {{\mathbb{N}}}_{0}^{n}\) ferner κ! = κ1! · · · · · κn! sowie \({\xi}^{\kappa}={\xi}_{1}^{{\kappa}_{1}}\cdot \cdots \cdot {\xi}_{n}^{{\kappa}_{n}}\) für ξ ∈ ℝn, und D den Differentialoperator bezeichnet. Der mehrdimensionale Satz von Taylor läßt sich durch Parametrisierung der Strecke [a, x] auf den eindimensionalen zurückführen. Dies gilt auch für den gleichlautenden Satz von Taylor für auf einem normierten Vektorraum definierte ℝ-wertige Funktionen. Zudem wird man hier zu einer koordinatenfreien Darstellung geführt.

Es gibt auch Varianten des Satzes von Taylor mit o-Darstellungen (Landau-Symbole) des Restglieds. Beispielsweise gilt \begin{eqnarray}f(x)=\displaystyle \sum _{\kappa =0}^{k}\frac{{f}^{(\kappa)}(a)}{\kappa !}{(x-a)}^{k}+o(|x-a{|}^{k})\end{eqnarray}

für auf einem offenen Intervall I ⊂ ℝ definierte k-mal stetig differenzierbare Funktionen f : I → ℝ und aI.

[1] Forster, O.: Analysis 1, 2. Vieweg Braunschweig, 1999, 1984.
[2] Strubecker, K.: Einführung in die höhere Mathematik II. Oldenbourg München, 1967.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.